Historische Anklage gegen Trump Jetzt steht die US-Demokratie vor der Zerreissprobe

dpa/tpfi

1.4.2023 - 00:00

Der ehemalige Präsident Donald Trump spricht mit Reportern, nachdem er nach einer Wahlkampfveranstaltung am internationalen Flughafen von West Palm Beach angekommen ist.
Der ehemalige Präsident Donald Trump spricht mit Reportern, nachdem er nach einer Wahlkampfveranstaltung am internationalen Flughafen von West Palm Beach angekommen ist.
Bild vom 25.03.2023: Evan Vucci/AP

Republikaner sprechen von politischer Verfolgung, Demokraten applaudieren: Die beispiellose Anklage gegen den Ex-Präsidenten Donald Trump wegen dubioser Schweigegeldzahlungen könnte die politische Spaltung in den Vereinigten Staaten weiter vertiefen.

1.4.2023 - 00:00

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der frühere US-Präsident Donald Trump soll am Dienstag in New York offiziell angeklagt werden.
  • Trump ruft per Rundmail zu Spenden auf.
  • Parteifreunde verurteilen die Anklage gegen Trump.

Die historische Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in New York stellt die amerikanische Demokratie auf die Probe. Während der 76-Jährige, der erneut ins Weisse Haus einziehen will, von «politischer Verfolgung und Wahlbeeinflussung» sprach, stellten sich wichtige Republikaner am Freitag hinter ihn. Trump muss sich wegen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar als erster Ex-Präsident der US-Geschichte in einem Strafverfahren verantworten. Ihm könnte im Fall einer Verurteilung womöglich Haft drohen. Manhattan bereitet sich auf Proteste vor.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft in Manhattan ist noch unter Verschluss – die genauen Anklagepunkte sind bis zu der in der kommenden Woche erwarteten Verlesung der Anklage noch unbekannt. Es geht um Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels und möglicherweise eine weitere Frau. Der Prozess dürfte auch Einfluss auf Trumps bereits verkündete Präsidentschaftsbewerbung haben – und könnte ihm am Ende politisch sogar helfen, seine Anhänger zu mobilisieren. Rein rechtlich dürfte Trump auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexperten betonen.

Stormy Daniels bei einer Veranstaltung in Berlin. 
Stormy Daniels bei einer Veranstaltung in Berlin. 
Archivbild: Markus Schreiber/AP

Die Anklageverlesung soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge am Dienstag in New York stattfinden. Der Termin ist nach Angaben der Sender Fox News und NY1 für 14.15 Uhr (Ortszeit/ 20.15 Uhr MEZ) im Gerichtsgebäude in Manhattan angesetzt. Für den Vorgang muss Trump nach New York reisen und würde kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Oft werden Angeklagten dann auch Handschellen angelegt – ob dies im Falle Trumps passiert, ist fraglich. Es gilt als sicher, dass Trump nach diesem Prozedere wieder nach Hause kann.

Handschellen noch ungewiss

Unmittelbar nach der Verkündung der Anklage am Donnerstagabend nutzte Trump bereits die Gelegenheit, um per Rundmail Spenden einzuwerben. Das Land erlebe das dunkelste Kapitel seiner Geschichte. «Mit Ihrer Unterstützung werden wir das nächste grosse Kapitel der US-Geschichte schreiben – und 2024 wird für immer als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem wir unsere Republik gerettet haben», hiess es weiter. Die Adressaten wurden um Spenden ab 24 Dollar (rund 22 Franken) gebeten.

Ob Donald Trump in New York in Handschellen abgeführt wird, steht noch nicht fest. Für ein Foto und Fingerabdrücke muss er in jedem Fall zur Verfügung stehen.
Ob Donald Trump in New York in Handschellen abgeführt wird, steht noch nicht fest. Für ein Foto und Fingerabdrücke muss er in jedem Fall zur Verfügung stehen.
Andrew Harnik/AP/dpa

Hintergrund der Anklage nach Jahren der Ermittlungen durch den demokratischen Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, sind Zahlungen an Daniels. Trump hatte kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 Schweigegeld an die Pornodarstellerin zahlen lassen, nachdem diese behauptet hatte, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Die Zahlung soll Vorwürfen zufolge aber bewusst falsch abgerechnet worden sein, um ihren Grund zu vertuschen. Zudem könnte die Zahlung mit Regeln zur Wahlkampffinanzierung im Konflikt stehen. Mehrere US-Medien berichteten, es gehe um mehr als 30 Anklagepunkte.

Trump hatte empört auf die Anklage reagiert. «Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte», hiess es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Demokraten hätten seit seiner ersten Präsidentschaftsbewerbung versucht, ihm politisch zu schaden. Nun hätten sie «das Undenkbare getan – eine völlig unschuldige Person in einem Akt eklatanter Wahlbeeinflussung anzuklagen», beklagte Trump. All das werde auf Präsident Joe Biden und seine Demokraten zurückfallen.

Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen

Der Ex-Präsident hatte vor einigen Tagen behauptet, seine Festnahme in dem Fall stehe kurz bevor – und seine Anhänger zu Protesten aufgerufen. New York bereitete sich daraufhin auf mögliche Demonstrationen vor und verstärkte die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan. Bislang kam es nicht zu grösseren Protesten. Das könnte nun womöglich folgen.

Einflussreiche Republikaner reagierten empört auf die Anklage und werteten diese als Angriff auf die Demokratie. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, schrieb auf Twitter, Staatsanwalt Bragg habe «unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert». McCarthy gilt als Trump-Verbündeter.

Republikaner sprechen von «Skandal»

Doch selbst mögliche parteiinterne Konkurrenten für die Wahl 2024 kritisierten das Vorgehen. «Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt», schrieb der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Auch Trumps früherer Stellvertreter, Ex-Vizepräsident Mike Pence, bezeichnete die Anklage als «Skandal». Dem Sender CNN sagte Pence: «Dies wird nur dazu dienen, dieses Land weiter zu spalten.»

Medienvertreter stehen vor dem Strafgericht von Manhattan. F
Medienvertreter stehen vor dem Strafgericht von Manhattan. F
Bild: Yuki Iwamura/AP/dpa

Mehrere US-Demokraten betonten dagegen, alle US-Bürger müssten gleich behandelt werden. «Niemand steht über dem Gesetz», schrieb die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf Twitter. Pornostar Daniels selbst bedankte sich nach der Anklageerhebung bei ihren Anhängern für die Unterstützung.

dpa/tpfi