KolumneWarum jede und jeder immer wieder auf die Schnauze fallen muss
Von Michelle de Oliveira
17.2.2020
Der Sohn hatte ein Loch im Kopf, und es war alles viel schlimmer. Die Kolumnistin hat nach dem Unfall mehr über das Leben gelernt als durch alle ihre Selbsthilfebücher zusammen. Was das mit Trost zu tun hat?
Es geschah an einem Donnerstag, kurz vor dem Mittag, die Kita-Leiterin ruft an, komm sofort, er ist hingefallen, blutet stark.
Sieben Minuten später in der Kita: Der Zweieinhalbjährige liegt im Badezimmer auf dem Boden, viel Blut, drei Betreuerinnen knien neben ihm. Er sagt: «Mama» und will sich aufrichten, wir halten ihn zurück, weil wir nicht wissen, ob er gleich zusammenklappt.
Mit den ÖV ins Krankenhaus (Taxi geht ohne Kindersitz nicht), ewig warten, schliesslich wird er genäht und schreit: «Aua! Aua! Mama! Papa! Nein, aufhören, das tut weh, ich will nach Hause.» Wir halten ihn fest und gleichzeitig nur mühsam unsere Tränen zurück.
Mein Mann sagt nachher: «Ich glaub, ich bin noch nicht bereit, Vater zu sein.» Mir läuft der Schweiss in kleinen Bächen über den Rücken, ich zittere, mir tut alles weh. Als wäre ich selbst hingefallen.
Zwei Narben bleiben zurück
Genau das wünschte ich mir in diesem Moment am meisten. Meinem Sohn sein Leiden abnehmen zu können. Wäre es möglich gewesen, hätte ich mich an seiner Stelle auf den Schragen gelegt und ohne Betäubung 20 Stiche hingenommen. Vierzig, hätte es denn sein müssen. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie sich Eltern fühlen, deren Kind lebensgefährlich verletzt oder schwer krank ist. Nein, eigentlich kann ich es mir gar nicht vorstellen.
Das Loch im Kopf meines Sohnes wächst wieder zusammen, es bleiben zwei Narben zurück. Eine auf der Stirn meines Sohnes, eine auf meinem Mutterherz.
Seit dem Zwischenfall würde ich ihn am liebsten in mehrere Schichten Luftpolsterfolie einwickeln und seinen Kopf in einen Eishockeyhelm stecken, Zahnschutz inklusive, 24 Stunden am Tag. Ich möchte ihn vor jedem Sturz, jeder heissen Pfanne und jedem eingeklemmten Finger beschützen. Aber auch vor jeder Enttäuschung und Ablehnung, vor jedem Liebeskummer, überhaupt vor jedem einzelnen Scheisstag. Ich will, dass es ihm immer gutgeht.
Und weiss ganz genau, dass das unmöglich ist. Er wird noch so manches Mal auf die Schnauze fallen, im doppelten Sinne. Und das ist gut so. Er soll all diese Erfahrungen machen dürfen, daran wachsen, lernen und zu einem starken, selbstbewussten Menschen werden.
Loslassen und vertrauen
Und ich muss loslassen. Und vertrauen. Nicht nur in Bezug auf meinen Sohn, sondern generell. Die vermeintliche Kontrolle, an die wir uns so gern klammern, die uns Sicherheit gibt: nichts als Illusion. Am Ende haben wir nicht in der Hand, was auf uns zukommen wird. Was wir tatsächlich kontrollieren können, ist ein Bruchteil von dem, was das Leben mit uns im Sinn hat.
Dies zu erkennen, tut gut, finde ich. Es ist tröstlich. Darum wiederhole ich dieser Tage mantramässig: Go with the flow. Und versuche vor allem, den Spass, die Freude und das Lachen nicht zu vergessen. Klingt kitschig? Egal, denn es hilft und macht das Leben so viel leichter.
Mein Sohn hat übrigens eine kleine Schwester. Ich überlege mir, sie in einen gepanzerten Strampler zu stecken. Sicher ist sicher.
Zur Autorin: Michelle de Oliveira ist Journalistin, Social-Media-Redaktorin, Mutter, Yogalehrerin und immer auf der Suche nach Balance – nicht nur auf der Yogamatte. Sie lebt mit ihrer Familie in Zürich. www.yogamichelle.ch
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Das sind die zwölf verrücktesten Pflanzen der Welt
Tödliches Gift: Der Wunderbaum (Ricinus communis) gilt mit seinen Früchten als giftigste Pflanze auf der Erde. Das Endosperm der Samen ist stark giftig, da es das toxische Eiweiss Rizin enthält. Rizin ist eines der potentesten natürlich vorkommenden Gifte überhaupt. Der Tod tritt unbehandelt durch Kreislaufversagen etwa 48 Stunden nach der Vergiftung ein. Der Wunderbaum ist in Ost- und Westafrika beheimatet, wird
Bild: iStock
Gross, grösser, am grössten: Der Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) im Westen der USA ist das massivste beziehungsweise voluminöseste bekannte Lebewesen der Welt. Der immergrüne Baum kann bis zu 95 Meter hoch und einen Stammdurchmesser von 17 Meter haben.
