Bürgerstunde mit Trump CNN muss viel Prügel einstecken

Oliver Kohlmaier

11.5.2023

Ex-Präsident Donald Trump hatte einen einstündigen Live-Auftritt bei CNN — seine Berater sind aus dem Häuschen.
Ex-Präsident Donald Trump hatte einen einstündigen Live-Auftritt bei CNN — seine Berater sind aus dem Häuschen.
Charles Krupa/AP/dpa

Einmal mehr kann Donald Trump eine Lügenshow im Fernsehen abziehen — ausgerechnet bei CNN. Der US-Sender sieht sich vernichtender Kritik ausgesetzt, Trump-Berater hingegen sind begeistert.

Oliver Kohlmaier

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte seinen ersten Live-Auftritt bei CNN seit sieben Jahren.
  • Während der Sendung  wiederholt er mehrere seiner Lügen, beleidigte zudem die Moderatorin.
  • Der als liberal geltende TV-Sender muss heftige Kritik einstecken.

Die Sendung hat kaum begonnen, als Trump das erste Mal lügt.

Der Ex-Präsident bezeichnet die verlorene Wahl gegen Joe Biden abermals als manipuliert. Er wird es im Laufe der CNN-Sendung am Mittwoch noch ein weiteres Mal behaupten, und schliesslich noch einmal.

«Sie können das nicht den ganzen Abend lang sagen», versucht Moderatorin Kaitlan Collins zu berichtigen.

Kann er doch. Denn Trumps erster Live-Auftritt bei CNN seit sieben Jahren lief so ab, wie jeder Trump-Auftritt abläuft.

Beim sogenannten Townhall-Meeting (etwa: Bürgerstunde) in New Hampshire konnte selbst die talentierte und hartnäckige Journalistin Collins schlicht nicht mithalten. «Live-Lügen funktionieren», kommentierte dazu TV-Veteran Mark Lukasiewicz.

CNN-Journalistin Kaitlan Collins bim «Townhall-Meeting» mit Ex-Präsident Donald Trump.
CNN-Journalistin Kaitlan Collins bim «Townhall-Meeting» mit Ex-Präsident Donald Trump.
Screenshot YouTube / CNN

Die Reaktionen waren insgesamt verheerend. Jedoch nicht wegen Donald Trump. Der spielte einfach die Klassiker ab, wie eine Band bei ihrer letzten Tour.

Der liberal gesinnte US-Sender muss hingegen vernichtende Kritik einstecken.

Zur Erinnerung: CNN ist jener US-Nachrichtensender, dessen Führungsebene einst selbst damit haderte, Trump im Vorfeld der Wahlen 2016 eine unverhältnismässig grosse Bühne gegeben zu haben. Jetzt steht der Sender mit dem neuen Chef Chris Licht im Kreuzfeuer der Kritik — aus demselben Grund.

Dass Trump den Sender zigfach als «Fake News» bezeichnet hat? Geschenkt. Die Berater des Ex-Präsidenten nahmen die Einladung dankend an.

Verbal überrannt

CNN hatte eine ihrer besten Journalistinnen nach New Hampshire geschickt — aber die 31-jährige Kaitlan Collins wurde von Trump verbal überrannt. Die ehemalige Korrespondentin im Weissen Haus hatte kaum eine Falschbehauptung des Ex-Präsidenten korrigiert, als dieser schon die nächste platzierte.

Ein Beispiel: Trump durfte letztlich unwidersprochen behaupten, die Demokratische Partei wolle Abtreibung «im neunten Monat oder nach der Geburt» erlauben.

CNNs Bill Carter schrieb auf Twitter: «Es ist, als ob man dem betrunken Onkel ein Mikrofon gibt und sagt: Hau raus!»

Irgendwann hatte Trump trotzdem genug davon, gelegentlich korrigiert zu werden, und nannte Collins eine «fiese Person». Das Publikum lachte.

Denn bei dem Live-Event in New Hampshire konnte der Ex-Präsident offenkundig auf ein ihm wohlgesonnenes Publikum setzen. Es bestand aus republikanischen und nicht festgelegten Wählern, die vorhaben, sich an den Vorwahlen der Republikaner zu beteiligen.

Die CNN-Journalistin Kaitlan Collins berichtete jahrelang als Korrespondentin aus dem Weissen Haus. 
Die CNN-Journalistin Kaitlan Collins berichtete jahrelang als Korrespondentin aus dem Weissen Haus. 
AP/Alex Brandon/Keystone (Archivbild)

#BoycottCNN 

Während #BoycottCNN sich im Laufe des Mittwochabends zum Twitter-Trend mausert, verteidigt sich der Sender, man habe Trumps Behauptungen «in Echtzeit» korrigiert, ausserdem sei mit allen Präsidentschaftsbewerbern ein solches Townhall-Meeting geplant.

Angelo Carusone, Chef der NGO «Media Matters for America», beschrieb die CNN-Einladung an Trump hingegen als «durchschaubaren Versuch, die Einschaltquoten anzukurbeln».

Auch Kollegen aus der Branche zeigten sich entsetzt. «Die Normalisierung von Extremismus und Verschwörungserzählungen geht weiter», sagte etwa Mehdi Hasan vom ebenso liberal gesinnten US-Sender MSNBC. 

Auch bei der CNN-Belegschaft kam die Sache nicht gut an, wie mehrere US-Medien berichten. Der Sender habe Trump eine Plattform geboten, um «seine Lügen zu speien», sagte demnach ein Mitarbeiter zum «Rolling Stone Magazine». Das Townhall-Meeting sei eine «verdammte Schande», niemand beim Sender sei glücklich damit.

Ein Medienjournalist des «Daily Beast» zitierte einen CNN-Mitarbeiter, der ihn während des Drehs kontaktierte: «Es ist so schlimm. (...) Es ist schrecklich. Eine Trump-Dauerwerbesendung. Sie werden uns vernichten.»

So kam es dann auch.

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10.05.2023

Trump-Berater begeistert

Derweil zeigten sich Mitarbeiter in Trumps Team hocherfreut. «Trump-Berater sind aus dem Häuschen, wie es bisher für ihn läuft», berichtet die «New York Times».

«Sie können nicht glauben, dass er eine Stunde auf CNN bekommt mit einem Publikum, das jeden Satz bejubelt und über seine Witze lacht.»

Der amtierende Präsident Joe Biden nutzte Trumps Auftritt bei CNN indessen für einen Aufruf zu Wahlampfspenden. «Es ist ganz einfach, Leute», schrieb der Präsident auf Twitter.

«Wollt ihr davon vier weitere Jahre?»