Kolumne Rasen? Können Sie dann vergessen

Von Herbert Schmidt

6.9.2019

Versicherungen bieten neuerdings Prämien nur für gefahrene Kilometer – auch Tesla will demnächst ein solches Modell anbieten.
Versicherungen bieten neuerdings Prämien nur für gefahrene Kilometer – auch Tesla will demnächst ein solches Modell anbieten.
Bild: Getty Images

Neue Versicherungen bieten Prämien nur für gefahrene Kilometer an: Der Haken: Die Fahrten werden selbstverständlich überwacht. Doch seien Sie ehrlich: Das lassen Sie doch ohnhin in jeder Sekunde zu. 

Eigentlich absurd. Da bezahlt man eine Versicherungsprämie fürs eigene Auto, damit die Kosten bei Unfällen oder anderen Schäden gedeckt sind.

Und doch bleibt der Wagen oft in der Garage oder auf dem Parkplatz stehen – und die Kosten für die Versicherung laufen weiter. 

Jetzt aber gibt es Abhilfe, denn neue Versicherungen erlauben Prämien nur für gefahrene Kilometer. Tesla hat ein solches Versicherungsmodell angekündigt, und in der Schweiz gibt es mit Dextra und Kasko2go gleich zwei Anbieter für eine kilometerabhängige Autoversicherung.

Blackbox ade

Der Haken: Die Fahrten werden selbstverständlich überwacht, mit GPS, Adapter und anderen vernetzten Lösungen. Bisher gab es nur die Blackbox an Bord, die etwa von der Allianz angeboten wurde, um besonders vorbildliches Fahrverhalten durch Prämienrabatte zu belohnen, doch hat sich der Anbieter Ende 2018 davon verabschiedet, weil die Nachfrage nach dem Grossen Bruder an Bord zu gering war.



Bei Kasko2go aber läuft es genauso, und den Crash Recorder braucht es gar nicht mehr. Der Big Brother sitzt ohnehin längst im Handy, denn wer die passende App herunterlädt, kann laut Anbieter mithilfe künstlicher Intelligenz und den mobilen Telematikdaten des Smartphones eine individuelle Risikobewertung durchführen, die je nach Fahrverhalten Prämienrabatte von bis zu 50 Prozent ausspuckt.

Längst ausgeliefert

Totale Überwachung also, aber warum regen wir uns darüber auf? Wer ein Smartphone hat, noch besser, bei den Sozialen Medien aktiv ist, hat sich längst ausgeliefert. Da kann man doch auch noch ein paar Franken sparen. Aber mit dem Auto rasen oder so, das geht dann nicht mehr.

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Derzeit fahren nicht einmal 3 Prozent der neu zugelassenen Autos in der Schweiz mit einem Elektroantrieb. Doch schon 2022 sollen es 15 Prozent sein. Mit dem Tesla 3 schaffte es im März 2019 erstmals ein E-Auto, sich an die Spitze der neuzugelassenen Fahrzeuge zu setzen. Beginnt jetzt der Boom?

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Der Schritt zur kompletten Versicherungsindividualisierung ist dann aber auch nicht mehr weit. Vorstellbar wäre etwa, dass man morgens ins Auto steigt und sich vom System nach Angabe des Fahrziels drei Angebote für eine Versicherung der Fahrt machen lässt. Klick, Angebot ausgewählt, es kann losgehen. Aber wehe, man weicht vom Ziel ab.

An jedem Freitagmorgen gibt es hier eine Autoren-Kolumne – abwechselnd zu den Themen Mode, Digitales Leben, Essen und Muttersein. Heute: Digitales Leben.

Zur Person: Herbie Schmidt, 57, leitet bei der NZZ den Bereich Mobilität und treibt sich privat auch noch auf Rennstrecken herum – meist am Steuer sitzend. In seiner Vita stehen sechs Jahre beim Sauber-F1-Team und 13 Jahre als Autojournalist.

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