Ukraine-Überblick Putin setzt Prigoschins Medien-Imperium auf schwarze Liste +++ Kamikaze-Panzer rollen gegen ukrainische Stellungen 

agenturen/red

1.7.2023

Angriff auf Restaurant in Kramatorsk: «Ich hasse die Russen»

Angriff auf Restaurant in Kramatorsk: «Ich hasse die Russen»

Zwölf Menschen starben nach ukrainischen Angaben in einem Restaurant, als am Dienstagabend zwei russische Raketen in Kramatorsk einschlugen. Moskau behauptet indes, einen temporären Stützpunkt der Armee getroffen zu haben. Bewohner von Kramatorsk

30.06.2023

Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, einen Anschlag auf das Atomkraftwerk Saporischschja zu planen. Die Atomenergiebehörde ist besorgt. Die Entwicklungen im Ticker.

agenturen/red

Internationale Beobachter in dem von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja haben bislang keine Anzeichen für Verminung durch die Besatzer gesichtet. Das Team der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), das dauerhaft in dem AKW stationiert ist, habe jedoch zu einigen Bereichen der Anlage noch keinen Zugang erhalten, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi in Wien mit. Teile der Turbinenhallen und des Kühlsystems müssten noch inspiziert werden, hiess es in seinem Bericht.

Vergangene Woche hatte der ukrainische Militärgeheimdienst SBU erklärt, Russland habe das AKW vermint und plane einen Terroranschlag dort. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte vor einer solchen Attacke gewarnt. Moskau weist solche Vorwürfe zurück und behauptet wiederum, die Ukraine plane einen Anschlag, um eine atomare Katastrophe auszulösen.

«Wir nehmen all diese Berichte sehr ernst», betonte Grossi zu den Vorwürfen der Ukraine. Es sei der IAEA «bekannt», dass früher Minen im Umkreis des AKW und an bestimmten Stellen in der Anlage platziert worden seien. Welche Informationen der IAEA dazu vorliegen, führte Grossi nicht aus.

Russische Truppen haben kurz nach Beginn des Kriegs vor 16 Monaten schnell grosse Teile der Südukraine besetzt, darunter auch wichtige Infrastrukturobjekte wie das AKW Saporischschja. Die Lage um das Kernkraftwerk, das nahe der Front liegt und mehrfach unter Beschuss stand, weckte immer wieder Sorge vor einer Atomkatastrophe.

Selenskyj: Ukraine überrascht mit ihrer Stärke

Selenskyj hat indes im Kampf gegen die russische Invasion die Stärke der eigenen Streitkräfte hervorgehoben. «Die Ukraine und die Ukrainer sind viel stärker als irgendjemand das von uns erwartet, manchmal stärker als wir das von uns selbst gedacht haben», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Das Land habe im Kampf gegen die russischen Invasoren der ganzen Welt die Stärke der Ukraine gezeigt. Selenskyj erinnerte in der Rede an die Wiedereroberung der Schlangeninsel im Schwarzen Meer vor einem Jahr. «Das war einer unserer wichtigsten Siege.» Damit sei nicht nur die Kontrolle über die Insel, sondern über einen bedeutenden Teil des Schwarzen Meeres zurückerlangt worden.

Selenskyj sagte erneut, dass die Ukraine mit ihrer Gegenoffensive vorankomme. «Wir haben Fortschritte gemacht in allen Richtungen mit unseren aktiven Aktionen.» Die Stärkung der Artillerie im Süden und Osten habe «offensichtlich Priorität», sagte Selenskyj. Er dankte ausserdem in seiner Rede Dänemark für ein neues Verteidigungspaket, darunter Artillerie, Flugabwehrraketen und Ausrüstung zur Minenräumung. Die Ukraine verteidigt sich seit dem 24. Februar 2022 gegen die russische Invasion mit westlicher Hilfe.

