Ein düsteres Bild der Zukunft: Late-Night-Host Bill Maher nimmt die Republikaner auseinander. Donald Trump arbeitet demnach schon jetzt daran, dass die Wahl in drei Jahren nach seinen Vorstellungen verläuft.
Von Philipp Dahm
11.10.2021, 19:00
12.10.2021, 06:42
Philipp Dahm
«Vor ein paar Wochen ist ein Dokument aufgetaucht, das das Eastman-Memo genannt wird», beginnt Bill Maher seine «Real Time with Bill Maher» und erklärt, es handele sich um eine Art Schlachtplan, mit dem Donald Trump «die Wahl manipulieren kann, nachdem er die Wahl im November 2020 verloren» habe.
Jener Plan sah angeblich vor, dass verkündet werden sollte, dass es in sieben Bundesstaaten konkurrierende Wahlleute gebe. Das sollte dem früheren Vizepräsidenten Mike Pence einen Grund liefern, um die Wahlmänner und -frauen aus jenen Staaten von der Präsidenten-Wahl auszuschliessen.
Doch dafür hätten die jeweiligen Wahlleiter mitspielen müssen: «Trump dachte, dass die Republikaner unter ihnen das tun würden», so Maher. Aber: «Die meisten haben es nicht. Und das ist es, woran er seither arbeitet.» Als das Publikum zu klatschen beginnt, stoppt er die Zuschauer: «Nein, das ist keine gute Sache. Lasst mich zu Ende reden.»
Trump räumt bei den Republikanern auf
Während andere Ex-Präsidenten ihre Zeit zumeist mit Philanthropie verbrächten, denke Trump nur darüber nach, wie er den Staatsreich durchziehen kann, den er zuletzt nicht durchziehen konnte. «Hier sind die drei einfachsten Vorhersagen der Welt: Trump wird wieder von den Republikanern nominiert, er wird 2024 wieder antreten und was auch immer in der Wahlnacht passiert: Er wird am nächsten Tag verkünden, dass er gewonnen hat.»
Der 75-Jährige habe seine Partei «systematisch von allen bereinigt, die für seine Amtsenthebung gestimmt haben». Zehn republikanische Politiker haben das getan – «und bis 2024 sind sie weg», prophezeit der Gastgeber. «Eine von ihnen war Liz Cheney. Sie ist erzkonservativ, die Tochter von Darth Vader», sagt Maher zu einem Bild von Dick Cheney, der unter George W. Bush von 2001 bis 2009 Vizepräsident war.
Cheney sei jedoch genau so in ihrem Bundesstaat Wyoming kaltgestellt worden wie Anthony Gonzalez, der in Ohio das Handtuch geworfen hat. Entweder würden die Leute nicht antreten, einen Trump-Konkurrenten vor die Nase gesetzt bekommen oder sie änderten plötzlich ihre Meinung, um zu bekunden, Trump habe die letzte Wahl doch gewonnen.
Gute Aussichten für die Zwischenwahlen
Gleichzeitig schreite die Einschränkung des Wahlrechts in einigen Bundesstaaten voran, damit die Republikaner und nicht unabhängige Wahlleiter das Resultat bestätigen können. Maher erinnert an den Dezember 2020, als Trump den Wahlleiter von Georgia angerufen hat, damit der «einfach bloss 11'000 zusätzliche Trump-Stimmen findet».
«Brad Raffensperger hat das abgelehnt. Aber das nächste Mal wird er nicht mehr da sein», warnt Maher: «Von den 15 Republikanern, die in den umkämpften Bundesstaaten für den Wahlleiter kandidieren, räumen nur zwei ein, dass Joe Biden die Wahl gewonnen hat. Das sind die Leute, die Trump 2024 anrufen wird, wenn er ein paar Stimmen zu wenig hat. Und sie werden sie ihm geben.»
Late Night USA – Amerika verstehen
Blue News
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Tatsächlich hat Maher eine konkrete Prophezeiung, was die politische Zukunft in Washington angeht. «Die Republikaner werden bei den Zwischenwahlen 2022 gross gewinnen.» Das sei immer so bei der nicht regierenden Partei, erklärt der 65-Jährige. «So werden sie das Repräsentantenhaus zurückgewinnen, das über umstrittene Wahlergebnisse entscheidet.»
Das Rückgrat eines Tubeman
Den Job des Sprechers des Repräsentantenhauses würde dann Kevin McCarthy übernehmen – «ein Mann mit dem Rückgrat eines dieser aufblasbaren Schlauchmänner vor den Auto-Händlern». «Die Republikaner werden ausserdem mehr der wichtigen Gouverneure stellen wie Wisconsin, Pennsylvania oder Michigan.»
