Late Night USA «Sieh dich nur an. Sie haben dich erwischt»

Von Philipp Dahm

5.4.2023

Roy Wood Jr. hat zu Donald Trumps Gerichtsfoto einiges zu sagen.
Roy Wood Jr. hat zu Donald Trumps Gerichtsfoto einiges zu sagen.
YouTube/The Daily Show

New York wird zur Manage: Donald Trumps Gerichtstermin in Manhattan hat seine Anhänger wie auch seine Gegner auf den Plan gerufen. Zu Letzteren zählt wohl Comedian Roy Wood Jr.

Von Philipp Dahm

«Sieh dich nur an», ruft Roy Wood Jr. Donald Trump zu, dessen Foto im Bezirksgericht von Manhattan zu sehen ist. «Sie haben dich erwischt. Jetzt bist du nicht mehr so taff.»

Der Gast-Moderator und Korrespondent der «Daily Show» ist in Fahrt. «Du hast all das Geld ausgegeben, schlecht über den Richter geredet, du hast schlecht über den Bezirksstaatsanwalt geredet. Von wegen ‹Ich marschiere ins Gericht und erzähle ... ›»

«You can talk all the shit you want. But I'm telling you baby, the moment you get in that courtroom, that shit gets real.»

Roy Wood Jr.

Traurig sehe der Angeklagte aus – «wie jemand, dem gesagt wurde, dass sein Hund gestorben ist – oder dass Mike Pence noch lebt». Hintergrund: Trump-Anhänger hatten dessen Vizepräsidenten beim Sturm aufs Kapitol nach dem Leben getrachtet. Doch im Gerichtssaal kommt eben selbst der Ex-Präsident auf den Boden der Tatsachen zurück.

Tollhaus New York

New York war ob des Termins natürlich ein Tollhaus. «Trump-Anhänger sind nach Downtown Manhattan geströmt», sagt der Gast-Gastgeber, «und haben die Strassen in Rot, Weiss und Blau getaucht. Es war wie eine Puerto-Rico-Parade – für Leute, die Puerto-Ricaner deportieren wollen.»

A supporter wearing a t-shirt with Former President Donald Trump's face on it attends a protest held in Collect Pond Park across the street from the Manhattan District Attorney's office in New York on Tuesday, April 4, 2023. (AP Photo/Stefan Jeremiah)
AP

Dieses Lager und die Gegendemonstranten habe die Polizei aber clever getrennt: «Sie hat beide Seiten weit genug voneinander weggehalten, sodass niemand verletzt wird, aber nah genug beieinander, sodass sie sich immer noch deftig bepöbeln können.»

«Dini Mueter»: Trump-Verfechter und -Gegner geigen sich die Meinung.
«Dini Mueter»: Trump-Verfechter und -Gegner geigen sich die Meinung.
YouTube/The Daily Show

Dass es so wild zu und herging, sei auch das Werk von Marjorie Taylor Greene: «MTG hat sich zum Gericht heruntergeschwungen, ihren Besen parkiert und an den Festivitäten teilgenommen», drückt es der Moderator aus. 

«Er zeigt die Black-Power-Faust»

Die Republikanerin gibt auch ein TV-Interview – zu sehen ab Minute 4:30. «Präsident Trump reiht sich heute unter die unglaublichsten Leute der Geschichte ein, die verhaftet worden sind», erklärt die Abgeordnete. «Nelson Mandela wurde verhaftet, sass im Gefängnis. Jesus – Jesus wurde verhaftet!»

Roy Wood Jr.: «Jesus? Das denke ich auch: Jesus, was zur Hölle stimmt mit dieser Frau nicht?»
Roy Wood Jr.: «Jesus? Das denke ich auch: Jesus, was zur Hölle stimmt mit dieser Frau nicht?»
YouTube/The Daily Show

Der Vergleich mit dem Sohn Gottes hinkt aber nun doch, meint Roy Wood Jr.: «Jesus ist übers Wasser geschritten. Donald Trump kann kaum an Land laufen.» Marjorie Taylor Greene ist übrigens nur wenige Minuten vor Ort, bevor sie die Zirkusmanege vor dem Gericht in Manhattan wieder verlässt.

Die gesamte Vorstellung hätte man sich sparen können, erklärt der Late-Night-Host: Demnach wurde Trump angeboten, die Anklage-Verlesung via Videokonferenz abzuhalten. «Wie bei Nelson Mandela und Jesus», feixt der 44-Jährige. Die Öffentlichkeit war Trump aber wichtiger: «Schaut euch an, wie er heute Morgen aus dem Trump Tower kam: Er zeigt die Black-Power-Faust wie ein echter politischer Gefangener. Er lebt für diese Scheisse.»

Faust auf Faust: «Wie ein echter politischer Gefangener.»
Faust auf Faust: «Wie ein echter politischer Gefangener.»
YouTube/The Daily Show

«Es gibt ein Gefühl der Vorahnung»

Das gilt mitunter auch für die Medien, wie der Clip ab Minute 6:10 zeigt: Da werden viele Worte um ganz wenig gemacht. Der Reporter-Satz «Es gibt ein Gefühl der Vorahnung, dass seine Bewegung kommen wird» sagt alles. Über die Extrawurst, die Trump serviert wird, wird dagegen wenig gesprochen.

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Der Ex-Präsident konnte den Termin selbst wählen, so Roy Wood Jr.: «Es gab keine Handschellen, es gab kein Polizeifoto, es gab keinen Perp Walk.» Letzteres ist die Zurschaustellung von Verdächtigen, eine Praxis vor allem in New York City. «Ich bin enttäuscht, weil der heutige Tag zeigt, wie human Gerichte sein könnten.»

Andere würden erniedrigt, vorgeführt und müssten ewig auf ihren Gerichtstermin warten – Trump hingegen checke erste Klasse ein. «Doch hier ist die gute Nachricht: Das New Yorker Verfahren ist nur eines von vielen. Wir werden also viele andere Gelegenheiten haben, ihn korrekt verhaften zu lassen.»