Kuleba: Nato-Beitritt ist «die Strasse zum Frieden»

Nach Ansicht des ukrainischen Aussenministers Dmytro Kuleba kämpft Kiew gegen langlebige Vorurteile und Missverständnisse über die Folgen eines Nato-Beitritts seines Landes. Eine Nato-Mitgliedschaft werde nicht zu einem weiteren oder grösseren Krieg mit Russland führen, sagte Kuleba in Kiew in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico». Vielmehr sei ein Nato-Beitritt «die Strasse zum Frieden» – denn Russland werde es nicht wagen, eine Ukraine, die Nato-Mitglied sei, erneut anzugreifen.

Die Ukraine werde Deutschland und andere westliche Nato-Staaten bei der Verteidigung der Ostflanke dann entlasten, versprach Kuleba: «Wir werden diese Last auf unsere Schultern nehmen.»

Kuleba zufolge erwartet die Ukraine keine Aufnahme in die Nato während des Krieges. «Aber nach dem Krieg wäre es selbstmörderisch für Europa, die Ukraine nicht als Nato-Mitglied zu akzeptieren.» Eine Ukraine ausserhalb der Nato würde bedeuten, dass Krieg weiter eine Option sei. Der einzige Weg, die Tür für eine russische Aggression gegen Europa und den europäisch-atlantischen Raum insgesamt zu schliessen, bestehe in der Aufnahme der Ukraine in die Nato, sagte er.

Mit Blick auf den anstehenden Nato-Gipfel in Litauen in rund zwei Wochen warnte er die Bundesregierung davor, den Weg seines Landes in die Allianz zu behindern. Er rief Berlin dazu auf, nicht den Fehler zu wiederholen, «den Kanzlerin Merkel 2008 in Bukarest gemacht hat, als sie heftigen Widerstand gegen jeden Fortschritt für die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine leistete.» Die damalige Entscheidung habe die Tür aufgemacht für Putins Einmarsch in Georgien und schliesslich die illegale Annexion der Krim.

US-Institut: Wagner Gruppe baut drei Lager in Belarus auf

Die Söldnergruppe Wagner baut laut Einschätzung von US-Experten nach ihrer gescheiterten Revolte in Russland drei Militärlager im mit Moskau verbündeten Belarus auf. «Neue hochauflösende Satellitenbilder, die am 30. Juni gemacht wurden, zeigen auf einer ehemaligen Militärbasis in Belarus mindestens 303 Zelte, in denen 20 bis 50 Personen untergebracht werden können», schrieb das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) am Freitag (Ortszeit) in seinem täglichen Lagebericht. Die Zelte seien innerhalb der letzten Woche aufgetaucht. Daneben gebe es Berichte über Pläne für zwei weitere Lager im Westen von Belarus.

In der vergangenen Woche hatten bereits mehrere unabhängige russische und belarussische Medien über den Aufbau von mindestens einem Militärlager in Belarus berichtet, das für die Unterbringung von Wagner-Söldnern gedacht sei. Offiziell wurden diese Berichte bislang nicht bestätigt. Die Satellitenaufnahmen des mutmasslichen Wagner-Lagers bei der Stadt Assipowitschy veröffentlichten inzwischen auch westliche Medien wie die «Washington Post».

London: Kämpfe um ukrainischen Brückenkopf bei Cherson

Im Süden der Ukraine hat das ukrainische Militär nach britischer Einschätzung einen Brückenkopf am Ostufer des Dnipro geschaffen. Seit rund einer Woche bringen die Ukrainer Truppen nahe der zerstörten Antoniwka-Brücke bei Cherson ans Ostufer, wie das britische Verteidigungsministerium am Samstag mitteilte. «Die Kämpfe um den Brückenkopf werden mit ziemlicher Sicherheit durch Überschwemmungen, Zerstörungen und Schlammrückstände nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms am 6. Juni 2023 erschwert», hiess es in London weiter.

Unter den russischen Truppen dort seien auch Einheiten der 7. Garde-Luftsturm-Division, die zur Armeegruppe Dnipro gehören. «In den vergangenen Wochen hatte Russland sehr wahrscheinlich Teile der Armeegruppe Dnipro, die das Dnipro-Ufer verteidigen verlegt, um die Front bei Saporischschja zu verstärken», hiess es.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor 16 Monaten täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.


