In einem Punkt schuldig bekannt Gericht segnet Deal zwischen US-Justiz und Julian Assange ab – Wikileaks-Gründer frei

dpa

26.6.2024 - 04:59

Julian Assange ist frei: Erleichterung und Zustimmung

Julian Assange ist frei: Erleichterung und Zustimmung

STORY: Das jahrelange juristische Tauziehen um den WikiLeaks-Gründer Julian Assange findet offenbar ein plötzliches Ende. Der 52-Jährige wird sich diese Woche vor einem US-Bezirksgericht des Verstosses gegen das US-Spionagegesetz schuldig bekennen. Nach Angaben der US-Staatsanwaltschaft könnte Assange im Gegenzug in seine Heimat Australien zurückkehren. Stella Assange, seine Ehefrau, sagte in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft, sie sei zuversichtlich, dass die Inhaftierung ihres Mannes zu einem Ende gekommen sei. «In den Jahren von Julians Inhaftierung und Verfolgung hat sich eine unglaubliche Bewegung gebildet. Eine Bewegung von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, aus der ganzen Welt, die nicht nur Julian unterstützen, und nicht nur uns und unsere Familie, sondern das, wofür Julian steht: Wahrheit und Gerechtigkeit. Wir brauchen immer noch Ihre Hilfe. Was jetzt mit Julians Freiheit beginnt, ist ein neues Kapitel.» Der mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador schrieb auf X: «Ich feiere die Freilassung von Julian Assange aus dem Gefängnis. Zumindest in diesem Fall ist die Freiheitsstatue kein leeres Symbol geblieben; sie ist lebendig und glücklich wie Millionen auf der Welt.» Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro schrieb: «Ich gratuliere Julian Assange zu seiner Freiheit. Die ewige Inhaftierung und Folter von Assange war ein Angriff auf die Pressefreiheit auf globaler Ebene.» Auch in der australischen Metropole Sydney wurden die Neuigkeiten im Fall Assange überwiegend positiv aufgenommen: «Ich denke, er hat seine Zeit abgesessen. Er hat sicherlich kriminelle Handlungen begangen, aber er hat seine Zeit im Gefängnis mehr als abgesessen und macht mit seinem Leben weiter. Es geht einfach schon zu lange, viel zu lange.» «Wir alle verdienen es, die Wahrheit darüber zu erfahren, was in dieser Welt vor sich geht, und ich finde, er war sehr mutig. Und ich bin froh, dass er draussen und frei ist.» «Das sind so wunderbare Neuigkeiten, ich bin begeistert. Ich habe lange auf diesen Tag gewartet und ich habe das Gefühl, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird, ich hoffe, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Er hat Licht in die Dunkelheit gebracht und es ist an der Zeit, dass dieser Mann freigelassen wird und sein Leben weiterleben kann, es hat einfach zu lange gedauert, viel zu lange.» WikiLeaks hatte 2010 hunderttausende als geheim eingestufte US-Militärdokumente über Washingtons Kriege in Afghanistan und im Irak sowie zahlreiche diplomatische Dokumente veröffentlicht. Die USA warfen dem Australier daraufhin Geheimnisverrat vor. Zahlreiche Unterstützer sehen Julian Assange dagegen als Journalisten, der mutmassliche Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.

26.06.2024

Die jahrelange Saga um den Wikileaks-Gründer Julian Assange endet mit einem Justiz-Deal und einem grossen Finale auf einer entlegenen Insel im Pazifik. Der 52-Jährige will nun in seine Heimat zurück.

26.6.2024 - 04:59

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein US-Gericht hat den Deal zwischen Wikileaks-Gründer Julian Assange und der amerikanischen Justiz im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen abgesegnet und seine Freilassung besiegelt.
  • Der 52-Jährige kommt im Gegenzug für ein Schuldbekenntnis nach seiner bereits in Grossbritannien verbüssten Haft auf freien Fuss.
  • Die zuständige Richterin Ramona Manglona sagte nach Angaben der anwesenden Reporter, Assange könne «den Gerichtssaal als freier Mann verlassen».
  • 2006 hatte der Australier die Plattform Wikileaks gegründet mit der Mission, Whistleblower zu unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen.
  • Von 2010 an veröffentlichte Wikileaks geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan der Whistleblowerin Chelsea Manning.
  • Die USA warfen Assange in der Folge vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Ein US-Gericht hat den Deal zwischen Wikileaks-Gründer Julian Assange und der amerikanischen Justiz im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen abgesegnet und seine Freilassung besiegelt. Das berichteten die BBC und der britische «Guardian» übereinstimmend aus dem Gerichtssaal auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Aussengebiet im Pazifik.