Werbung für den Schlauchmann alias Tubeman in der Serie «Family Guy».
2020 haben dort noch Demokraten regiert und die Wahlresultate geschützt. «Doch sie stehen alle zur Wiederwahl 2022. Mindestens zwei werden verlieren», glaubt Maher.
2023 werde Trump dann seine Kandidatur verkünden und mit seinen grossen Wahlkampfveranstaltungen beginnen, «die immer wütender und bedrohlicher werden, wenn Trump seiner Liebe frönt, zur Gewalt aufzustacheln».
Köpfe, Namen, Ideen? «Nichts davon ist wichtig»
Die Nazi-Vergleiche hält Maher für überholt. «Ich glaube nicht, dass Trump Juden hasst. Es gibt zu viele reiche», kalauert der Moderator, der selbst jüdische Wurzeln hat. Auch Völkermord traut Maher dem New Yorker nicht zu. «Aber die Denkweise, wie man ein Land übernimmt, ist genau dieselbe.»
«Ich könnte ihm in die Fresse schlagen»: Donald Trump und die Gewalt.
Dann steht erneut der Präsident zur Abstimmung: «2024 kommt und Demokraten werden es wie ein normales Wahljahr behandeln. Sie leben in einer Traumwelt, in der es wichtig ist, welche Kandidaten sie aussuchen, welche Politik sie machen und wie viele Stimmen sie bekommen werden. Aber nichts davon ist wichtig.»
Es sei ganz egal, ob der demokratische Kandidat in drei Jahren nun Biden, Kamala Harris, Amy Klobuchar oder der 25-jährige Schauspieler Timothée Chalamet heisse. «Solange sie Demokraten sind, werden sie als Anführer der Armee des Satans dargestellt werden. Und auch wenn sie gewinnen sollten, wird Trump es nicht akzeptieren.»
Fragwürdige Wahlergebnis – 2024 Edition
Aber wenn der Ex-Präsident diesmal sage, Tote hätten gewählt, Stimmen seien nach Wahlschluss eingereicht worden oder Venezuela habe Wahlmaschinen manipuliert, würden seine «Strohmänner, die er genau jetzt installiert», auf diese Thesen eingehen und sie annehmen.
Am 16. Dezember 2024 kommen dann die Wahlleute zusammen, um den Präsidenten zu wählen. «Arizona und Wisconsin senden Quatsch-Wahlleute, um einen Showdown am 6. Januar vorzubereiten und Kamala Harris herauszufordern, damit sie tut, was Mike Pence tun sollte: um Wahl-Ergebnisse abzuerkennen. Der Unterschied: Diesmal sind sie fragwürdig.»
Dabei werde es auch nicht bei 600 diabetischen Fox-News-Junkies und einem Durchgeknallten mit Wikinger-Helm bleiben: Maher rechnet mit einer halben Million Bewaffneter, die in die Hauptstadt pilgern werden, und sagt schwere Krawalle voraus.
Der Al-Qaida-Vergleich
«Die Demonstrationen auf den Strassen werden anwachsen – ähnlich wie bei den Ausschreitungen in Portland zwischen Antifa und Proud Boys, die sich aufs ganze Land ausweiten. Überall dort, wo ihr eigener politischer Stamm nicht in der Mehrheit ist, werden die Leute Angst haben, rauszugehen.» Mit Folgen für den Handel und Aktienmarkt.
Der Druck auf Joe Biden wird steigen, den Coup zu verhindern, solange er noch an der Macht ist und das Militär lenkt. Deadline ist der 20. Januar um 12 Uhr. «Was wird passieren, wenn zwei Präsidentschaftskandidaten am Tag der Amtseinführung auftauchen und beide erwarten, den Eid abzulegen – wie in dem Politfilm einer schlechten Sitcom.»
Dann ein saftiger Vergleich: «Die Trottel, die im letzten Jahr über die Hauptstadt hergefallen sind, waren wie Al-Qaida, als die zum ersten Mal versucht haben, das World Trade Center mit einem Transporter einzureissen. Das war ein Witz.» Maher meint ein Bomben-Attentat auf das Gebäude im Jahr 1993. «Aber beim nächsten Mal kamen sie zurück. Mit Flugzeugen.»
Maher endet mit den Worten: «Ich hoffe, ich habe dafür gesorgt, dass Sie sich vor Angst in die Hose scheissen. Vielen Dank.»