Die Ereignisse des Tages in der Übersicht

Das Wichtigste im Überblick

  • Das neutrale Österreich plant den Beitritt zum deutschen Projekt zum Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems.
  • Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat dem Westen Verzögerungen bei der Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen aus US-Produktion vorgeworfen.
  • Der ukrainische Aussenminister Kuleba warnte davor, nicht denselben Fehler wie 2008 zu begehen und der Ukraine den Weg in die Nato zu versperren. Denn dieser sei die Strasse des Friedens.
  • Bislang wurden beim AKW Saporischschja noch keine Minen gefunden. Dies widerspricht der Berichterstattung des ukrainischen Geheimdienstes. Doch hatten die Inspekteure noch nicht zu allen Räumen Zugang.
  • Der Spanische Regierungschef Pedro Sánchez ist derzeit für Gespräche in Kiew.
  • Nach Angaben von US-Experten baut die Söldnergruppe Wagner drei Militärlager in Belarus auf.
  • Alles Wichtige von gestern findest du hier im Ticker.

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    Wir beenden unseren Live-Ticker vom 01. Juli 2023

  • 21.57 Uhr

    Russische Medienaufsicht blockiert Seiten von Prigoschin-Medien

    Die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor hat Nachrichtenportale der Medien-Holding von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin auf eine schwarze Liste gesetzt und ihre Webseiten in Russland blockiert. Am Samstag waren die Nachrichtenagentur Ria Fan und vier Online-Portale von Prigoschins Patriot Media Group in Roskomnadsors Register gesperrter Medien zu finden. Nach unbestätigten russischen Medienberichten vom Freitag soll Prigoschin selbst die Schliessung der Patriot Media Group angeordnet haben. Er selbst äusserte sich dazu nicht.

    In der Patriot Media Group bündelte Prigoschin ab 2019 seine Medien- und Internetaktivitäten. Teil der Gruppe wurde auch die Agentur für Internetforschung, eine sogenannte Trollfabrik, mit der Russland Einfluss auf die US-Wahlen genommen haben soll. Patriot-Direktor Jewgeni Subarew zufolge war die Troll-Fabrik schon lange vorher, ab 2009, unter direkter Kontrolle Prigoschins tätig. Der Wagner-Chef räumte im vergangenen Jahr eine Einflussnahme auf die Wahl 2016 ein.

  • 21.38 Uhr

    Selenskyj: Politik in Europa wird nicht mehr ohne Ukraine gedacht

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zuversichtlich zur europäischen Zukunft seines Landes geäussert. Es sei schon immer unmöglich gewesen, sich ein «gemeinsames Haus Europa» ohne die Ukraine vorzustellen, doch nun habe Kiew erreicht, dass auch auf politischer Ebene Europa-Angelegenheiten nicht mehr ohne die Ukraine gedacht würden, sagte er am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Der Besuch von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am ersten Tag der spanischen EU-Ratspräsidentschaft sei diesbezüglich eine wichtige Geste gewesen, fügte er hinzu.

    Er bedankte sich bei Madrid für die politische, wirtschaftliche und militärische Hilfe sowie die Aufnahme von Flüchtlingen. Er sei aber zuversichtlich, dass diese bald in die Heimat zurückkehren könnten, wenn es dort wieder sicher sei. Teil dieser Sicherheit sei der von Kiew angestrebte Nato-Beitritt der Ukraine. Er danke Spanien für seine Unterstützung der ukrainischen Nato-Ambitionen, sagte Selenskyj.

    Der ukrainische Staatschef hielt seine Ansprache im Nordwesten des Landes am Atomkraftwerk Riwne. Dort habe er eine Lagebesprechung mit militärischen und politischen Entscheidungsträgern unter anderem zur Sicherheit von Atomkraftwerken gehabt, sagte Selenskyj. Kiew hat Moskau in den vergangenen Wochen mehrfach vorgeworfen, einen atomaren Zwischenfall im von Russen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja zu provozieren. Russland weist diese Anschuldigungen zurück.

