Ex-Stabschef packt aus «Möge Gott uns helfen»: Kelly rechnet mit Trump ab

gbi

4.10.2023

John Kelly (stehend) – hier noch Stabschef von US-Präsident Donald Trump – blickt kritisch auf seinen damaligen Chef zurück. 
John Kelly (stehend) – hier noch Stabschef von US-Präsident Donald Trump – blickt kritisch auf seinen damaligen Chef zurück. 
Archivbild: AP

Ex-US-Präsident Donald Trump dominiert wegen seiner Gerichtsprozesse wieder die Schlagzeilen. Sein einstiger Stabschef John Kelly seziert nun den Charakter seines einstigen Bosses. Es ist eine schonungslose Abrechnung.

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  • John Kelly amtete von 2017 bis 2019 als Stabschef des damaligen US-Präsidenten Donald Trump.
  • Dem Sender CNN erklärt Kelly jetzt, was er über Trump denkt. Und das Verdikt fällt alles andere als schmeichelhaft aus.
  • Ob abfällige Bemerkungen über verwundete und gefallene US-Soldaten, Nähe zu autokratischen Staatschefs und Geringschätzung des demokratischen Systems: Kelly spart nicht mit Kritik an Trump.
  • Mit Blick auf eine mögliche erneute Präsidentschaft von Donald Trump sagt Kelly nur: «Möge Gott uns helfen.»

Kein Stabschef hielt es unter Donald Trump länger aus als John Kelly. Viele Beobachter*innen rätselten, wie es der ehemalige Viersternegeneral zwei Jahre während der turbulenten Amtszeit des 45. US-Präsidenten aushalten konnte. Kelly wurde gerne als «der einzige Erwachsene im Raum» bezeichnet.

Seit Januar 2019 ist Kelly im politischen Ruhestand, und sein ehemaliger Chef ist in mehreren Prozessen angeklagt. Dem Nachrichtensender CNN erklärte der 73-Jährige nun ausführlich, was er von Donald Trump hält. Und dabei hält er sich keineswegs zurück.

Zunächst bedient sich Kelly eines rhetorischen Tricks: «Was kann ich noch sagen, was nicht schon gesagt wurde?», fragt er – um dann richtig weit auszuholen und hart zuzuschlagen.

Kriegsgefallene sind «Loser»

«Eine Person, die denkt, dass diejenigen, die ihr Land in Uniform verteidigen, niedergeschossen oder im Gefecht schwer verwundet worden oder jahrelang als Kriegsgefangene gefoltert worden sind, alle ‹Loser› sind, weil ‹es für sie nichts zu holen gibt›. Eine Person, die nicht in der Nähe von amputierten Militärangehörigen gesehen werden möchte, weil es ‹für mich nicht gut aussieht›

«Eine Person, die während des Wahlkampfs 2016 im Fernsehen offene Verachtung für eine Gold-Star-Familie geäussert hat – für alle Gold-Star-Familien – und behauptet, unsere kostbarsten Helden, die ihr Leben in der Verteidigung Amerikas gegeben haben, seien ‹Verlierer› und sie würde ihre Gräber in Frankreich nicht besuchen

Zur Erinnerung: Mit gemeint ist die Familie von Humayun Khan, einem US-Soldaten muslimischen Glaubens, der im Irak-Krieg 2004 ums Leben kam. Als Khans Eltern den damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump 2016 kritisierten, schoss er scharf zurück.

Der Mutter sei es «verboten» gewesen, sich öffentlich zu äussern, das habe nur ihr Mann machen können, mutmasste Trump aufgrund von dessen Religion. Dass die Frau aufgrund ihrer Trauer nicht sprechen konnte, kam ihm nicht in den Sinn. Die Äusserungen Trumps erzürnten mehrere mit der Gold-Star-Auszeichnung geehrte Familien, die Angehörige im Krieg verloren haben.

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Kelly fährt fort: «Eine Person, die nicht ehrlich ist in Bezug auf ihre Position zum Schutz ungeborenen Lebens, zu Frauen, zu Minderheiten, zu evangelikalen Christen, zu Juden, zu arbeitenden Männern und Frauen. Eine Person, die keine Vorstellung davon hat, wofür Amerika steht und worum es in Amerika wirklich geht

«Eine Person, die leichtfertig vorschlägt, dass ein selbstloser Krieger, der 40 Jahre lang in Friedens- und Kriegszeiten für sein Land gedient hat, sein Leben wegen Verrats verlieren sollte – in der Erwartung, dass jemand handeln wird.» Gemeint ist hiermit eine Tirade gegen den pensionierten Generalstabschef der US-Armee, Mark Milley.

Weiter sagt Kelly: «Eine Person, die Autokraten und mörderische Diktatoren bewundert. Eine Person, die nichts als Verachtung für unsere demokratischen Institutionen, unsere Verfassung und das Recht übrighat.»

Soldatenfriedhof muss warten

Mit diesen Aussagen bestätigt John Kelly Passagen eines 2020 im Magazin «The Atlantic» erschienen Artikels, der hohe Wellen schlug. Darin wurde etwa publik gemacht, dass Donald Trump bei einem Staatsbesuch in Paris darauf verzichtete, den amerikanischen Soldatenfriedhof Aisne-Marne zu besuchen, weil dieser «voller Verlierer» sei. Als offizieller Grund mussten angebliche Probleme mit dem Helikopter für die Absage hinhalten.

«Es gibt nichts mehr zu sagen», schliesst Kelly bei CNN. Und, wohl mit Blick auf eine mögliche erneute Präsidentschaft von Donald Trump: «Möge Gott uns helfen