Kolumne Dopamin-Fasten – echt auf praktisch alles verzichten, was Freude macht

Von Marianne Siegenthaler

24.2.2020

Dopamin-Fasten: Nur ja keine Reize aufnehmen! (Symbolbild)
Dopamin-Fasten: Nur ja keine Reize aufnehmen! (Symbolbild)
Bild: Getty Images

Die Unternehmer im Silicon Valley entsäubern ihr Gehirn derzeit auf ganz spezielle, geradezu unfassbare Weise. Nützt Dopamin-Fasten wirklich – oder ist's bloss Humbug?

Einfach so sein, wie man ist, reicht in Zeiten des Selbstoptimierungswahns offenbar nicht aus.

Während die einen ständig an sich arbeiten, verdienen andere richtig viel Geld damit: Fitness-Coaches, Wellness-Trainer, Achtsamkeitskursleiter, Schönheitschirurgen, Fasten-Hotels und so weiter.

Und die Buchhandlungen sind voll mit Ratgebern, die mehr Glück und Erfolg im Leben versprechen. Und trägt nicht alle Welt rund um die Uhr einen Fitnesstracker?

Glück durch Unglück?

Damit nicht genug – gerade schwappt eine neue Optimierungsmethode aus den USA zu uns nach Europa herüber: das Dopamin-Fasten.

Jetzt aber nicht zu früh freuen: Dünn wird man damit nicht. Dafür richtig unglücklich. Jedenfalls zu Beginn. Denn es geht darum, das Glückshormon Dopamin herunterzufahren. Das soll das ständig überreizte Hirn resetten, sodass es nach einer gewissen Zeit wieder richtige Glücksmomente erleben kann.

Bloss keinen Spass

Wie das geht? Ganz einfach: Man verzichtet auf praktisch alles, was Freude macht. Und das gilt nicht nur für feines Essen und Trinken, Handy, Instagram, TV, Lektüre und Musik. Nein, auch Gespräche, Körper- oder auch nur Augenkontakt sind tabu. Und natürlich Sex.



Und das nicht nur für 24 Stunden, sondern idealerweise ein paar Tage lang. Wichtig ist, dass man sich alles, wirklich alles verkneift, was einem Spass macht. Und so wird angeblich das Glückshormon Dopamin nicht aktiv. Darum auch der Name Dopamin-Fasten.

Effekt nicht bewiesen

Der Erfinder dieser Gehirn-Entrümpelungs-Methode ist der Psychologieprofessor Dr. Cameron Sepah von der Universität in San Francisco. Erste begeisterte Anhänger sind Jungunternehmer aus dem Silicon Valley.

Ja genau. Das sind die, die ihrer Kreativität mit Mini-Dosen LSD auf die Sprünge helfen wollen. Ob es da einen Zusammenhang gibt?

Ich behaupte jedenfalls: Auf eine derart absurde Glücksoptimierungs-Methode können wir nun wirklich verzichten. Zumal es nicht mal klar ist, ob das etwas bringt. Joshua Berke, Professor für Neurologie und Psychiatrie an der University of California, sagt, dass es keinerlei Beweise dafür gibt, dass das funktioniert.

Aber eine gute Seite hat dieses Gehirn-Resetting-Dings doch noch: Es ist die perfekte Ausrede, wenn man einfach einmal seine Ruhe haben will. «Sorry, gäll, aber ich kann nicht, ich bin grad am Dopamin-Fasten.»

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