  • 20.47 Uhr

    Lukaschenko unterschreibt Mediengesetz gegen «unfreundliche» Aktionen anderer Länder

    Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat ein Gesetz in Kraftgesetzt, das es erlaubt, Medienaktivitäten aus anderen Ländern im Falle sogenannter «unfreundlicher» Aktionen dieser Länder gegenüber belarussischen Medien zu verbieten. Das berichtet das Online-Portal «Ukrainska Pravda».

    Das neue Gesetzt erlaubte es Lukaschenko auch, Medien zu verbieten und Zugriffe aufs Internet zu beschränken.

    Die weissrussische Staatsführung um Präsident Alexander Lukaschenko hat die Medienfreiheit weiter eingeschränkt. 
    Die weissrussische Staatsführung um Präsident Alexander Lukaschenko hat die Medienfreiheit weiter eingeschränkt. 
    Bild: Belarusian Presidential Press Office/AP/dpa
  • 19.39 Uhr

    Österreich will europäischem Luftverteidigungssystem beitreten

    Das neutrale Österreich plant den Beitritt zum deutschen Projekt zum Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems. Das gab Kanzler Karl Nehammer am Samstag bekannt. «Die Bedrohungslage hat sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine massiv verschärft», begründete der konservative Politiker die laufenden Beitrittsverhandlungen. Österreich müsse sich deshalb gemeinsam mit anderen europäischen Ländern vor Drohnen- und Raketenangriffen schützen.

    Die von Deutschland initiierte «European Sky Shield Initiative» soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, Lücken im derzeitigen Nato-Schutzschirm für Europa zu schliessen. Defizite gibt es beispielsweise im Bereich ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn grosse Höhen erreichen, aber auch bei der Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern. Mehr als ein Dutzend europäische Staaten haben sich dem Projekt bereits angeschlossen.

    Österreichs Status als militärisch neutraler Staat sei durch einen Beitritt nicht gefährdet, sagten Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner in einer gemeinsamen Erklärung. «Es handelt sich um die Beteiligung an einem Schutzschirm, der zur Gefahrenabwehr dient», argumentierten sie.

  • 18.36 Uhr

    Russland schickt Kamikaze-Panzer gegen ukrainische Stellungen

    Die russische Armee hat alte T-54/55-Panzer zu Kamikaze-Panzern umgerüstet. Mit Sprengstoff vollgestopft lassen die Soldaten diese dann gegen die ukrainischen Stellungen rollen.

    Aufnahmen der ukrainischen Verteidigungsministeriums zeigen den Abschuss eines solchen Sprengpanzers.

  • 17.07 Uhr

    Selenskyj beklagt Verzögerungen beim Pilotentraining an US-Kampfjets

    Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat dem Westen Verzögerungen bei der Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen aus US-Produktion vorgeworfen. «Ich denke, dass einige unserer Partner hier verschleppen», sagte er am Samstag bei einer Pressekonferenz mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez in Kiew. Immer noch gebe es keine festen Termine für den Beginn und keine Zeitpläne für das Pilotentraining, klagte er. Im Mai hatten mehrere europäische Staaten die Bildung einer Kampfjet-Koalition für die Ukraine bekanntgegeben. Washington machte den Weg dafür frei, indem es grünes Licht für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets gab.

    Kiew betont die Wichtigkeit von US-Kampfjets im Abwehrkampf gegen die seit mehr als 16 Monate dauernde russische Invasion. Vor allem für die Sicherung des Luftraums und gegen die ständigen Drohnen- und Raketenangriffe seien die modernen Flugzeuge wichtig. Der Westen hat Kiew mit einer Reihe von Waffensystemen unterstützt - von Artillerie, Kampf- und Schützenpanzern bis hin zu Marschflugkörpern. Zur Unterstützung der Luftwaffe hat Kiew aber bislang nur ehemalige sowjetische Flugzeuge aus den Altbeständen osteuropäischer Staaten erhalten.

