Kolumne Elektroauto – irgendwie Verhöhnung

Herbie Schmidt

22.3.2019

Ladesäulen sind rar – selbst am Autosalon Genf.
Ladesäulen sind rar – selbst am Autosalon Genf.
Bild: Keystone

Nicht weniger als 22 Weltpremieren von batterie-elektrisch angetriebenen Fahrzeugen waren am Autosalon Genf am Start. Doch keines lässt sich sofort kaufen. Und Ladesäulen? Wo?

Da stimmt was nicht. Gerade ist der Autosalon Genf zu Ende gegangen, und Elektroautos waren fast an jedem Stand zu finden. Nicht weniger als 22 Weltpremieren von batterie-elektrisch angetriebenen Fahrzeugen waren am Start. Kaufen aber kann man mit dem Peugeot e-208 nur eines davon. Allerdings auch erst ab Sommer.

Theorie und Praxis klaffen weit auseinander. Viele Autohersteller verwenden gefühlt ihr gesamtes Kommunikationsbudget dafür, sich als grüne und umweltbewusste Marke darzustellen, mit jeder Menge hybrider oder ganz elektrischer Gefährte, davon nicht wenige sogar sehr ansehnlich. Egal, ob Supersportwagen mit Batterie und vierstelliger PS-Leistung oder Kleinstauto für die Grossstadt, allerlei ist am Start.

Oder eben doch nicht. Denn was nützt es denn, wenn im Genfer Palexpo überall Stromautos und Ladesäulen stehen, wenn nichts davon heute gekauft werden kann. Der CO2-Bilanz nützt es bestimmt nicht. Noch nicht.

Gar verhöhnt dürften sich die sogenannten «Early Adopters» fühlen, die schon vor Monaten oder sogar Jahren ein Elektroauto gekauft haben. In der Schweiz waren zuletzt 2,7 Prozent aller Neuzulassungen vollelektrische Fahrzeuge. Und bestimmt waren die Fahrer von E-Autos als Besucher am Genfer Salon genauso willkommen wie die mit den fetten Verbrennern. Schliesslich waren gegen 700'000 Besucher erwartet worden, und dazu soll in Zeiten des Messe-Sterbens jede noch so kleine Zielgruppe beitragen.

Die Tesla-Fahrer sind in der Regel bestens gewappnet, denn jene finden problemlos einen Supercharger in der Nähe des Salongeländes. Wer sich aber mit seinem Renault Zoe, Nissan Leaf, VW e-Golf aufmachte, in Genf die neuesten Stromer und dazu passende Ladesäulen zu besichtigen, fand zwar vielleicht einen Parkplatz für seinen Stromer – und ums Palexpo gab es wochentags mehr als 55'000 Plätze, am Wochenende gar 100'000. Ladesäulen aber waren rar.

Wer Glück hatte, fand eine. Im P12. Ganze vier Stück waren es. In den Messehallen waren es mehr, nur für Besucher mit ihren Elektroautos leider nicht nutzbar. Das kann doch wohl nicht sein.

Hier gibt es an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne – abwechselnd zu den Themen Mode, Digitales Leben, Essen und Muttersein. Heute: Digitales Leben.

Herbie Schmidt, 57, leitet bei der NZZ den Bereich Mobilität und treibt sich privat auch noch auf Rennstrecken herum – meist am Steuer sitzend. In seiner Vita stehen sechs Jahre beim Sauber-F1-Team und 13 Jahre als Autojournalist.

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