Geheimdienst warnt Um Kiew zu diskreditieren, gibt Putin Hamas westliche Waffen 

phi

11.10.2023

US-Institut: Kreml wird Lage in Israel für Krieg in Ukraine nutzen

US-Institut: Kreml wird Lage in Israel für Krieg in Ukraine nutzen

Washington/Moskau, 09.10.23: Russland wird aus Sicht von US-Experten die Angriffe der islamistischen Hamas gegen Israel auch für seinen Krieg gegen die Ukraine auszunutzen. In einer Informationskampagne werfe der Kreml dem Westen vor, die Konflikte im Nahen Osten zugunsten der Unterstützung für die Ukraine vernachlässigt zu haben, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington am Samstag in einer Analyse. Die Experten verwiesen etwa darauf, dass das russische Aussenministerium den Westen beschuldigt habe, zuletzt die Bemühungen des Nahost-Quartetts, zu dem neben Russland die USA, die EU und die Vereinten Nationen gehören, blockiert zu haben. Russland hat nach Angaben des Aussenministeriums in Moskau auch Kontakte zur islamistischen und im Gazastreifen herrschende Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow wies nach Angaben des Ministeriums auch am Samstag wieder auf Moskaus Initiative für eine Zweistaatenlösung hin.

10.10.2023

Der ukrainische Militärgeheimdienst warnt, dass Russland der Hamas über den Iran westliche Waffen hat zukommen lassen, die in der Ukraine erbeutet worden sind. So soll Kiew verunglimpft werden.

P. Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Russland bringt sich in Nahost als Friedenstaube ins Spiel, macht aber Israel und die USA für den Konflikt verantwortlich.
  • Kiews Militärgeheimdienst warnt vor einer russischen Kampagne, um dem Ruf der Ukraine zu schädigen.
  • Westliche Beutewaffen sollen der Hamas geliefert werden, um es Wolodymyr Selenskyj in die Schuhe zu schieben.
  • Als vermeintlicher Kronzeuge könnte ein Überläufer aus Luhansk fungieren, der nach Moskau geflohen ist.
  • Experten bescheinigen Moskau ein Interesse daran, den Konflikt zu schüren, weil er von der Ukraine ablenkt und amerikanische Militär-Hilfe bindet.

Der Kreml will beim Krieg in Nahost vermitteln: «Russland kann und wird eine Rolle bei der Regulierung spielen», erzählt Kremlsprecher Dmitri Peskow am 11. Oktober im russischen Staatsfernsehen.

Deshalb müsse der Kreml den Dialog mit beiden Seiten wahren, führt Peskow aus: «Zweifellos sind die Akte, die nur als Terrorismus bezeichnet werden können, zu verurteilen. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, was die Vorläufer dieser Situation waren.»

Doch ganz so selbstlos geht Moskau dabei nicht vor: Wladimir Putin nutzt die Lage, um seine anti-westliche Politik zu bekräftigen. Der 71-Jährige macht für die Angriffe der militanten Hamas gegen Israel die USA verantwortlich.

Beutewaffen über den Iran in den Gazastreifen transportiert?

Der einstige Agent des Inlandsgeheimdienstes FSB wird versuchen, den Konflikt für seine Zwecke zu nutzen, warnt auch der Militärgeheimdienst in Kiew: Russland führt demnach «eine Kampagne durch, um die Ukraine im Nahen Osten zu diskreditieren».

Der Kreml hat Hamas-Kämpfern angeblich Waffen übergeben, die die russische Armee in der Ukraine erobert hat. Sie sollen aus den USA und der EU kommen. So will Moskau den Eindruck erwecken, die Ukraine beliefere die Extremisten mit dem Kriegsgerät, mit dem Hunderte Israelis getötet worden sind: Es ist ein Alptraum-Szenario für Wolodymyr Selenskyj.

Die Beutewaffen könnten über den Iran transportiert worden sein, spekuliert «Newsweek»: Am 20. August sei eine Il-76 in Teheran gelandet, die angeblich Waren im Wert von 100 Millionen Dollar an Bord hatte – darunter soll auch westliches Kriegsgerät wie Panzerabwehrraketen der Typ Javelin oder NLAW gewesen sein. Satellitenaufnahmen sollen das Ganze belegen, schreibt das US-Magazin.

Überläufer als Putins möglicher Kronzeuge

Wladimir Putin bedient sich für diese geplante Täuschung auch eines ukrainischen Überläufers, heisst es weiter: Es handelt sich um Ruslan Syrovyi, der bei der ukrainischen Grenzwacht im Oblast Transkarpatien ganz im Westen des Landes gearbeitet hat.