    Zugleich bekräftigte Selenskyj, erst mit Russland über einen Frieden verhandeln zu wollen, wenn die Ukraine all ihre Gebiete - einschliesslich der Krim und der Separatistengebiete im Donbass - zurückerobert habe. Eine Rückkehr zur Demarkationslinie vom Februar 2022, als Russland offiziell seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann, sei keine Option. Auch der von Kiew angestrebte Nato-Beitritt des Landes werde für einen Kompromiss nicht geopfert, weil dieser wichtig für die künftige Sicherheit des Landes sei.

    Der Kampfjet Typ F-16 ist laut der Londoner Denkfabrik IISS «die beste Option, Kiew mit einem westlichen Kampfflugzeug auszustatten und damit zu beginnen, seine Jets aus der Sowjetzeit zu ersetzen».
    Der Kampfjet Typ F-16 ist laut der Londoner Denkfabrik IISS «die beste Option, Kiew mit einem westlichen Kampfflugzeug auszustatten und damit zu beginnen, seine Jets aus der Sowjetzeit zu ersetzen».
    Archivbild: Harald Tittel/dpa
  • 16.44 Uhr

    Russisches Gold fliesst aus London in die Schweiz

    Seit Beginn der russischen Grossinvasion im März 2022 haben Schweizer Raffinerien 75 Tonnen Gold aus Russland zur Schmelze erhalten, berichtet die «Die Wochenzeitung» bereits am Donnerstag nach einer Recherche mit dem SRF. «Es ist alles rechtens», sagt die Zollverwaltung auf Anfrage. Sie habe diese Importe geprüft. Der Transfer des Goldes in die Schweiz läuft über London. Auf diesem Weg würden keine Sanktionen verletzt. Mit dem Einschmelzen des Goldes in der Schweiz ist die Herkunft nicht mehr erkennbar.

    Russland ist der zweitgrösste Goldproduzent weltweit. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine sind es rund 75 Tonnen im Wert von über vier Milliarden Franken, so die offiziellen Zahlen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). In den Jahren vor dem Krieg wurden im Schnitt jährlich nur etwa 20 Tonnen Gold russischen Ursprungs in die Schweiz importiert. Seit Jahresbeginn sind es bereits 38 Tonnen.

    Die russische Nationalbank habe nach 2014 fast die ganze russische Goldproduktion aufgekauft und ihre Reserven bis 2019 verdoppelt, um die Sanktionen abzufedern. Bis März 2022 wurden dann 700 Tonnen russisches Gold im Wert von etwa 30 Milliarden Euro nach London gebracht. «Ich sehe keinen anderen Grund als Kriegsvorbereitung», wird der Basler Strafrechtsexperte Mark Pieth zitiert.

  • 16.08 Uhr

    Schwedens Regierungschef vor Nato-Gipfel im Weissen Haus erwartet

    Etwa eine Woche vor Beginn des Nato-Gipfels in Litauen will US-Präsident Joe Biden Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson in Washington empfangen. Er wird am Mittwoch zu einem Gespräch im Weißen Haus erwartet, wie die Regierungszentrale in Washington am Samstag mitteilte. Dabei werde es auch um den Beitritt Schwedens zur Nato gehen, hiess es.

    Vor dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 ebenso wie Finnland die Mitgliedschaft in dem westlichen Militärbündnis beantragt. Finnland ist seit Anfang April bereits Mitglied, Schweden fehlt dagegen weiter die Zustimmung der Türkei und Ungarns. In der litauischen Hauptstadt Vilnius findet am 11. und 12. Juli der Nato-Gipfel statt.

