Letzter Schlagabtausch Wer mit wem gern würde – und wer gar nicht miteinander kann

tafi/dpa

24.9.2021

Szenen einer künftigen Polit-Ehe? Im letzten grossen TV-Schlagabtausch vor der Bundestagswahl wurden vor allem Beziehungsfragen geklärt.
Szenen einer künftigen Polit-Ehe? Im letzten grossen TV-Schlagabtausch vor der Bundestagswahl wurden vor allem Beziehungsfragen geklärt.
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Kurz vor der Bundestagswahl lieferten sich Deutschlands Spitzenpolitiker einen letzten Schlagabtausch im TV. Weil nicht nur die Kanzlerkandidaten dabei waren, konnten vielfältige Beziehungsfragen geklärt werden.

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Es war die Blaupause für die traditionelle «Elefantenrunde» nach der Bundestagswahl in Deutschland am Sonntag: Das Spitzenpersonal aller im Parlament vertretenden Parteien steckte in einer letzten grossen TV-Auseinandersetzung seine Territorien ab. Keine drei Tage vor dem Urnengang richtete sich der Blick in der TV-«Schlussrunde» in ARD und ZDF schon darauf, wer in der Regierung zusammenpassen könnte – und weniger auf Wahlausgang und Programme.

In der Runde sassen neben den drei Kanzlerkandidat*innen Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) auch Spitzenpolitiker*innen der kleineren aktuell im Bundestag vertretenen Parteien. Janine Wissler (Die Linke), FDP-Chef Christian Lindner, die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel und CSU-Parteichef Markus Söder diskutierten mit. Wegen der Grösse der Runde kamen nicht alle von ihnen bei jeder Frage zu Wort.

Die FDP will nach Jamaika

Zu besprechen gab es natürlich trotzdem viel, vor allem die Frage nach einer möglichen Koalition. Der Ausgang der Bundestagswahl am Sonntag ist so offen, wie lange nicht mehr, sodass sich mehrere Regierungsoptionen ergeben. Als Favorit geht die SPD mit Olaf Scholz in die Abstimmung, aber auch Unions-Kandidat Armin Laschet hat Chancen auf das Kanzleramt, selbst wenn die schwächelnde Union nicht stärkste Kraft werden sollte.



Als Kanzlermacher könnte sich die FDP erweisen. Der Vorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, sah in der Sendung die grösste Übereinstimmung in einem sogenannten Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen. «Die inhaltlichen Schnittmengen sind bei Jamaika am grössten», sagte er am Donnerstagabend und bekräftigte am Morgen danach im ZDF-«Morgenmagazin» seine Haltung. «Es ist kein Wunschkonzert. Aber richtig ist, dass mit Union und Grünen es einfacher ist als mit SPD und Grünen.»

Da trifft es sich gut, dass Armin Laschet in der Sendung gefragt wurde, mit welchen Spitzenkandidaten er am liebsten eine Corona-Quarantäne verbracht hätte. Der Unionskanzlerkandidat nannte Lindner und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Mit Lindner sei er befreundet, Baerbock müsse er noch besser kennenlernen – aber mit beiden gebe es viel zu diskutieren.

Rot und Grün gesellt sich gern – oder doch nicht?

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz macht keinen Hehl daraus, dass die Grünen sein Lieblings-Koalitionspartner sind. Ob die Grünen das auch so sehen und zusammen mit SPD und FDP eine Ampel anstreben – oder ob sie doch lieber eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP eingehen, liess Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock offen. Im letzten Triell der Kanzlerkandidaten am vergangenen Wochenende hatte man noch zeitweise den Eindruck eines Schulterschlusses zwischen ihr und Scholz gewinnen können.



Diesmal sind die Zwischentöne andere: Wo war die SPD, als die Sozialwohnungen abgeschafft wurden, fragte etwa Baerbock. Zum umstrittenen Mietdeckel sagte Scholz klar Nein, Baerbock vermied eine eindeutige Position. Ausdrücklich ging sie auf Distanz zu beiden derzeitigen Regierungsparteien, die sich aktuell in den Umfragen duellieren. «CDU und SPD stehen für Weiter so», erklärte sie. Die Grünen wollten ein neues Kapitel beim Klimaschutz aufschlagen – und dies mit den Parteien tun, mit denen das am besten gelinge.

Söder will die SPD noch abfangen

Neue Spitzen gegen Laschet gab es von Markus Söder zwar nicht. Doch der CSU-Chef zeigte gleich bei seiner ersten Antwort, was für ein Wahlkämpfer in ihm steckt – und was der Unterschied zu Laschet neben ihm ist. Es ging um die Bluttat von Idar-Oberstein, wo ein 49-Jähriger den Kassierer einer Tankstelle erschossen haben soll, weil der ihn auf die Maskenpflicht hinwies. Ein «klares Stoppschild» verlangte Söder gegen jene, «die diesen Staat bedrohen und einschüchtern wollen». Bei Unionsanhängern dürften die markigen Worte ankommen.



Laschet konnte seinem alten Rivalen im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur da nur mit leicht nach oben gezogener Augenbraue von der Seite zuschauen. Der Punkt beim Unions-Kernthema Innere Sicherheit ging an Söder, für den klar ist: «Der überzeugendste Regierungsauftrag ergibt sich mit einem klaren Platz Nummer eins.» Er gehe davon aus, dass es für die Union noch möglich sei, die SPD abzufangen. Ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen wäre dann «eine Option». Armin Laschet betonte: «Wir tun alles für eine CDU/CSU-geführte Regierung.»

Die Entscheidung der Wähler sei nicht, «wer wie aus 1 oder 2 was macht», so Laschet. Die Wähler müssten entscheiden, ob die Union so stark werde, dass Rot-Rot-Grün nicht möglich werde. Annalena Baerbock plädierte für «eine grün geführte Regierung», wobei diese Option am unwahrscheinlichsten ist.

dpa