Die KolumneSing Hallelujah! Die Stars von früher werden älter - und ich mit ihnen
Kerstin Degen
16.9.2018
Madonna, DJ Bobo oder Die Fantastischen Vier; die Chartstürmer der 90er-Jahre feiern dieses Jahr ihren 50. oder gar 60. Geburtstag. Während manch einer noch immer die Showbühne rockt, wird mir langsam bewusst, dass auch ich nicht mehr zu den Mittzwanzigern gehöre.
Aufgehört zu zählen habe ich vor 14 Jahren. Nicht etwa im verzweifelten Versuch, mein Alter zu verstecken (damals stand ich schliesslich mitten im Leben!). Nein, ein anderes kleines Wesen hat sich meinen Geburtstag geklaut. Denn pünktlich zu meinem Jubeltag erblickte die Tochter meiner Schwester das Licht der Welt, das schicke Essen und der edle Tropfen wurden fortan von Schokokuchen mit Himbeersirup verdrängt und die Anzahl Kerzen auf der Torte fingen wieder von Vorne an.
An meinem Dreissigsten, besagtes Patenkind zählte nun schon sechs Jahre, eroberte ich mir mein Geburtstagsfest zurück und liess es nochmals richtig krachen. Für ein ganzes Jahr hatte mich die Zeitrechnung wieder: 3, 0, auf diese Zahl haben wir schliesslich alle hin gefiebert und sei es nur der Feier wegen.
Doch pünktlich zum 31. erblickte der nächste Geburtstagsdieb das Licht der Welt, diesmal in Form meiner eigenen Tochter, der ich dafür nicht ein Milisekündchen böse sein könnte. Und wieder zierten die Geburtstagstorte eine rückläufige Anzahl Kerzen. Ein aussergewöhnlicher Tag für meine Familie, den wir einmal, zweimal, dreimal oder gleich als Trio feiern und dank all der Feierlichkeiten entgeht mir häufig, dass auch ich jeweils ein Jahr älter werde.
Bis vor ein paar Tagen, als mir ein winziger Hinweis in der sonntäglichen Zeitungslektüre schlagartig die Augen öffnete: «Dr. Alban feiert heute seinen 61. Geburtstag. Sing Hallelujah!» So stand es dort schwarz auf weiss.
61? Aber Moment, wenn der Chartstürmer meiner Teenie-Jahre 61 Lenze zählt, dann zähle ich… kurzes Grübeln, dann die Erkenntnis: Vorbei ist's mit der jugendlichen Frische, auch ich bin jetzt definitiv in die Jahre gekommen.
«Happy people come on»
Wer ist Dr. Alban, fragen Sie sich? Das kann nur heissen, Sie sind entweder zu jung, um meine Gefühle nachvollziehen zu können, alt genug, als dass die 1990er-Jahre Eurodance-Welle Sie beeinflusst hätte oder aber Sie hatten schon als Teenie einen überaus guten Musikgeschmack und haben sich dem Eurodance bewusst entzogen.
Ich für meinen Teil fand die synthetischen Klänge mit weiblichem Singsang damals das Nonplusultra, zumindest, wann immer ich das Tanzbein schwingen wollte. Und damit war ich im Übrigen nicht allein, immerhin auf Platz 8 der Schweizer Jahreshitparade brachte es der schwedisch-nigerianische Zahnarzt mit seinem Chart-Hit Sing Hallelujah anno 1993!
Zur Erinnerung ein Auszug aus dem Original-Videoclip (man beachte die Outfits):
Das Älterwerden hat für mich übrigens keinen faden Beigeschmack, graues Haar habe ich (noch) nicht und wahrscheinlich bin ich fitter, als mein 20-jähriges Selbst, zumindest nach acht Stunden Schlaf...
Folglich werde ich zu meinem 40. nächstes Jahr auch wieder ausgiebig feiern und weiss dann zumindest für ein Jahr lang, wie viele Lenze ich auf dem Buckel habe.
Und für alle Kritiker des guten Geschmacks: Die Fantastischen Vier finde ich immer noch toll, ansonsten hat sich mein Musikgeschmack seit den 1990ern aber deutlich weiterentwickelt.
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