  • 15.13 Uhr

    Spaniens Regierungschef Sánchez verspricht Ukraine 55 Millionen Euro

    Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hat bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine 55 Millionen Euro an neuen Hilfsgeldern zugesagt. «Spanien wird weitere 55 Millionen Euro bereitstellen, um die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen in der Ukraine zu unterstützen», sagte er am Samstag bei seiner Rede vor dem Parlament in Kiew, der Werchowna Rada. Zugleich versicherte der sozialistische Politiker, dass die Unterstützung der Europäer für die Ukraine bei ihrer Abwehr des russischen Angriffskriegs ungebrochen sei. Spanien hat am Samstag turnusgemäss die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

    Seinen Angaben zufolge wird die EU der Ukraine «so lange wie nötig» und «ungeachtet des zu zahlenden Preises» helfen. In seiner Rede erinnerte Sánchez daran, dass die Europäische Union ein Friedensprojekt ist, geschaffen nach dem Zweiten Weltkrieg, um neue Kriege zu verhindern. Europa sei offen für diejenigen, die dorthin strebten, unterstützte er zudem die Beitrittsambitionen Kiews.

  • 14.21 Uhr

    Kilometer langer Stau vor der Krim-Brücke

    Vor der Krim-Brücke aus der russischen Region Krasnodar staut sich der Verkehr auf einer Länge von 5 Kilometern. Die russische Armee kontrolliert jedes Auto genau auf seine Insassen und mitgeführtes Gepäck. Die Wartezeit für die Inspektion beträgt mehr als zwei Stunden.

  • 13.17 Uhr

    Selenskyjs neue Sanktionen treffen auch georgische Fluggesellschaft

    Die Ukraine hat nach offiziellen Angaben ihre Sanktionsliste um rund 190 Personen und 290 Firmen erweitert, darunter auch die Fluggesellschaft Georgian Airways. Das berichtete das Internetportal «Ukrajinska Prawda» am Samstag unter Berufung auf Dekrete von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die Sanktionen sollen die Betreffenden für ihre Beteiligung am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine strafen. Die ukrainischen Sanktionen haben – zumindest für russische Unternehmen – aber zumeist nur symbolische Bedeutung.

    Die georgische Fluglinie Georgian Airways ist wegen der Wiederaufnahme des Flugverkehrs mit Russland inmitten des Kriegs auf Kiews Schwarzer Liste gelandet. Im Mai hatte Russlands Präsident Wladimir Putin überraschend das Ende des von Moskau erlassenen Flugverbots mit Georgien und die Aufhebung der Visapflicht in Russland für Bewohner des Kaukasusstaats erklärt. Trotz schwerer Proteste in Tiflis startete der bilaterale Flugverkehr wieder - auch mit Maschinen von Georgian Airways.

  • 12.16 Uhr

    US-Institut: Wagner Gruppe baut drei Lager in Belarus auf

    Die Söldnergruppe Wagner baut laut Einschätzung von US-Experten nach ihrer gescheiterten Revolte in Russland drei Militärlager im mit Moskau verbündeten Belarus auf. «Neue hochauflösende Satellitenbilder, die am 30. Juni gemacht wurden, zeigen auf einer ehemaligen Militärbasis in Belarus mindestens 303 Zelte, in denen 20 bis 50 Personen untergebracht werden können», schrieb das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) am Freitag (Ortszeit) in seinem täglichen Lagebericht. Die Zelte seien innerhalb der letzten Woche aufgetaucht. Daneben gebe es Berichte über Pläne für zwei weitere Lager im Westen von Belarus.

    In der vergangenen Woche hatten bereits mehrere unabhängige russische und belarussische Medien über den Aufbau von mindestens einem Militärlager in Belarus berichtet, das für die Unterbringung von Wagner-Söldnern gedacht sei. Offiziell wurden diese Berichte bislang nicht bestätigt. Die Satellitenaufnahmen des mutmasslichen Wagner-Lagers bei der Stadt Assipowitschy veröffentlichten inzwischen auch westliche Medien wie die «Washington Post».

    Am vergangenen Samstag hatte der Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, die südrussische Stadt Rostow am Don besetzt und eine Militärkolonne Richtung Moskau geschickt. Nach Verhandlungen, bei denen Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko als Vermittler agierte, rief Prigoschin seine Truppen zurück. Laut Kreml wurde ihm im Gegenzug Amnestie und die Ausreise nach Belarus gewährt.