Demnach kommt der 52-Jährige im Gegenzug für ein Schuldbekenntnis nach seiner bereits in Grossbritannien verbüssten Haft auf freien Fuss. Die zuständige Richterin Ramona Manglona sagte nach Angaben der anwesenden Reporter, Assange könne «den Gerichtssaal als freier Mann verlassen».

Assange war danach auf dem Weg in seine Heimat Australien. Die Chartermaschine vom Typ Bombardier hob am Mittwochmittag (Ortszeit) in Saipan ab und wird laut «flightradar24» am Abend in der Hauptstadt Canberra erwartet. Auf der Plattform war die Flugnummer VJT199, die Assanges Frau Stella und Wikileaks zuvor in sozialen Medien genannt hatten, die von Nutzern weltweit am meisten beobachtete Verbindung.

Bis zu 175 Jahre Haft wegen Spionagevorwürfen

Assange ist der Protagonist eines grossen Spionageskandals. 2006 hatte der Australier die Plattform Wikileaks gegründet mit der Mission, Whistleblower zu unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen. Von 2010 an veröffentlichte Wikileaks geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan der Whistleblowerin Chelsea Manning. Die USA warfen Assange in der Folge vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Die amerikanische Justiz wollte Assange lange Zeit den Prozess wegen Spionagevorwürfen machen. Bis zu 175 Jahre Haft hätten ihm in den USA gedroht. Stattdessen handelte er mit der US-Justiz zuletzt jedoch einen Deal aus und bekannte sich nun der Verschwörung zur unrechtmässigen Beschaffung und Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig. Die Richterin Manglona legte laut BBC und «Guardian» fest, dass als Strafmass jene Zeit gelte, die der Internetaktivist bereits in London in einem Hochsicherheitsgefängnis verbüsst hat. 

Julian Assange (M.) am Mittwoch bei seiner Ankunft am Gericht auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Aussengebiet im Pazifik.
Julian Assange (M.) am Mittwoch bei seiner Ankunft am Gericht auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Aussengebiet im Pazifik.
Bild: Keystone/EPA/Samantha Salamon

Durch den Justiz-Deal bleibt Assange ein Prozess und potenziell weitere Haft in den USA erspart. Die Vereinigten Staaten hatten bisher seine Auslieferung aus Grossbritannien verlangt. Stattdessen kann der 52-Jährige nun in seine Heimat zurückkehren. Von Saipan aus wollte er direkt weiter nach Australien reisen, wie Wikileaks auf der Plattform X mitteilte. Der Gerichtstermin wurde daher auch nicht auf dem amerikanischen Festland abgehalten, sondern in dem entlegenen US-Aussengebiet. Die Nördlichen Marianen liegen nur wenige Flugstunden nördlich von Australien.

Assange war unbemerkt von der Öffentlichkeit aus der Haft in London freigekommen und hatte mit einem gecharterten Flugzeug Grossbritannien verlassen, um an dem Gerichtstermin auf der Pazifik-Insel teilzunehmen. Nach einem Zwischenstopp in der thailändischen Hauptstadt Bangkok flog er weiter nach Saipan zu der Anhörung. 

Jahrelange Odyssee nimmt abenteuerliche Ende

Es ist das abenteuerliche Ende einer jahrelangen Odyssee mit vielen juristischen Kämpfen. Assange hatte vor etwa fünf Jahren seine Haft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London angetreten. Vor seiner Festnahme im April 2019 hatte er sich sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen.

Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese Anschuldigungen wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. 

Während die USA über Jahre die Auslieferung Assanges verlangten, forderten Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker dessen sofortige Freilassung. Auch die australische Regierung setzte sich für die Freilassung ihres Staatsbürgers ein. 

dpa