Sprachpfleger Dessen, deren und derer – die «Unbeugsamen»

Von Mark Salvisberg

3.3.2020

Unbeugsame gibt es auch in der Grammatik. 
Unbeugsame gibt es auch in der Grammatik. 
Bild: iStock

Diese drei Wörtchen können nicht verändert werden. Und sie selber verändern auch nichts. Klingt simpel. Wenn das nur alle wüssten, seufzt der Sprachpfleger.

Die Pronomen der, die und das lauten als Genitiv so: dessen, deren. Beide beziehen sich auf das letztgenannte Substantiv: Der Mann (männlich), dessen Hund entlaufen ist ... Das Velo (sächlich), dessen Besitzer nicht eruiert werden kann ... Die Frau (weiblich), deren E-Bike beschädigt wurde ... Die Kinder (Mehrzahl), deren Pause vorüber war ...

Dann gibt es noch derer (ein anderes Wort für derjenigen), das Pronomen im Genitiv für die Mehrzahl, das ausschliesslich vorausweisend verwendet wird: Mandela war das Feindbild derer, die sich der Apartheid verschrieben hatten.

Allerdings – etwas seltener – wird auch dessen vorausweisend gebraucht: Das war eine Kostprobe dessen, was euch am morgigen Konzert erwartet.

Manchmal steht nach dessen/deren aber ein Adjektiv. Dann scheint das Ganze oft nicht mehr so klar. Prüfen Sie sich gleich selbst!

Vertreter im Genitiv – vier Aufgaben für Sie

Versuchen Sie die Auslassungspunkte durch die korrekte Endung zu ersetzen. Die Lösungen finden Sie weiter unten.

1. Der Glanz des Staatschefs verblasste in dem Masse, wie sich dessen autoritär... Züge offenbarten.

2. Der Staat fungiert als Beschützer des Menschen, unabhängig von dessen religiös... Bekenntnis.

3. Sie stand vor dem Fenster und blickte durch dessen nagelneu… Scheiben.

4. Die Population der Tiere ist wegen deren tief… Reproduktionsrate rückläufig.



Die Lösungen – verblüffend einfach

Der Trick: Um die Endung des Adjektivs zu bestimmen, lassen Sie dessen beziehungsweise deren einfach ausser Acht, denn diese haben keinen Einfluss. Der Fall wird durch die Präposition beziehungsweise das Verb bestimmt:

1. «… wie sich (dessen) autoritäre Züge offenbarten» (Wer oder was offenbarte sich? Nominativ)

2. «… unabhängig von (dessen) religiösem Bekenntnis» (unabhängig von wem? Dativ)

3. «… und blickte durch (dessen) nagelneue Scheiben» (Durch wen blickte sie? Akkusativ)

4. «… wegen (deren) tiefer Reproduktionsrate» (Weswegen? Genitiv)



Kleine Missverständnisse bleiben

Es kamen Petra, Lena und deren Freund. Nebenbei gefragt: Wessen Freund? Normalerweise ist die zuletzt genannte Person gemeint, also Lena. Fehldeutungen sind hier aber möglich, weil deren sowohl fürs Weibliche wie auch für die Mehrzahl gilt. Es könnte somit auch ein guter Freund von beiden sein. Der Kontext wird es weisen ...

Alles, was recht ist, aber ... «derem»?

Nun wissen Sie: Solche Wörter sind sprachlicher Unfug: «Sie hatte keine Freude an den Politikern und derem Schaffen.» «Derem» und «dessem» existieren nicht. Dessen/deren bleiben ungebeugt; dieser Tatsache müssen sich auch kreative Spassgrammatiker beugen.

Zur Person: Mark Salvisberg war unter anderem als Werbetexter unterwegs. Der Absolvent der Korrektorenschmiede PBS überarbeitet heute
täglich journalistische Texte bei einer grösseren Tageszeitung.

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