Russlands Debakel in Kursk Plötzlich ist Putin verwundbar – aber zittern müssen andere

Sven Ziegler

15.8.2024

Wladimir Putin: Vor ihm zittern viele. (Archivbild)
Wladimir Putin: Vor ihm zittern viele. (Archivbild)
sda

Die Ukraine ist in der Region Kursk weiter auf dem Vormarsch. Das soll auch mit der Verschwiegenheit von Wladimir Putins Generälen zu tun haben. 

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Wladimir Putin steht nach dem Debakel in der Kursk-Region unter Druck.
  • Das dürfte auch an der Angstkultur im Kreml liegen: Es getraut sich niemand, Putin die Wahrheit zu sagen. 
  • Dass Putin den Rückhalt im Kreml verliert, glauben Experten nicht. 
  • Seine Reaktion dürfte nach altbekannten Mustern ausfallen.

Die Ukraine ist in der Region Kursk auf dem Vormarsch. Wie weit die Armee bereits vorgestossen ist, lässt sich unabhängig zwar nicht überprüfen. Aber der plötzliche Vorstoss hat alle überrascht.

Fabian Burkhardt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg, zeigt sich gegenüber n-tv denn auch überzeugt, dass Putin völlig überrannt wurde. «Putin wurde nicht von seinem Militär über die Bedrohung informiert», sagt Burkhardt. 

Das zeige sich auch in der aktuellen Säuberungswelle innerhalb des Militärs, so Burkhardt. So wurde etwa Verteidigungschef Sergei Schoigu abgesetzt – und bleibt dennoch unantastbar. 

Putin ist nicht unfehlbar, aber ...

Immer wieder werde hinter den Kulissen gegenüber Putin die Lage beschönigt. «Es besteht die Gefahr, dafür bestraft zu werden, Putin die Wahrheit ins Gesicht zu sagen», sagt Burkhardt. Ähnliches schrieb der britische Geheimdienst in seiner Lagebeurteilung vor einigen Monaten. «Es herrscht eine Kultur der Angst hinter den Kulissen», so die Einschätzung. Dass Putin den Rückhalt im Kreml verliert, glaubt Burkhardt nicht. 

Auch der in Washington ansässige Thinktank «Institute for The Study of War» glaubt nicht, dass Putin angeschlagen ist. «Momentan sitzt der russische Präsident fest im Sattel», heisst es in der Lagebeurteilung vom Mittwoch. Aber: «Putin zeigt, dass er verwundbar – und vor allem nicht unfehlbar – ist.»

Der Druck auf Putin nimmt also trotzdem zu. Weil durch den Vormarsch der Ukrainer immer mehr russische Leute evakuiert werden müssen, wird auch Kritik am Kreml wieder lauter, weiss das Exilmedium «Meduza». 

Putin schiebt Verantwortung ab

Politikwissenschaftler Thomas Jäger sagt, Putin werde nun auf zwei Ebenen reagieren. Zum einen werde er wohl bald die Bombardierung ziviler Ziele in der Ukraine intensivieren. Andererseits dürfte Putin schnellstmöglich versuchen, den ordentlichen Zustand im Süden Russlands wiederherzustellen. «Wenn das rasch gelingt, ist seine Stellung gefestigter», so Jäger im Interview mit «Focus». 

Auch die Verkaufstaktik der Reaktion sei entscheidend. So werde Putin seinem Volk klarmachen, dass es keine andere Möglichkeiten als eine Bombardierung gebe, ist Jäger überzeugt. Putin werde die Angriffe als Machtdemonstration und Bestrafung derjenigen verkaufen, die Russland provoziert hätten. 

Putin tadelte seine Untergebenen am Montag öffentlich.
Putin tadelte seine Untergebenen am Montag öffentlich.
Keystone

Ausserdem werde Putin die Verantwortung auf andere Akteure abschieben. Das ist bereits am Montag bei einem Treffen mit hochrangigen Angestellten des Verteidigungsministeriums geschehen. Dort tadelte Putin seine Leute öffentlich, sagte etwa dem Gouverneur der Region Kursk, dass die militärische Abteilung für die Beurteilung der Lage zuständig sei.

Auch Jäger beobachtet die Strategie Putins. Er und auch andere Experten sind sich einig, dass der Entscheid des Kremls, die Videoaufnahmen aus dieser Sitzung zu veröffentlichen, ein klares Signal ist. «Am Ende wird das heissen: Der Putin, der hat das alles wiedergutgemacht, was andere hier eben nicht in der Lage waren, professionell auszuführen.»


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