Kolumne Autonomes Autofahren – darum droht Übelkeit

Von Herbie Schmid

11.10.2019

Unwohlsein trifft Reisende vor allem dann, wenn sie im Auto anderen Beschäftigungen nachgehen, als den Strassenverlauf zu beobachten.
Unwohlsein trifft Reisende vor allem dann, wenn sie im Auto anderen Beschäftigungen nachgehen, als den Strassenverlauf zu beobachten.
Bild: iStock

Unwohlsein im Auto ist kein neues Phänomen. Die schlechte Nachricht: Mit zunehmender Automatisierung des Fahrens rückt das Thema stärker in den Fokus. Die gute Nachricht: Vielleicht gibt es jetzt Abhilfe.

«Papi, mir ist schlecht». Wer Kinder hat, die noch klein genug sind, um im Auto auf der Rückbank zu sitzen – mit Kindersitz oder Booster, wie es sich gehört – der kennt dieses Klagen auf der flotten Passfahrt. Ein bisschen Fahrspass darf doch auch für den Familienvater mal sein, aber Reisekrankheit kommt bei denen, die nicht selbst am Lenkrad drehen, vor.

Was aber, wenn erst einmal die selbstfahrenden Autos kommen?

Angedroht, pardon, angekündigt sind sie ja bereits, und wenn das autonome Fahren einmal zur Norm wird, dann ist auch für erwachsene Passagiere – denn Passagiere sitzen dann auf allen Plätzen im Auto – Übelkeit denkbar.



Neulich erst habe ich in Frankreich wieder einmal in einem solchen Prototypen gesessen, und das Hauptproblem war auf der Fahrt, dass ich nicht wusste, ob der Wagen an Kreuzungen geradeaus fährt, abbiegt oder stoppt. Das geht auch auf die Halsmuskulatur.

Der britische Autokonzern Jaguar Land Rover hat sich intensiv Gedanken gemacht, wie sich die «Motion Sickness» denn verhindern liesse, und das auch bei Autos mit menschlichem Chauffeur.

Keine Kosten und Mühen gescheut

Die Ingenieure haben keine Kosten und Mühen gescheut und sich ein paar simpel tönende, wenngleich technisch aufwendige Details ausgedacht. So soll das aktive Fahrwerk dafür sorgen, dass kleinste Karosseriebewegungen eliminiert werden, indem das System alle zehn Millisekunden die Dämpfereinstellung verändert.



Touchscreens und Smartphone-Halterungen werden im Armaturenträger um zehn Zentimeter höher positioniert, was die Übelkeit um 40 Prozent verringern soll, weil man nicht immer nach unten schauen muss. Weniger aufwendig sind drei Empfehlungen der Briten:

Sitzhöhe nach oben, damit man mehr von der Landschaft sieht, Innenraumtemperatur auf Kühl, Navigationsstimme einschalten – fertig.

Ach ja, und beim autonomen Fahrzeug genügt ein simpler Trick – ebenfalls aus dem Navi, wie verschiedene Autobauer herausgefunden haben. Die Stimme kündigt einfach das nächste Manöver um ein paar Sekunden vorher an. Simpel aber wirksam.

An dieser Stelle gibt es an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne –abwechselnd zu den Themen Mode, Essen, Digitales Leben und Mutter. Heute: Digitales Leben.

Zum Autor: Herbie Schmidt (58) ist Journalist, leitet bei der NZZ den Bereich Mobilität und treibt sich privat auch noch auf Rennstrecken herum. In beiden Fällen meist am Steuer sitzend. Benzin im Blut hat er nach 6 Jahren beim Sauber-F1-Team und 14 Jahren als Autojournalist ohnehin.

Die Bilder des Tages
Zurück zur Startseite