«Einfallstor für Moskau» Nehammer lehnt Koalition mit FPÖ in Österreich endgültig ab

dpa/sda/toko

15.10.2024 - 21:07

Für die ÖVP unter Kanzler Karl Nehammer ist die Wahlschlappe zwar bitter, aber ohne die ÖVP ist keine Regierung denkbar.
Für die ÖVP unter Kanzler Karl Nehammer ist die Wahlschlappe zwar bitter, aber ohne die ÖVP ist keine Regierung denkbar.
Hans Klaus Techt/APA/dpa

Wahlsieger Kickl von der rechten FPÖ möchte mithilfe der konservativen ÖVP Kanzler in Österreich werden. In einem Sondierungsgespräch bekommt er jedoch eine Abfuhr. Wie geht es weiter?

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der österreichische Kanzler Karl Nehammer hat einer künftigen Koalition mit der rechtsextremen FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl endgültig eine Absage erteilt.
  • Koalitionsverhandlungen zwischen Nehammers konservativer ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ werden nun immer wahrscheinlicher.
  • Er werde nicht «den Steigbügelhalter für Herbert Kickl» machen, sagte Nehammer nach einem ersten Sondierungstreffen mit Kickl.

Mit Hinweisen auf Österreichs NS-Geschichte und russische Geheimdienst-Aktivitäten hat Kanzler Karl Nehammer eine künftige Koalition mit der rechtsextremen FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl endgültig ausgeschlossen. Koalitionsverhandlungen zwischen Nehammers konservativer ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ werden nun immer wahrscheinlicher.

Er werde nicht «den Steigbügelhalter für Herbert Kickl» machen, sagte Nehammer nach einem ersten Sondierungstreffen mit Kickl. Die FPÖ erhebt nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl Ende September den Kanzleranspruch. Die Rechten werben für eine Koalition mit Nehammers konservativer ÖVP, die auf den zweiten Platz verwiesen wurde. Auch keine andere Partei möchte mit der FPÖ zusammenarbeiten.

Nehammer betonte, dass er die Sorgen der FPÖ-Wähler bezüglich Sicherheit, Migration und dem politischen Islam teile. Lösungen müssten jedoch im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit umgesetzt werden. Dabei gelte es, «aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, auch den dunkelsten Stunden, die Österreich erlebt hat», sagte Nehammer in einer Pressekonferenz. 

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Dass allerdings die konservative ÖVP – die seit 37 Jahren mitregiert – auch der nächsten Regierung angehören wird, gilt als so gut wie sicher.

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Zeichen stehen auf Verhandlungen zwischen ÖVP und Sozialdemokraten

«Seine Rhetorik ist geprägt von Angst und Radikalisierung», sagte Nehammer über Kickl. Der ÖVP-Chef und erinnerte etwa an Kickls wohlwollende Haltung gegenüber der Identitären Bewegung, die vom österreichischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.

Zuletzt hatten ÖVP und FPÖ zwischen 2017 und 2019 gemeinsam regiert. Damals sei Kickl als Innenminister für die Zerschlagung der Verfassungsschutzbehörde verantwortlich gewesen, sagte Nehammer. Den Interessen Russlands sei dadurch ein «Einfallstor geöffnet» worden, meinte er. Die FPÖ gilt nicht zuletzt wegen ihrer Ablehnung der kriegsbedingten Sanktionen gegen Russland als Moskau-freundlich.

Am Mittwoch trifft Nehammer den Chef der sozialdemokratischen SPÖ, Andreas Babler, zu einem weiteren Sondierungsgespräch. Eine Koalition zwischen diesen beiden Parteien, möglicherweise zusammen mit den liberalen Neos, gilt derzeit am wahrscheinlichsten.

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