Der Ukrainer Ruslan Syrovyi stammt aus Luhansk und soll seit Jahren für die russische Seite arbeiten. Angeblich wird er bald aussagen, Kiew habe die Hamas mit westlichen Waffen bestückt.
Der Ukrainer Ruslan Syrovyi stammt aus Luhansk und soll seit Jahren für die russische Seite arbeiten. Angeblich wird er bald aussagen, Kiew habe die Hamas mit westlichen Waffen bestückt.
Facebook/oya Kazanzhy

Syrovyi ist von dort aus über die Grenze zusammen mit Ukrainern, die sich des Militärdienstes entziehen, nach Ungarn geflohen, glauben die Ermittlungsbehörden. Er soll sich nun in Moskau aufhalten. Nun wird der Leutnant angeblich in den russischen Medien herumgereicht und berichtet dort von den Schäden, die er verursacht hat.

Selenskyj: Moskau will auch Krieg im Nahen Osten

Selenskyj: Moskau will auch Krieg im Nahen Osten

Kiew, 10.10.23: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, neben dem Angriff auf sein Land nun auch einen Krieg im Nahen Osten entfachen zu wollen. «Wir haben Daten, die klar beweisen, dass Russland daran interessiert ist, im Nahen Osten einen Krieg loszutreten, so dass eine neue Quelle von Schmerz und Leid die Einheit der Welt untergräbt», teilte Selenskyj am Montag im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) mit. Details nannte er nicht. Zudem warnte er in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft vor der Gefahr eines Weltkrieges. Weltkriege der Vergangenheit hätten mit lokalen Aggressionen begonnen, so Selenskyj auch mit Blick auf die Angriffe der militanten Hamas auf Israel. Er erklärte nicht, welche Informationen er dazu habe, dass Russland an einem Flächenbrand im Nahen Osten interessiert sei. «Wir sehen Moskaus iranische Freunde, die offen jene unterstützen, die Israel angegriffen haben», sagte Selenskyj, der selbst jüdische Wurzeln hat. Zudem warf er kremlnahen russischen Propagandisten Schadenfreude über die Gewalt gegen Israel vor.

10.10.2023

Moskaus Ziel ist klar: Mit Falschinformationen sollen Washington und Brüssel dazu gebracht werden, ihre Waffenhilfe für die Ukraine zu überdenken. Es ist kein Wunder, dass Wolodymyr Selenskyj dieser Tage immer wieder betont, dass die Ukraine Israel in im Anti-Terror-Kampf unterstütze.

«Dieser Konflikt zieht Aufmerksamkeit vom Ukrainekrieg ab»

Auch Russland-Experte Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen glaubt, dass Putin vom Krieg in Nahost profitiert. «Denn dieser Konflikt zieht Aufmerksamkeit vom Ukrainekrieg ab», erklärt der Zürcher der «Bild». «Ausserdem bindet der Konflikt US-amerikanische Militärhilfe, die in der Ukraine dringend benötigt wird.»

Der Kreml spiele gerne den Friedensstifter, sagt der 57-Jährige: «Moskau hat sich eilfertig als Friedensvermittler zwischen der Hamas und Israel ins Spiel gebracht.» Joachim Krause gibt zu bedenken, dass Putin sich dennoch nicht bei Benjamin Netanjahu gemeldet hat, um zu kondolieren. 

Wladimir Putin besucht am 4. Oktober einen Wissenschaftspark in der Region Krasnodar.
Wladimir Putin besucht am 4. Oktober einen Wissenschaftspark in der Region Krasnodar.
IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA

«Das lässt eines erkennen», erläutert der deutsche Experte für Sicherheitspolitik: «Putin profitiert erheblich von diesem Krieg, denn je härter und je länger er geführt wird, umso stärker werden die USA als Waffenlieferant für Israel und die Ukraine an ihre Grenzen gebracht.» Er könne sich vorstellen, dass Russland «die iranische Regierung nicht davon abgehalten hat, die Eskalation zu wagen, sondern diese sogar ermutigt».

Moskau habe «indirekt» mit dem Hamas-Terror zu tun, meint Krause: «Die mittlerweile sehr eng gewordene Allianz-Beziehung zwischen Russland und dem Iran hat möglicherweise dazu geführt, dass die Führung im Iran glaubt, den Kampf gegen Israel in entscheidender Weise eskalieren zu können.»