Liebeserklärung an die Küche«Viele Träume gesponnen und Geheimnisse ausgeplaudert»
Von Michelle de Oliveira
3.3.2024
Die Kolumnistin schwelgt in Erinnerungen an die Küche ihrer ersten eigenen Wohnung. Und merkt: Auch heute noch ist dieser Raum das Herzstück ihres Hauses.
Von Michelle de Oliveira
03.03.2024, 23:36
13.03.2024, 13:57
Michelle de Oliveira
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Vor einige Tagen kam blue News Kolumnistin Michelle de Oliveira ein Bild in die Hände von der Küche ihrer ersten – und bis anhin – einzigen Wohnung, die sie allein bewohnt hat.
Die Küche war das Herz der kleinen Wohnung und gefühlt alle grossen Momente haben sich in diesen wenigen Quadratmetern abgespielt.
«Es wurde gesungen und Luftgitarre gespielt, Geheimnisse wurden ausgeplaudert und neue geschaffen. Träume wurden gesponnen, und manche zerplatzten, bevor der nächste Morgen angebrochen war», schreibt de Oliveira.
Neulich ist mir ein Foto von der Küche meiner ersten und bis anhin einzigen Wohnung, die ich alleine bewohnt habe, in die Hände gekommen. Und mein Herz hat einen Sprung gemacht. Diese Küche!
Sie war das Herz der kleinen 2-Zimmer-Wohnung und gefühlt alle grossen Momente haben sich während dieser Jahre in exakt diesen wenigen Quadratmetern abgespielt.
Nächtelang hab ich zusammen mit Freundinnen und Freunden auf den Stühlen aus dem Brockenhaus verbracht.
Wir haben gelacht, bis die Wände zitterten
Wir haben gelacht, bis die Wände zitterten, Flasche um Flasche geleert und geraucht, bis der Aschenbecher überquoll und wir uns wegen des dichten Rauches auch nicht mehr gesehen hätten, wären wir noch nüchtern gewesen.
Zur Person: Michelle de Oliveira
Michelle de Oliveira ist Journalistin, Yogini, Mutter und immer auf der Suche nach Balance – nicht nur auf der Yogamatte. Ausserdem hat sie ein Faible für alles Spirituelle. In ihrer Kolumne berichtet sie über ihre Erfahrungen mit dem Unfassbaren, aber auch aus ihrem ganz realen Leben mit all seinen Freuden und Herausforderungen. Sie lebt mit ihrer Familie in Portugal.
Es wurde gesungen und Luftgitarre gespielt, Geheimnisse wurden ausgeplaudert und neue geschaffen. Träume wurden gesponnen, und manche zerplatzten, bevor der nächste Morgen angebrochen war.
Ich habe weinend auf dem Boden gesessen und versucht, die Scherben meines gebrochenen Herzens zusammenzufegen, nachdem meine Verliebtheit mit wenigen Worten zerstört wurde.
Die Zeit der wilden WG-Küchen-Partys
Ich habe stundenlang in dieser Küche gesessen und mich gefragt: «Warum?», während einer der wichtigsten Menschen meines Lebens todkrank war.
Ich habe dort oft alles infrage gestellt, aber nie die Tatsache, dass diese Wohnung mein Zuhause war, diese Küche der Ort, in dem alles möglich war und alles so sein durfte, wie es eben gerade war.
Aber nicht nur bei mir zu Hause war die Küche the place to be. Auf WG-Partys war man in der Küche immer gut aufgehoben, nahe der grossen Gefühle und der grossen Gesten, mit denen stets zügig nachgeschenkt wurde.
Wo am lautesten gelacht und die am tiefschürfendsten Gespräche geführt wurden. Die Küche war der Ort, an dem die Party begann und irgendwann mit dem Schlummertrunk zu Ende ging.
Meine geliebte Wohnung habe ich irgendwann verlassen und damit auch die Zeit der wilden WG-Küchen-Partys. Auch wenn sich mein Leben mit zwei kleinen Kindern manchmal wieder anfühlt wie das WG-Leben:
Niemand räumt gerne auf, überall liegen Essensreste und stehen halb leere Gläser herum, und die Nächte sind auch unruhig und zuweilen regelrecht wild – wenn auch in einem ganz anderen Sinne als damals.
Die Küche ist und bleibt ein Treffpunkt
Was auch geblieben ist: der Treffpunkt Küche. Unsere Küche ist winzig. Zu zweit ist es schon eng, mit drei Leuten ist sie voll und wenn wir einkaufen waren, dauert es ziemlich lange, bis wir alle Lebensmittel irgendwie und irgendwo verstauen konnten.
Doch die Küche ist und bleibt ein Treffpunkt, das Herzstück unseres Hauses. Sie ist zwar klein, hat aber ein grosses Fenster, und irgendwie ist es in der Küche immer angenehm warm, ohne heiss zu sein. Oft sitzt eines oder beide Kinder auf der Küchenabdeckung und helfen beim Kochen – oder zumindest beim Vorkosten.
Aber auch Besuchende landen früher oder später in der Küche und bleiben zum Schwatzen, während ich koche, aufräume oder abwasche. Wie damals, oft mit einem Glas Wein oder einem Bier in der Hand.
Gemüse-Schnippeln, Abwaschen und Kindergeschrei
Weil es so eng ist und man sich automatisch ständig im Weg steht, gleicht es dann einem Tanz. Selbstredend in den seltensten Fällen vergleichbar mit den wilden WG-Küchen-Tanz-Partys mit gelegentlichen Akrobatik-Einlagen.
Aber ein gemütliches Miteinander- und Aneinandervorbei-Schunkeln ist es allemal. Und oft finden zwischen Gemüse-Schnippeln, Abwaschen und Kindergeschrei wieder diese ganz tiefschürfenden, nachhallenden Gespräche statt.
Wenn das Zwiebelschneiden nicht der einzige Grund für ein paar verstohlene Tränen ist, wenn man vor Lachen das Wasser aus dem Mund prustet, wenn man nicht nur vom heissen Ofen glühende Wangen bekommt.
Die Küche ist noch immer mein Lieblingsort. Und manchmal sitzt auch heute wieder jemand heulend auf dem Boden. Der Grund ist jedoch seltener Herzschmerz, als vielmehr die pure Verzweiflung über die Mutter, die schon wieder die falsche Pasta-Sorte kocht.
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