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Kletternder Parasit: Mit einem Durchmesser von über einem Meter bildet die Riesenrafflesie (Rafflesia amoldi) die grösste Einzelblüte. Allerdings existiert die gigantische Blüte der Kletterpflanze nur wenige Tage, dann zerfällt das rote, nach Aas riechende Organ. Zurück bleibt ein Haufen schwarzen Schleims.
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Blüte mit Heizung: Naht die Blütezeit, macht die Titanwurz eine erstaunliche Verwandlung durch: Bis zu zehn Zentimeter am Tag schiesst ihr gigantischer Blütenstand nach oben. Und um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt das Fortpflanzungsorgan einen Aasgeruch und heizt sich auf 36 Grad Celsius auf.
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Königin der Anden: Die Riesenbromelie (Puya raimondii) ist die weltweit grösste Bromelie, mit mehr als zehn Metern Höhe. Sie hat auch eine der grössten Blütenstände aller Pflanzen und ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die in den Anden in Peru und Bolivien beheimatet ist.
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Ganz schön alt: Der Riesen-Eukalyptus (Eucalyptus regnans) wächst als immergrüner Baum, der ein Alter von etwa 400 Jahren erreichen kann. An bevorzugten Standorten kann er Wuchshöhen von 65 Metern in 50 Jahren erreichen. Er gilt als der höchste Laubbaum der Welt, möglicherweise sogar als der höchste Baum überhaupt. Bei einem 1872 gefällten Exemplar wurden 132 Meter an Höhe gemessen.
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Königlich stark: De Riesenseerose Victoria ist wohl eine der eindrucksvollsten Pflanzen auf dem blauen Planeten überhaupt. Mit bis zu drei Metern hat sie den grössten Blattdurchmesser. 1840 entdeckt vom Botaniker Richard Schomburgh, wurde sie benannt nach Queen Victoria. Viele Botanische Gärten bauten in der Folge eigene Victoria Häuser.
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Gefiederte Blätter: Die Raphia-Palme ist vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Ihre Blätter gelten mit bis zu 25 Meter Länge als die grössten im Pflanzenreich. Sie sind nicht nur sehr gross, sondern auch gefiedert und bleiben nach dem Absterben an der Pflanze.
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Schweres Früchten: Der Jackfruchtbaum (Artocarpus heterophyllus) ist in Indien beheimatet. Er bekommt, wenn man von Zuchterfolgen wie Riesenkürbisse und dergleichen einmal absieht, die schwersten Früchte. Sie können mehr als 30 Kilogramm wiegen.
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Über 4000 Jahre alt: Im Patriarch Grove in den White Mountains in Kalifornien stehen 17 Exemplare der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva), die über 4000 Jahre alt sind. Ein Baum, dessen Alter von 4700 Jahren durch Auszählung der Jahresringe in einem kleinen Bohrkern bestimmt wurde, trägt den Namen «Methuselah». (Archivbild)
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Fast 10'000 Jahre alt: Über die älteste individuellen Lebewesen wird, je nach Definition, gestritten. Aber eine Pflanze ist es auf jeden Fall: Eine Gemeine Fichte (Picea abies) in Schweden, deren Stamm viel jünger ist, konkurriert mit den Langlebigen Kiefern. Sie geht aus Wurzelwerk hervor, das seit etwa 9600 Jahren existieren soll.
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Affen-Gesicht: Wer die Dracula simia ansieht, wundert sich wahrscheinlich nicht, warum sie den Beinamen Affen-Orchidee trägt. Viel Fantasie um das Gesicht eines Primaten zu erkennen, braucht es nicht. Die Pflanze wächst in 300 bis 600 Meter Höhe in Peru und Ecuador und duftet nach Orange.
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Klein, aber hübsch: Die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza) gilt als kleinste Blütenpflanze über- überhaupt. Ihre Blüten sind für das menschliche Auge unsichtbar. Der Pflanzenkörper selbst ist maximal 1,5 Millimeter lang. Und übrigens: Sie ist als Aronstabgewächs mit der Titanwurz recht eng verwandt.
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