Late Night USA «Sie haben geholfen, dieses Monster zu erschaffen»

Von Philipp Dahm

30.3.2023

In Kombination ein amüsantes Trio – von links: Donald Trump, Ron DeSantis und Seth Meyers.
In Kombination ein amüsantes Trio – von links: Donald Trump, Ron DeSantis und Seth Meyers.
Screenshot: YouTube/Late Night with Seth Meyers

Donald Trump putzt seinen Mitstreiter Ron DeSantis im TV-Interview weg und baut seinen Vorsprung unter den Republikanern aus. Für Fox News wird der Ex-Präsident aber zusehends zum Problem.

Von Philipp Dahm

«Donald Trump hat mal wieder die Schlagzeilen gekapert», beginnt der Gastgeber seinen «Closer Look» in «Late Night with Seth Meyers». «Nur falls Sie es vergessen haben – und es lohnt sich, sich zu erinnern: Er war und ist äusserst unpopulär und eine grosse Mehrheit der Amerikaner will einfach nur, dass er geht.»

Drei Wahlen und unzählige Umfragen würden dafür sprechen: Gerade erst haben sich 61 Prozent dagegen ausgesprochen, dass er wieder ins Weisse Haus einzieht. «Es kommt für Trump noch schlimmer: Die schlechte Nachricht kam von Fox News. Das ist erstaunlich. Und es ist ja nicht so, dass er sagen kann: ‹Ja, jetzt sind es 61 Prozent, aber wartet ab, bis Ihr mich kennenlernt.›»

Schlechte landesweite Umfrage-Ergebnisse für Trump: «Wir haben gesehen, wie du den Job machst, von dem wir jetzt nicht wollen, dass du ihn wieder machst.»
Schlechte landesweite Umfrage-Ergebnisse für Trump: «Wir haben gesehen, wie du den Job machst, von dem wir jetzt nicht wollen, dass du ihn wieder machst.»
Screenshot: YouTube/Late Night with Seth Meyers

Doch das sei eben das Dilemma seiner Grand Old Party: Dass Trump in der Breite so unbeliebt und unter den Republikanern gleichzeitig so beliebt sei. Zuletzt habe ihn eine Umfrage 26 Prozentpunkte vor seinem parteiinternen Widersacher Ron DeSantis liegen sehen.

Und der habe im Gegensatz zu Trump seit Dezember unter Republikanern an Zuspruch verloren, so Meyers. Zu jener Zeit habe der Ex-Präsident auch damit begonnen, DeSantis öffentlich anzugreifen. Der jüngste Akt in diesem politischen Drama findet am späten Abend des 27. März statt – bei «Hannity» auf Fox News: Trump greift mal wieder frontal an, nachzusehen ab Minute 2:45.

«Ron kam zu mir, Tränen in seinen Augen»

«Also, was mit Ron passiert ist, ist Folgendes», holt der 76-Jährige aus: «Er kam, um mich zu sehen. Er würde untergehen. Er würde fertiggemacht.» Es geht um die Wahl des Gouverneurs in Florida 2018. «Ron kam zu mir, Tränen in seinen Augen. Er sagte: ‹Du musst mir einen grossen Gefallen tun.›»

Trump fasst nochmals zusammen: «Erst fragt er mich nach einem Treffen, dann fragt er mich nach dem Gefallen. Ich sagte: ‹Was für ein Gefallen?› Er sagte: ‹Würdest du eine Wahl-Empfehlung für mich aussprechen?›» Doch eigentlich sei die Lage hoffnungslos, suggeriert der 76-Jährige. 

Trump plaudert bei «Hannity» aus dem Nähkästchen.
Trump plaudert bei «Hannity» aus dem Nähkästchen.
Screenshot: YouTube/Late Night with Seth Meyers

Obwohl «suggerieren» vielleicht der falsche Ausdruck ist: «Ich sagte: Ron, du liegst so weit hinten. Selbst wenn du George Washingtons Empfehlung bekommen würdest – kombiniert mit der des späten grossartigen Abraham Lincoln, glaube ich nicht, dass du gewinnen könntest, Ron.»

Doch Rettung naht: «Ich sagte: ‹Lass es uns versuchen, Ron, okay?› Und er war verzweifelt. Ich sagte: ‹Okay.› Ich habe eine schöne Empfehlung abgegeben. Ich sagte: ‹Schreib, was du willst und lass es mich sehen.›  Er hat etwas geschrieben. Ich fand es schrecklich. Ich habe es geändert, habe es gross gemacht. Ich habe eine grossartige Empfehlung abgegeben.»