  • 10.17 Uhr

    Spaniens Regierungschef Sánchez zu Gesprächen in Kiew

    Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez ist in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. «Ich wollte, dass der erste Akt der spanischen EU-Ratspräsidentschaft zusammen mit (Wolodymyr) Selenskyj startet», schrieb Sánchez am Samstagmorgen auf Twitter, wo auch Bilder seiner Ankunft im Bahnhof veröffentlicht wurden. Ziel seiner Reise sei es, der Ukraine die anhaltende Solidarität Europas mit dem überfallenen Land zu übermitteln.

    Die EU werde das ukrainische Volk so lange unterstützen, bis wieder Frieden in Europa eingekehrt sei, versicherte Sánchez. Die Ukraine wehrt seit mehr als 16 Monaten einen Angriffskrieg Russlands ab. In Kiew sollte Sánchez unter anderem Selenskyj treffen. Spanien hat zum 1. Juli für sechs Monate die Ratspräsidentschaft der EU übernommen.

  • 9.14 Uhr

    London: Kämpfe um ukrainischen Brückenkopf bei Cherson

    Im Süden der Ukraine hat das ukrainische Militär nach britischer Einschätzung einen Brückenkopf am Ostufer des Dnipro geschaffen. Seit rund einer Woche bringen die Ukrainer Truppen nahe der zerstörten Antoniwka-Brücke bei Cherson ans Ostufer, wie das britische Verteidigungsministerium am Samstag mitteilte. «Die Kämpfe um den Brückenkopf werden mit ziemlicher Sicherheit durch Überschwemmungen, Zerstörungen und Schlammrückstände nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms am 6. Juni 2023 erschwert», hiess es in London weiter.

    Unter den russischen Truppen dort seien auch Einheiten der 7. Garde-Luftsturm-Division, die zur Armeegruppe Dnipro gehören. «In den vergangenen Wochen hatte Russland sehr wahrscheinlich Teile der Armeegruppe Dnipro, die das Dnipro-Ufer verteidigen verlegt, um die Front bei Saporischschja zu verstärken», hiess es.

    Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor 16 Monaten täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

  • 08.25 Uhr

    Kuleba: Nato-Beitritt der Ukraine ist «die Strasse zum Frieden»

    Nach Ansicht des ukrainischen Aussenministers Dmytro Kuleba kämpft Kiew gegen langlebige Vorurteile und Missverständnisse über die Folgen eines Nato-Beitritts seines Landes. Eine Nato-Mitgliedschaft werde nicht zu einem weiteren oder grösseren Krieg mit Russland führen, sagte Kuleba am Freitagabend in Kiew in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico». Vielmehr sei ein Nato-Beitritt «die Strasse zum Frieden» - denn Russland werde es nicht wagen, eine Ukraine, die Nato-Mitglied sei, erneut anzugreifen.

    Die Ukraine werde Deutschland und andere westliche Nato-Staaten bei der Verteidigung der Ostflanke dann entlasten, versprach Kuleba: «Wir werden diese Last auf unsere Schultern nehmen.»

    Kuleba zufolge erwartet die Ukraine keine Aufnahme in die Nato während des Krieges. «Aber nach dem Krieg wäre es selbstmörderisch für Europa, die Ukraine nicht als Nato-Mitglied zu akzeptieren.» Eine Ukraine ausserhalb der Nato würde bedeuten, dass Krieg weiter eine Option sei. Der einzige Weg, die Tür für eine russische Aggression gegen Europa und den europäisch-atlantischen Raum insgesamt zu schliessen, bestehe in der Aufnahme der Ukraine in die Nato, sagte er.

    Steht in der Kritik: Angela Merkel.
    Steht in der Kritik: Angela Merkel.
    Michael Kappeler/dpa

    Mit Blick auf den anstehenden Nato-Gipfel in Litauen in rund zwei Wochen warnte er die Bundesregierung davor, den Weg seines Landes in die Allianz zu behindern. Er rief Berlin dazu auf, nicht den Fehler zu wiederholen, «den Kanzlerin Merkel 2008 in Bukarest gemacht hat, als sie heftigen Widerstand gegen jeden Fortschritt für die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine leistete.» Die damalige Entscheidung habe die Tür aufgemacht für Putins Einmarsch in Georgien und schliesslich die illegale Annexion der Krim.

