Asylgipfel in Deutschland gescheitert Faeser für Schnellprüfungen an den Grenzen – Union unzufrieden

dpa/afp/tgab

10.9.2024 - 21:30

Union bricht Migrationsgespräche mit Regierung ab

Union bricht Migrationsgespräche mit Regierung ab

STORY: CDU und CSU haben die Gespräche mit der Bundesregierung über ein gemeinsames Vorgehen in der Asyl- und Migrationspolitik abgebrochen. Die Vorschläge der Regierung zu einer umfangreichen Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen seien nicht weitgehend genug, sagte Unions-Verhandlungsführer Thorsten Frei am Dienstag zur Begründung in Berlin. Was auf dem Tisch gelegen habe, werde den Vorstellungen der Union nicht gerecht. O-Ton Thorsten Frei (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer Unionsfraktion: «Aber tatsächlich muss man sagen, dass angesichts der aktuellen Herausforderungen das diesen nun wirklich nicht gerecht wird. Und das, was wir als Idee mit diesem Format verbunden haben, dass nämlich jenseits der unmittelbaren parlamentarischen Abläufe auch grössere Schritte möglich sind, um die Herausforderungen im Bereich der Migration zu lösen, die haben sich leider nicht bewahrheitet.» Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte nach dem Treffen, dass die Regierung bereits einige Dinge auf den Weg gebracht habe. Dabei verwies sie auf ihre Anordnung vom Montag, ab dem 16. September zunächst für eine Dauer von sechs Monaten wieder an allen deutschen Grenzen Kontrollen durchzuführen. Dennoch müssten die Zahl der ankommenden Menschen weiter sinken, betonte Faeser. Das Modell, das der Union vorgelegt worden sei, sei rechtskonform. O-Ton Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin «Für uns ist es wichtig, dass diejenigen, die an den deutschen Landgrenzen ankommen und die aber bereits durch andere Länder gekommen sind, dort einen Asylantrag gestellt haben, dass wir die zukünftig grenznah, wo auch untergebracht, schnell wieder zurückweisen können. Das ist etwas, was wir heute vorgestellt haben. Wir wollen, dass Personen, für deren Asylverfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, dorthin zurückgewiesen werden. « Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte, die Regierung sei zu weiteren Gesprächen bereit. Man könne von ihr aber nicht verlangen, dass sie Vorschläge auf den Tisch lege, die nicht rechtskonform seien. O-Ton Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister «Ich bin bereit, alles mitzutragen, was im Rahmen der freiheitlich demokratischen Grundordnung und im Rahmen des Europarechts möglich ist, um das Problem der irregulären Migration so zu lösen, dass die Menschen merken, es verändert sich etwas in der Wirklichkeit. Weil die Wirklichkeit, wie sie jetzt ist, kann so nicht bleiben. Der Status quo bedeutet eine Überforderung für den Gesamtstaat, und diese Überforderung muss beseitigt werden.» Bundesaussenministerin Annalena Baerbock die ebenfalls am Tisch sass, äusserte sich enttäuscht über den Abbruch. Es gehe nicht um Symbolpolitik, sagte die Grünen-Politikerin. Es gehe darum, jetzt geltendes Recht um- und durchzusetzen. Dafür stehe auch ihre Partei ein.

10.09.2024

Die deutsche Ampel-Regierung und die CDU/CSU haben über weitere Massnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration beraten. Was die Regierung vorschlägt, überzeugt die Union nicht – sie erklärt die Gespräche für gescheitert.

dpa/afp/tgab

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  • In Deutschland hat die Union aus CDU und CSU Gespräche mit der Ampel-Regierung zur Begrenzung der irregulären Migration abgebrochen.
  • CDU und CSU reichen die Verschärfungen nicht aus, mit denen die Ampelkoalition die irreguläre Zuwanderung begrenzen will.
  • Unions-Chef Merz wirft der Regierung vor, sie sei intern zerstritten und könne sich nicht auf wirksame Massnahmen einigen.

Die Ampel-Regierung aus SPD, FDP und Grünen und die Union aus CDU und CSU haben bei ihrem zweiten Migrationstreffen keinen gemeinsamen Nenner gefunden – die Regierung plant aber dennoch Reformen.