«Mein Bauch bellt wie eine Hundeschnauze»

Was soll man sagen? Der Rest ist Geschichte: «Von dem Moment an, in dem ich diesen [Senden-]Knopf gedrückt habe, hat er den Typen weggehauen. Das Rennen war vorbei. Und ich sagte: ‹Ron, du kannst den Typen besiegen, los geht's!› Er hätte niemals die Nominierung bekommen. Er könnte jetzt in einer Pizzastube oder einer Anwaltskanzlei arbeiten.»

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

«Du weisst, dass Trump New Yorker ist», lästert Meyers, «weil die einzigen beiden Berufe, die ihm einfallen, Pizzastube und Anwaltskanzlei sind. Er hört sich wie ein russischer Spion an, dessen U-Boot bei Staten Island aufgelaufen ist.» Meyers verstellt die Stimme und imitiert einen russischen Akzent: «Wo ist eure nächste Pizzastube? Mein Bauch bellt wie eine Hundeschnauze und ich könnte multiple Dreieck-Stücke konsumieren. Dreieck ist leckerste Form!»

Dass Trump DeSantis so wegputzt, sei ein Problem für Fox News, legt Meyers nach: «Sie haben geholfen, dieses Monster zu erschaffen, und jetzt sehen sie, dass das ein katastrophaler Fehler war und versuchen, sich von Trump wegzuschleichen. Aber die Zuschauer, ihre Basis, ziehen nicht mit.»

«Würdest du meine Mistgabel zeichnen?»

Es sei wie «Frankensteins Monster», meint Meyers. «Aber in dieser Version lieben die Dorfbewohner das Monster: ‹Hey, du bist das Monster! Mann, ich liebe deine Arbeit: Würdest du meine Mistgabel zeichnen?›»

Fox News habe Trump nach dem 6. Januar fallengelassen, um dann wieder seine Verschwörungstheorien zu bringen, obwohl man wusste, dass die Quark sind, fährt der 49-Jährige fort. Der Sender habe seine Klientel nicht verprellen wollen. Das gespaltene Verhältnis sei eine Seifenoper, die schon seit Jahren laufe, die aber keine sympathischen Helden habe. «Es ist im Prinzip eine ‹Alien vs. Predator›-Situation.»

«Make Aliens Great Again» – und Predator Fox News spielt die Gegenpartei.
«Make Aliens Great Again» – und Predator Fox News spielt die Gegenpartei.
Screenshot: YouTube/Late Night with Seth Meyers

Ab Minute 7:26 ist zu sehen, wie Fox News nun versucht, das Ruder rumzureissen. Das Trump-Interview – bei Fox News – wird von Fox News-Moderator Brian Kilmeade und weiteren Kommentatoren kritisiert.

Trump lobt China: «Sie haben ein Kasten-System»

«Sorry», sagt Meyers, «welchen Donald Trump habt ihr erwartet? Der Donald Trump, der rumheult, sich beschwert und das Opfer spielt oder den Donald Trump, der fucking nicht existiert? Weil es nur den ersten gibt??»

Der einzige Glaube, den Trump habe, sei, dass Demokratie was für Verlierer ist, glaubt wiederum Meyers. Er führt den Clip ab Minute 9:34 an, in dem der Republikaner gefragt wird, ob Präsidentschaftskandidaten einen kognitiven Test ablegen sollten: «Wissen Sie, das macht man in China. Aber es wird anders gemacht.»

Und weiter: «Sie haben ein Kasten-System. Und die klügste Person kommt an die Spitze.» «Erstens», kontert Meyers, so funktioniere ein Kasten-System definitiv nicht. Niemand, der wirklich klug ist, brauche ein Kasten-System, in dem er sowas mit seinen Händen macht: «Er sieht aus, als würde er eins dieser Reim-Spiele für Kinder machen.»

Meyers' Reim-Spiel für Trump geht so: «Here's the church / Here's the steeple / Here's the cast system / With all the smartest people».
Meyers' Reim-Spiel für Trump geht so: «Here's the church / Here's the steeple / Here's the cast system / With all the smartest people».
Screenshot: YouTube/Late Night with Seth Meyers