Kolumne am Mittag Vergesst Dr. No – das hier ist der perfekte Bond-Bösewicht

Von Gil Bieler

31.1.2020

Seinen Platz im EU-Parlament hat Nigel Farage mittlerweile geräumt.
Seinen Platz im EU-Parlament hat Nigel Farage mittlerweile geräumt.
Bild: Keystone

Wäre das Leben ein James-Bond-Film, Nigel Farage wäre der gerissene Bösewicht. Mit einem Unterschied: Keiner konnte Mr. Brexit stoppen, sein Plan wird heute Realität. Kein Wunder, plant Farage schon die Fortsetzung.

Moment einmal: Muss man mit Nigel Farage etwa Mitleid haben? Er werde es vermissen, die Rolle des «schlimmen Bösewichts» zu spielen, sagte der 55-Jährige beim Abschied aus dem so innig verhassten EU-Parlament. Was natürlich ironisch gemeint war, aber vielleicht schwingt ja tatsächlich etwas Wehmut mit. Immerhin ist der Rechtspopulist aus der südenglischen Grafschaft Kent nun am Ziel seiner Träume angelangt. Kommt da etwa schon eine grosse innere Leere auf?

In einem Punkt hat er ja recht: Wäre die europäische Politik ein James-Bond-Film, Nigel Farage wäre der gerissene Schurke. Der Brexit ist sein Baby: Er war es, der mit der Ukip-Partei den damaligen Premier David Cameron zu einem Referendum gedrängt hat. Er war es, der als oberster Scharfmacher die Stimmung im Land angeheizt, zur Vergiftung des Klimas beigetragen hat. Und als die Briten 2016 mit 52 Prozent Ja gesagt haben zum EU-Austritt, da war er es, der die perfide «Kä Luscht»-Phase seines Meisterplans zündete.



Das Chaos war angerichtet, sein Werk getan. Er wolle sein Leben zurück, erklärte Farage knapp, und entschwand in die Nacht. Sollten sich doch andere darum kümmern. Im Film zucken Blitze vom Himmel, er lacht diabolisch. Muahahahaaaa!

Das Ungewöhnliche für einen Bond-Film: Kein Geheimagent mit der Lizenz zum Töten konnte diesen Bösewicht aufhalten. Theresa May ging gnadenlos unter, und der neue 007, Boris Johnson, ist längst als Doppelagent entlarvt.

Wer soll ihn stoppen?

Farage war wohl ein übermächtiger Gegner, von nichts und niemandem zu stoppen. Er hat Hodenkrebs überlebt, einen Flugzeugabsturz, wurde von einem Auto angefahren. Dagegen ist ein Abstimmungskampf ja nix.

So kommt es heute zu einem seltsamen Finale: Grossbritannien kehrt der EU Schlag Mitternacht endlich, endlich den Rücken. Und dann … der Abspann? Einfach so, ohne grossen Showdown? Ähem. 



Ah, da bringt sich Mr. Farage nochmals selbst für eine Fortsetzung ins Spiel. Die nun beginnende Abwicklung des EU-Ausstiegs werde er genau beobachten, meint er drohend. Und auch im Ausland überall dort aushelfen, wo Nationalisten Unterstützung brauchten. Die EU, so sein nächstes Ziel, solle «friedlich zusammenbrechen». Möglicher Filmtitel: «Brexit is not enough»!

All das verkündet Nigel Farage mit der Selbstverständlichkeit, mit der ein Filmbösewicht nun einmal seinen Plan enthüllt. Als hoffe er selbst darauf, dass irgendwo da draussen doch noch ein Bond mithört und den epischen Kampf Gut gegen Böse aufnimmt.

Greta, hättest du vielleicht Zeit – respektive: «No Time to die»?

Regelmässig gibt es werktags um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

Galeri: Der neue James-Bond-Film «No Time to die»

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