Anhörung zum Sturm auf Kapitol Ausschuss sieht genug Beweise für Anklage Donald Trumps

dpa

13.6.2022 - 06:02

Sturm aufs US-Kapitol: Untersuchungsausschuss spricht von «versuchtem Putsch»

Sturm aufs US-Kapitol: Untersuchungsausschuss spricht von «versuchtem Putsch»

Einige Zeugenaussagen machten deutlich, dass selbst enge Verbündete – darunter etwa Trumps Tochter – die falschen Behauptungen des damaligen US-Präsidenten über einen Wahlbetrug nicht teilen.

10.06.2022

Der wichtigste Zuhörer bei den kommenden Anhörungen des Untersuchungsausschusses zur gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols dürfte der US-Justizminister sein. Er muss darüber befinden, ob sein Ministerium den Ex-Präsidenten belangen kann und sollte.

Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols sehen ausreichend Beweise für eine mögliche Anklage des ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Es seien genug Belege zutage gefördert worden, damit das Justizministerium eine strafrechtliche Anklage wegen des Versuchs, die Ergebnisse der Wahlen von 2020 umzustürzen, erwägen könne. «Ich würde gerne sehen, dass das Justizministerium jeden glaubwürdigen Vorwurf krimineller Aktivitäten seitens Donald Trump untersucht», sagte der Abgeordnete Adam Schiff, der dem Ausschuss angehört und auch den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses leitet.

Am Donnerstag hatte der Untersuchungsausschuss seine erste öffentliche Anhörung zum Kapitolsturm abgehalten. Dabei legten Mitglieder dar, wie der geschlagene Präsident seine falschen Behauptungen eines Wahlbetrugs entgegen vielfachem Rat rücksichtslos vorantrieb und versuchte, den Wahlsieg Joe Bidens rückgängig zu machen.

Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson von den Demokraten sprach am Donnerstag von einem «Putschversuch». Thompson mahnte, die Demokratie in den USA sei weiter in Gefahr. Für die als Trump-Kritikerin bekannte Vize-Ausschusschefin Liz Cheney, selbst eine Republikanerin, war die Attacke «kein spontaner Aufstand». «Präsident Trump hat den Mob herbeigerufen, den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet.» Über Monate habe Trump einen ausgeklügelten Plan koordiniert, den Ausgang der Wahl zu kippen und die Machtübergabe zu verhindern.

Druck auf US-Justizministerium

Bei Anhörungen in dieser Woche sollen weitere Beweise veröffentlicht werden, die demonstrieren sollen, wie Trump und einige seiner Berater «massive Anstrengungen» unternahmen, um Falschinformationen zu verbreiten, Druck auf das Justizministerium auszuüben, die falschen Behauptungen anzunehmen, und auf den damaligen Vizepräsidenten Mike Pence einzuwirken, damit dieser die Beglaubigung des Wahlsieges am 6. Januar 2021 blockiert.

Zu den Zeugen der Anhörung an diesem Montag sollte auch Trumps damaliger Wahlkampfmanager, Bill Stepien, gehören, wie der Untersuchungsausschuss mitteilte.

Anschuldigungen gegen Trump sollen in der Sitzung des Untersuchungsausschusses am Montag untermauert werden.  «Wir werden die Geschichte erzählen, wie Trump wissentlich seine Grosse Lüge verbreitet hat», schrieb Ausschussmitglied Adam Schiff auf Twitter.

Republikaner um Begnadigungen bemüht

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses unterstrichen am Sonntag auch, sie würden klare Beweise dafür vorlegen, dass «mehrere» republikanische Abgeordnete, darunter Scott Perry, sich bei Trump um Begnadigungen bemüht hätten, die sie vor Strafverfolgung schützen würden. Perry hatte dies am Freitag in Abrede gestellt und von einer «absoluten, schamlosen und seelenlosen Lüge» gesprochen. «Wir werden keine Anschuldigungen erheben oder Dinge sagen, ohne Belege oder Beweise dafür», sagte das republikanische Untersuchungsausschussmitglied Adam Kinzinger.

Als «Grosse Lüge» («Big Lie») bezeichnen Trumps Kritiker dessen widerlegte Behauptung, er sei durch Betrug um seinen Sieg bei der Präsidentenwahl im November 2020 gebracht worden.

Trump-Anhänger stürmen am 6. Januar 2021 das US-Kapitol in Washington. 
Trump-Anhänger stürmen am 6. Januar 2021 das US-Kapitol in Washington. 
Bild: Keystone/EPA/Will Oliver

Abgeordnete deuteten an, dass der wahrscheinlich wichtigste Zuhörer bei den Anhörungen Justizminister Merrick Garland sein wird, der darüber befinden muss, ob sein Ministerium Trump belangen kann und sollte. Sie liessen keinen Zweifel daran, dass sie die Beweise für ausreichend hielten, um fortzufahren.

Trump stachelte seine Anhänger an

Anhänger des damaligen republikanischen Präsidenten Trump hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington attackiert. Sie wollten verhindern, dass Bidens Wahlsieg bestätigt wird. Bei der Attacke kamen mehrere Menschen ums Leben. Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung mit der Behauptung aufgewiegelt, ihm sei der Wahlsieg gestohlen worden.

Der Untersuchungsausschuss zeigte bei der ersten Anhörung am 9. Juni 2022 in Washington ein Video der Kundgebung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump am 6. Januar 2021.
Der Untersuchungsausschuss zeigte bei der ersten Anhörung am 9. Juni 2022 in Washington ein Video der Kundgebung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump am 6. Januar 2021.
Bild: Keystone/AP Photo/J. Scott Applewhite

Trump behauptet bis heute, er sei durch Betrug um den Sieg gebracht worden. Sein Lager ist mit Dutzenden Klagen gegen die Wahlergebnisse gescheitert. Trump nannte die Arbeit des Ausschusses nach dessen erster öffentlichen Sitzung eine «Hexenjagd».

Unter den neun Kongressabgeordneten in dem Ausschuss sind sieben Demokraten und nur zwei Republikaner. Bei den beiden republikanischen Abgeordneten Cheney und Adam Kinzinger handelt es sich um ausgewiesene Trump-Kritiker. Derzeit wird das Repräsentantenhaus von den Demokraten kontrolliert. Ihnen droht bei den Kongresswahlen im November aber der Verlust der Mehrheit an die Republikaner. Dann könnte dem Ausschuss das Aus drohen. Das Gremium steht daher unter Druck, möglichst schnell Ergebnisse zu präsentieren.

Hunderte Zeugen befragt

Der Untersuchungsausschuss hatte über Monate hinter verschlossenen Türen Hunderte Zeugen befragt und grosse Mengen an Dokumenten und Beweismaterial gesichtet. Die dritte öffentliche Anhörung ist für diesen Mittwoch (10.00 Uhr Ortszeit/16.00 Uhr MESZ) geplant.