Kosenamen«Häsli, muesch du vorem Boarding no bisle?»
Von Michelle de Oliveira
24.9.2023
Die Kolumnistin hat sich nie viele Gedanken zum Thema «Übernamen» gemacht. Bis ihre Tochter danach fragte und sie sich ebenfalls dachte: «Warum nennen wir die Dinge nicht beim wirklichen Namen?»
Bis ihre Tochter sie kürzlich danach fragte und sich die blue News-Kolumnistin fragte: «Warum nennen die Menschen die Dinge nicht beim wirklichen Namen?»
De Oliveira machte eine Umfrage in ihrem Freundeskreis und stellte fest: Bei Übernamen verwenden wir auffällig viele animalische Begriffe.
Neulich fragte mich meine Tochter, warum ich meine Schwester Büsi und meine Freundin Schäbi nenne. Gute Frage, dachte ich. Mir fiel jedoch keine Antwort ein.
Aber ich mag Katzen nicht besonders und Schaben – woher aus unerklärlichen Gründen der Name herkommt – schon gar nicht. Eigenartig also, das mit den Übernamen.
Von Chäferli über Schänggli bis Chäs-Füessli
Eine in der Folge von mir durchgeführte, nicht repräsentative Umfrage innerhalb meiner Familie und unter meinen Freund*innen hat jedoch gezeigt, dass ich mit seltsam anmutenden Kosenamen ganz und gar nicht alleine dastehe.
Zur Autorin: Michelle de Oliveira
Michelle de Oliveira ist Journalistin, Yogini, Mutter und immer auf der Suche nach Balance – nicht nur auf der Yogamatte. Ausserdem hat sie ein Faible für alles Spirituelle. In ihrer Kolumne berichtet sie über ihre Erfahrungen mit dem Unfassbaren, aber auch aus ihrem ganz realen Leben mit all seinen Freuden und Herausforderungen. Sie lebt mit ihrer Familie in Portugal.
Eine kleine, unvollständige Auflistung:
• Mugge und Muggefurz
• Hamster-Geggeli oder einfach auch nur Gagg
• Brünzeli
• Würmli
• Schnäggli
• Chäferli
• Fürzli
• Elefanten-Beinl
• Chäs-Füessli
• Böög
• Bibeli (In diesem Fall bin ich mir nicht sicher, ob das Küken oder der Pickel gemeint ist.)
Es sind auffällig viele animalische Begriffe, gerne gepaart mit verniedlichter Fäkalsprache. Wir wandeln also nicht nur Namen ab und aus «Michael» wird «Michi» und aus «Beatrice» kurz und bündig «Bea». Das wäre zu einfach.
Denn mit einem Kosenamen soll man nicht nur unverwechselbar nach jemandem rufen können, sondern er soll auch Intimität und Exklusivität zeigen: Nur ich nenne dich so.
Ein extravagantes Beispiel gefällig? Der deutsche Dichter Joachim Ringelnatz nannte seine Frau «Muschelkalk».
Mein Mann nennt mich «Honey»
Aber Kosenamen sind mehr als nur herzig oder manchmal auch peinlich: Manche Expert*innen sehen das Verwenden als Zeichen für eine stabile und zufriedene Beziehung.
Ausserdem zeigen Forschungen, dass ab etwa rund fünf Beziehungsjahren – oder wenn Kinder ins Spiel beziehungsweise ins Leben kommen – tendenziell seltener Kosenamen verwendet werden.
Zum Glück nennt mich mein Mann auch nach mehr als fünf Jahren Beziehung und zwei Kindern noch immer fast ausschliesslich «Honey». Das hat sich einfach irgendwann so eingeschlichen, ist aber eigentlich auch lustig, wenn man bedenkt, dass er auf Honig in grösseren Mengen allergisch reagiert.
Und ich bin ja durchaus so etwas wie eine grössere Menge in seinem Leben. Aber eben, Kosenamen sind ja ein gutes Zeichen und tatsächlich zucke ich immer leicht zusammen, wenn er mich ausnahmsweise mit meinem Vornamen anspricht.
Was darauf folgt, ist meist irgendwie sehr offiziell oder unangenehm: Dinge beim Namen nennen, halt.
Warum Büsi? Warum Schäbi?
Kosenamen können aber durchaus auch für lustige Episoden sorgen:
Ich erinnere mich daran, wie ich vor sehr vielen Jahren meinem damaligen Freund, der sehr gross und sehr tätowiert und sehr Heavy-Metal-Fan war, inmitten des Flughafen-Getümmels zugerufen habe: «Häsli, muesch du vorem Boarding no bisle?»
Eines kann man mit Sicherheit sagen: Die Reaktionen der umstehenden Leute waren sehr viel lustiger und unterhaltsamer als die Ferientage, die dann folgten.
Aber warum «Büsi» und «Schäbi» seit langer, langer Zeit «Büsi» und «Schäbi» heissen, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Aber eines weiss ich: Es sind stabile und zufriedene Beziehungen.
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