Die Ampel-Koalition sehe sich offensichtlich nicht zu umfassenden Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen in der Lage, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. «Damit ist der Versuch gescheitert, einen gemeinsamen Weg zu gehen.» Er vermisse in dieser Frage Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Ampel-Politiker warfen der Union im Gegenzug Verantwortungslosigkeit vor.

Ampel will nationale Zuständigkeit für Asylbewerber schneller klären

Nach Angaben aus Regierungskreisen befürwortet zwar nun auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Landesgrenzen – aber nicht pauschal und direkt, sondern mit Schnellverfahren auf deutschem Boden und in Grenznähe.

Ihr Modellvorschlag zielt darauf ab, Asylbewerber, die schon anderswo in Europa registriert wurden, künftig rascher in die für sie zuständigen Staaten zu bringen. Dafür sollte unter anderem die Unterbringung in grenznahen Haftanstalten für bestimmte Geflüchtete möglich sein.

Doch der Union geht der Vorschlag nicht weit genug, weshalb die von dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, geführten Gespräche am Dienstagnachmittag abgebrochen wurden. Frei kritisierte, die Pläne zielten nicht auf zusätzliche Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, sondern auf beschleunigte Verfahren in Deutschland.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, das Festhalten der Menschen im grenznahen Raum sei effektiver als ein Zurückschieben über die grüne Grenze, wo damit zu rechnen sei, dass die Zurückgeschobenen an anderer Stelle dann einen weiteren Einreiseversuch unternehmen würden.

Die Ampel-Regierung will die Pläne nach Angaben der Ministerin nun auch ohne die Union verfolgen.

Haftplätze möglichst in Grenznähe

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) soll nach den von der Ampel geplanten Änderungen das sogenannte Dublin-Verfahren künftig schneller betreiben. Dabei wird festgestellt, welches europäische Land für ein Asylverfahren zuständig ist. In vielen Fällen ist das jener Staat, auf dessen Gebiet Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten haben.

Die Bundespolizei soll derweil prüfen, ob es freie Haftplätze gibt und gegebenenfalls beim zuständigen Gericht Haft beantragen, damit Betroffene nicht untertauchen. Alternativ solle eine feste Zuweisung und Wohnsitzauflage vorgesehen werden, wenn Haft nicht in Betracht komme, hiess es weiter aus Regierungskreisen.

Grössere Rolle für die Bundespolizei

Eine wirkliche Neuerung ist die geplante grössere Rolle für die Bundespolizei. Bislang liegen Abschiebungen in der Verantwortung der Bundesländer, die Bundespolizei unterstützt nur bei der Durchführung. Künftig soll die Bundespolizei am Ende des geplanten beschleunigten Verfahrens die Menschen dann aus Deutschland bringen.

Ausserdem setze Deutschland weiter auf ein enges kooperatives Zusammenwirken mit den Nachbarstaaten etwa durch gemeinsame Streifen und gemeinsame Polizeizentren an den Grenzen. Ein unmittelbares Zurückweisen an den Grenzen über die heutige Praxis hinaus würde diese Zusammenarbeit massiv gefährden, hiess es weiter.

Grenzkontrollen werden ausgeweitet

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte am Vortag des Treffens bereits vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet, um die Zahl unerlaubter Einreisen stärker einzudämmen. Die zusätzlichen Kontrollen sollen am 16. September beginnen und zunächst sechs Monate andauern.

Als Gründe für die nun angeordneten Kontrollen nannte das Ministerium neben der Begrenzung der irregulären Migration auch den Schutz der inneren Sicherheit vor aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und vor grenzüberschreitender Kriminalität.

Verschärft hatte sich die Debatte um irreguläre Migration und Abschiebungen auch aufgrund von mehreren Gewalttaten. In Solingen waren bei einem mutmasslich islamistischen Messerattentat auf einem Stadtfest im August drei Menschen getötet und acht weitere verletzt worden. Ein 26-jähriger Syrer sitzt wegen der Tat in Untersuchungshaft. 

dpa/afp/tgab