Swisscom Nachhaltigkeitsblog So viel Abfall produziert die Schweiz

Stefanie Haag

14.3.2019

700 Kilogramm oder so schwer wie eine Kuh – dies entspricht der Menge an Abfall, den Herr und Frau Schweizer jährlich hinterlassen. Um die steigende Müllproduktion zu reduzieren, sind alle gefragt, ihr Verhalten anzupassen.

Des Schweizers Schweiz – pünktlich, neutral und sauber. Sauber? Ist die Schweiz in Sachen Abfall wirklich so aufgeräumt, wie das Klischee vermuten lässt? Oder trügt der Schein der sauberen Fassade?

Wussten Sie beispielsweise, dass die Schweiz in der Abfallproduktion weltweit zu den absoluten Spitzenreitern gehört?

Nachfolgend fassen wir die sechs wichtigsten «Güsel»-Facts zusammen und fragen nach den Hintergründen und möglichen Lösungen für die immer grösser werdende Abfallproduktion in der Schweiz:

1. Welchen Platz belegt die Schweiz in der Weltrangliste in Sachen Abfall?

Wir zählen zu den Abfallweltmeistern! In Europa belegen wir den zweiten Platz, weltweit gehört die Schweiz zu den Top Five. Dies ist leider kein Grund stolz zu sein: In der Schweiz entstehen nach Angaben des Bundesamtes für Umwelt jährlich rund 80 bis 90 Millionen Tonnen Abfall.

Mit über 700 Kilogramm Abfall pro Person hat die Schweiz eines der höchsten Siedlungsabfallaufkommen der Welt. Auf ein ganzes Leben ausgerechnet fallen pro Person also sagenhafte 60 Tonnen Abfall an.

2. Wieso ist die Schweiz trotz guter Infrastrukturen Abfallweltmeister?

Die Abfallproduktion ist ein Spiegel unseres Konsumverhaltens. Wo konsumiert wird, entsteht nun einmal auch Abfall. Weil wir in der Schweiz ein hohes Pro-Kopf-Einkommen haben, konsumieren wir verhältnismässig auch sehr viel.

Und eine Besserung ist kaum in Sicht: Laut Bundesamt für Umwelt wird sich unser Konsumniveau in Zukunft tendenziell erhöhen. So sorgen unter anderem technologische Entwicklungen, schnell wechselnde Modetrends, Tiefpreisstrategien und umfangreiche Sortimente für einen steigenden Konsum. Zusätzlich wird unser hoher Rohstoffverbrauch durch das Wachstum der Gesamtbevölkerung angekurbelt.

Mit dem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum nimmt gleichzeitig auch die Bautätigkeit zu. Sie generiert mit 84 Prozent den grössten Anteil des Abfallaufkommens in der Schweiz. Aus Aushub- und Ausbruchmaterial sowie Rückbaumaterial entstehen jährlich über 70 Millionen Tonnen Abfall. Bereits beim Abriss eines einzigen Hauses mit einer Wohnfläche von 130 Quadratmetern fallen 400 Tonnen Bauabfall an – dies entspricht dem Gewicht von rund 36 Autobussen.

3. Wie steht es in der Schweiz ums Recyceln?

Auch im Recyceln zählt die Schweiz weltweit zu den Spitzenreitern. In diesem Fall ist der Podest-Platz eine erfreuliche Nachricht: Die Recyclingquote der Schweiz beträgt stolze 52 Prozent. Dennoch, Recyceln allein helfe nicht, um unsere Abfall-Bilanz zu verbessern, weiss Natalie Bino, Gründerin der Organisation ZeroWaste Switzerland:

«Recycling ist wichtig, aber auch nicht eine nachhaltige Lösung. Wir von ZeroWaste Switzerland wollen den Abfall vermeiden bevor er überhaupt entsteht. Es nutzen uns die Infrastruktur, Abfallentsorgung und das Recycling nichts, wenn keine tiefgründige Verhaltensänderung beim Einzelnen zustande kommt. Wieso Wasser in einer PET-Flasche kaufen, wenn man es ‹gratis› aus jedem Wasserhahn laufen lassen kann?»

4. Was kann gegen die vielen Plastikverpackungen getan werden?

Mit unserem Kaufverhalten bestimmen wir, wie viel und welche Art von Abfall schlussendlich entsteht. Unsere Entscheidungen als Konsumentinnen und Konsumenten haben Einfluss auf die Versorgungs- und Entsorgungskette vor und nach der Produktion.

Als Konsumentinnen und Konsumenten können wir uns bemühen bewusst einzukaufen. Anstatt ein Plastiksack an der Gemüsetheke zu verwenden, packen wir die Ware besser in den mitgebrachten Stoffsack ab. Wenn jede und jeder auf ein bewusstes Einkaufsverhalten umsteigt, verändern wir langfristig auch die Nachfrage nach Plastik.

5. Wer trägt die Verantwortung für den Abfall? Produzenten oder Konsumenten?

In der Schweiz gilt grundsätzlich das Verursacherprinzip. Das bedeutet: Wer Abfälle verursacht, muss für deren Beseitigung bezahlen. Dieses Prinzip zeigt Wirkung. Mit der Einführung der Sackgebühr in über 90 Prozent aller Gemeinden, fallen jährlich gut 80 Kilogramm weniger Abfall zu Verbrennung pro Kopf an als in Gemeinden ohne Sackgebühr.

Neben den Konsumenten und Konsumentinnen sind auch die Produzenten und der Staat gefragt, um die Abfallproduktion zu reduzieren. Auf nationaler Ebene gibt es zwei grundlegende Zielsetzungen zur Abfallverwertung und -reduktion: die Abfallproduktion vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln und die schädlichen Auswirkungen von Abfall auf Mensch und Umwelt und vermeiden. Bis 2030 will das Bundesamt für Umwelt einen gesamtwirtschaftlichen Materialkreislauf geschaffen haben, der zu 75 Prozent aus sekundären Rohstoffen – also aus wiederverwerteten Materialien – und nur noch zu 25 Prozent aus Primärrohstoffen besteht.

«Konsumenten sowie Produzenten haben die gleiche Verantwortung», sagt Natalie Bino. «Wenn wir etwas verändern wollen, muss jeder etwas tun und bei sich die Veränderung bewirken. Die Zero-Waste-Bewegung ist eine Bottom-up-Bewegung, und wir leben nach dem Prinzip, dass jeder etwas auf seiner Ebene machen kann.»

6. Findet in der Schweiz ein Umdenken bezüglich Abfall statt?

In der Schweiz fallen jedes Jahr über zwei Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an – rund 70 Prozent davon wären vermeidbar. Dieser enorme «Food Waste» zeigt als Beispiel exemplarisch, dass in der Schweiz noch viel Potenzial zur Abfallreduktion besteht.

Dennoch, ein Wandel und Umdenken sind spürbar: «Unser Verein ZeroWaste Switzerland hat jetzt nach drei Jahren schon über 800 Mitglieder. Das zeigt, dass das Interesse an der Abfallvermeidung und die Veränderung da ist», sagt Natalie Bino. «Wir haben immer mehr Anfragen mit Bitten um Vorträge, Workshops oder anderen Einsätzen und werden gefragt, wie man ohne Abfall leben kann. Wir bleiben dran und sind auf der Suche nach weiterer Unterstützung für unser Projekt.»

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Stefanie Haag ist im Team Corporate Responsitility tätig und zuständig für Reporting und Employee Engagement.
Stefanie Haag ist im Team Corporate Responsitility tätig und zuständig für Reporting und Employee Engagement.
Bild: Swisscom
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