Late Night USA Trump nuklear? «Ein Fat Man, der sich wie ein Little Boy benimmt»

Von Philipp Dahm

15.9.2021

So nah dran an der nuklearen Katastrophe? Stephen Colbert spricht über das neue Enthüllungsbuch «Peril».
So nah dran an der nuklearen Katastrophe? Stephen Colbert spricht über das neue Enthüllungsbuch «Peril».
Screenshot: YouTube

In den USA ist – mal wieder – ein Buch über den Ex-Präsidenten erschienen, das – mal wieder und im wahrsten Sinne des Wortes – Sprengkraft hat: die neuesten Offenbarungen der «Late Show with Stephen Colbert».

Von Philipp Dahm

«Hey, erinnert ihr euch noch, wie viel Angst ihr in den letzten Tagen der vorigen Präsidentschaft hattet?», fragt Stephen Colbert seine «Late Show»-Zuschauer und lacht verschmitzt.

«Nun ja, es stellt sich heraus – nun, da wir damit durch sind –, dass man, glaube ich, sagen kann – im Nachhinein – , dass wir vielleicht ein bisschen», Kunstpause, «ängstlicher hätten sein sollen.»

Das Studio-Publikum lacht. Es weiss wohl schon vom neuen Buch «Peril» (Gefahr) von Bob Woodward und Robert Costa, das enthüllt, dass wichtige Leute im Umfeld von Donald Trump sich angeblich ernsthaft darüber Sorgen gemacht haben, dass der frühere Präsident vor seinem Auszug aus dem Weissen Haus noch einen Atomkrieg anzettelt.

Biblische Offenbarungen

«Diese Offenbarung lässt eine Bombe platzen – über eine Bombe, die zur Offenbarung führen würde», fasst Colbert geistreich zusammen, um dann das zu bringen: «Es macht Sinn, dass der Ex-Präsident in die Luft geht. Er ist halt immer noch ein Fat Man, der sich wie ein Little Boy benimmt.» Das sind die Namen der Atombomben, die Hiroshima und Nagasaki zerstört haben.

Zur Erinnerung: Das ist Donald Trump, Ex-Präsident der USA, hier zu sehen am 7. Februar 2020 vor dem Weissen Haus in Washington.
Zur Erinnerung: Das ist Donald Trump, Ex-Präsident der USA, hier zu sehen am 7. Februar 2020 vor dem Weissen Haus in Washington.
KEYSTONE

General Mark Milley hat dem Buch zufolge befürchtet, dass «Trump nach der Wahl [im November 2020] mental ernsthaft abgebaut» habe. Im Geheimen soll der Militär dem New Yorker den Zugang zum Arsenal erschwert haben. «Er hat die Codes so verändert», erklärt Colbert, «dass der Präsident sie niemals herausfinden kann – die Geburtstage seiner Kinder.»

Wie ernst die Angst Milleys war, zeigt der Umstand, dass Milley hinter Trumps Rücken sogar den Gegner in der Sache kontaktiert haben soll. Demnach hat der 63-Jährige am Telefon chinesische Kollegen beruhigt, die sich ihrerseits gefragt hätten, ob der US-Präsident so etwas tun könnte.

«Das ist, als würde der Babysitter... »

«So ernst ist es gewesen: China hatte Angst davor, dass der Ex-Präsident die Handtaschen-Fabrik seiner Tochter [Ivanka] bombardieren lässt», scherzt der Gastgeber. «Es war so glaubhaft, dass General Milley sich bemüssigt fühlte, die Chinesen anzurufen und zu sagen: ‹Ich möchte Ihnen versichern, dass die amerikanische Regierung stabil ist und alles gut wird. Wir werden nicht angreifen.›»

Late Night USA – Amerika verstehen
Blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

So richtig beruhigend findet Colbert so eine Ansage nicht: «Das ist, als würde der Babysitter anrufen, wenn du beim Essen bist, und sagt: ‹Ich möchte Ihnen versichern, dass die Zwillinge stabil sind und alles gut wird. Sie werden die Garage nicht anzünden oder sonst etwas mit den Zündhölzern machen, mit denen ich sie spielen lasse. Hat Ihnen eigentlich viel an dem Hund gelegen?›»

Spannend ist auch jener Teil von «Peril», der sich um Mike Pence dreht: Der frühere Vizepräsident soll seinem Boss am 5. Januar gesagt haben, dass es nicht in seiner Macht stehe, das Wahl-Ergebnis abzulehnen oder zu verändern, während draussen Trump-Anhänger zu hören waren.

Als Trump nicht mehr Pences Freund sein wollte

«Wenn diese Leute sagen, dass du die Macht dazu hast», soll der Ex-Präsident daraufhin Pence gefragt haben, «würdest du es nicht machen wollen?» Sein Vize soll geantwortet haben: «Ich würde nicht wollen, dass eine einzelne Person diese Autorität hat.» Und Trump: «Aber wäre es nicht fast schon cool, diese Macht zu haben?»

Pence' Widerstand soll den Amtsinhaber fuchsig gemacht haben: «Du verstehst nicht, Mike. Du kannst es machen. Wenn du es nicht tust, will ich nicht mehr dein Freund sein.» «Es muss hart gewesen sein, das zu hören», feixt der Moderator. «Aber am nächsten Tag hat Mike Pence beim Sturm aufs Kapitol neue Freunde gefunden, mit denen er abhängen kann.»

Was läuft sonst in den USA? Der Broadway eröffnet wieder – und an den Schauplätzen hat es nicht so viele Ratten wie befürchtet. Ausserdem ist in New York die alljährliche MET-Gala über die Bühne gegangen, und in diesem Punkt sind Colberts Gags ziemlich vorhersehbar.

Impfen? Gewusst wie!

Doch das grösste Thema bei diesem Kostümfest ist nach der Party jemand, der gar nicht da war: Nicki Minaj ist nicht gekommen, weil sie nicht geimpft ist. Die Rapperin begründet diese Tatsache auf Twitter so:

Und so sehen die Nachforschungen aus:

Geschwollene Hoden durch Impfung? «Seht ihr», grinst Colbert, «deshalb stelle ich sicher, dass ich meine Dosis in die Schulter bekomme.» Nur um nachzuschieben, dass sich Ärzte einig seien, dass der Impfstoff mitnichten aus Äpfeln Birnen macht. «Ich kann nicht glauben, dass ich das überhaupt sagen muss.»

«Hey Boss, morgen früh wird mein Wecker nicht klingeln»

War noch was? Ach ja, die Abwahl-Wahl in Kalifornien. Zum Zeitpunkt der Aufzeichnung sei noch nicht klar, wer Gewinner und wer Verlierer ist, erklärt Colbert. «Aber wir wissen, dass es mindestens einen Verlierer gibt, der behaupten wird, er sei der Gewinner: Larry Elder.»

Der Republikaner hat noch vor Auszählung der Stimmen eine Website aufgeschaltet, auf der Manipulationen der laut ihm betrügerischen Wahl gemeldet werden sollen.

Colbert: «Das ist, als würdest du deinem Boss eine Mail schicken, in der steht: ‹Hey, morgen früh wird mein Wecker nicht klingeln. Ich werde sehr spät kommen, aber es wird okay für dich sein. Wir sehen uns dann bei der Happy Hour.›»