    Beim Gipfel 2008 hatten die Nato-Staaten der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht. Angela Merkel und Frankreichs damaliger Präsident Nicolas Sarkozy blockten Forderungen anderer Nato-Partner nach einem raschen Beitritt ab.

  • 08.00 Uhr

    IAEA: Bisher keine Minen im AKW Saporischschja gesichtet

    Internationale Beobachter im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja haben bislang keine Anzeichen für Verminung durch die russischen Besatzer gesichtet. Das Team der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), das dauerhaft in dem AKW stationiert ist, habe jedoch zu einigen Bereichen der Anlage noch keinen Zugang erhalten, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Freitagabend in Wien mit. Teile der Turbinenhallen und des Kühlsystems müssten noch inspiziert werden, hiess es in seinem Bericht.

    Vergangene Woche hatte der ukrainische Militärgeheimdienst SBU erklärt, Russland habe das AKW vermint und plane einen Terroranschlag dort. Moskau weist solche Vorwürfe zurück. «Wir nehmen all diese Berichte sehr ernst», betonte Grossi. Es sei der IAEA «bekannt», dass früher Minen im Umkreis des AKW und an bestimmten Stellen in der Anlage platziert worden seien. Welche Informationen der IAEA dazu vorliegen, führte Grossi am Freitag nicht aus.

    AKW Saporischschja
    AKW Saporischschja
    screenshot von Brightcove-Video

    Russische Truppen haben kurz nach Beginn des Kriegs vor 16 Monaten schnell grosse Teile der Südukraine besetzt, darunter auch wichtige Infrastrukturobjekte wie das AKW Saporischschja. Die Lage um das Kernkraftwerk, das nahe der Front liegt und mehrfach unter Beschuss stand, weckte immer wieder Sorge vor einer Atomkatastrophe.

  • 07.13 Uhr

    Selenskyj: Ukraine überrascht mit ihrer Stärke

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im Kampf gegen die russische Invasion die Stärke der eigenen Streitkräfte hervorgehoben. «Die Ukraine und die Ukrainer sind viel stärker als irgendjemand das von uns erwartet, manchmal stärker als wir das von uns selbst gedacht haben», sagte Selenskyj am Freitag in seiner allabendlichen Videobotschaft. Das Land habe im Kampf gegen die russischen Invasoren der ganzen Welt die Stärke der Ukraine gezeigt.

    Selenskyj erinnerte in der Rede an die Wiedereroberung der Schlangeninsel im Schwarzen Meer vor einem Jahr. «Das war einer unserer wichtigsten Siege.» Damit sei nicht nur die Kontrolle über die Insel, sondern über einen bedeutenden Teil des Schwarzen Meeres zurückerlangt worden. «Die russischen Terroristen brauchten die Schlangeninsel, um den ganzen Süden des Landes zu zerstören, unser schönes Odessa und andere Städte.» Das sei ihnen nicht geglückt.

    «Die Ukraine hat Einfluss auf die Stärke Europas. Das ist ein Fakt», sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
    «Die Ukraine hat Einfluss auf die Stärke Europas. Das ist ein Fakt», sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
    -/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

    Einmal mehr würdigte Selenskyj die verschiedenen Einheiten der ukrainischen Streitkräfte und nannte eine Vielzahl an Kämpfern namentlich, die ihr Leben gegeben hätten für den Sieg der Ukraine. Selenskyj sagte erneut, dass die Ukraine mit ihrer Gegenoffensive vorankomme. «Wir haben Fortschritte gemacht in allen Richtungen mit unseren aktiven Aktionen.»

    Die Stärkung der Artillerie im Süden und Osten habe «offensichtlich Priorität», sagte Selenskyj. Er dankte ausserdem in seiner Rede Dänemark für ein neues Verteidigungspaket, darunter Artillerie, Flugabwehrraketen und Ausrüstung zur Minenräumung. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 16 Monaten gegen die russische Invasion mit westlicher Hilfe.