Leben mit dem Virus VII Armando Braswell: «Manchmal fühle ich mich wie im Himmel»

Aufgezeichnet von Sulamith Ehrensperger

12.4.2020

Im Höhenflug ausgebremst, Armando Braswell ist Tanzlehrer in Basel. Das Foto stammt aus der Zeit als Solotänzer des Theater Basel.
Im Höhenflug ausgebremst, Armando Braswell ist Tanzlehrer in Basel. Das Foto stammt aus der Zeit als Solotänzer des Theater Basel.
Bild: Ida Zenna

Das Coronavirus zwingt allen einen neuen Alltag auf. Doch wie fühlt es sich an, dieses neue Leben? «Bluewin» lässt in einer Serie eine Woche lang jeden Tag jemanden davon erzählen. Heute der Tänzer Armando Braswell.

«Ich bin ein Tänzer und Tanzlehrer aus New York City und habe in meinem Leben schon einige grosse Hürden übersprungen. Dank meiner Tanzkarriere habe ich es als Jugendlicher aus der Armut geschafft. Nun ist der Bühnentanz in der Krise. Alle Tanzorte sind geschlossen, auch meine Tanzschule hier in Basel. Dabei war ich gerade im Höhenflug.

Zur Person
Flavia Schaub

Armando Braswell stammt aus New York City. Dank seiner Tanzkarriere hat er es aus der Armut geschafft. Er war unter anderem Solotänzer des Ballett Basel und heute Inhaber des «Braswell Arts Center» in Basel.

In meinem Leben habe ich immer von etwas Grossem geträumt. Jeden Rappen meiner Tänzerkarriere habe ich ins «Braswell Arts Center» gesteckt – eine Tanzschule, die auch gesellschaftlich benachteiligten Kindern und Jugendlichen Zugang zu Tanz und Kunst ermöglichen soll.

Ich, der Mann, der kaum stillsitzen kann, mein Leben lang ständig auf Achse bin, bin jetzt ans Homeoffice gebunden. Meine Trainings biete ich nun als Livestream an. Unser Pianist ist live aus Italien zugeschaltet. Und es funktioniert – in New York, England, Österreich und aus der Schweiz tanzen Leute mit.

Eine Tanzschule für alle: Angefangen hat Armando Braswell mit ein paar wenigen Schülern, heute sind es über 300, die im «Braswell Arts Center» tanzen. 
Eine Tanzschule für alle: Angefangen hat Armando Braswell mit ein paar wenigen Schülern, heute sind es über 300, die im «Braswell Arts Center» tanzen. 
Bild: Jubal Battisti

Verdienen tue ich dabei nichts. Die Miete für die Ballettschule muss ich trotzdem bezahlen, später dann auch die Corona-Unterstützungsgelder. Aber es ist nicht die Zeit einzunehmen, sondern ehrlich zu sein. Ich möchte die Leute da draussen mit Tanz erreichen, ihnen über die schwierigen Momente helfen. Ich habe immer wieder erlebt, wie mir Menschen geholfen haben. Davon möchte ich etwas zurückgeben.

Bis vor Kurzem war ich Solotänzer des Theater Basel. Der Tanz leidet unter dem Stillstand besonders – keine Vorstellungen, kein Publikum, keine Proben. Corona ist auch eine persönliche Krise für jeden Tänzer. Plötzlich müssen wir uns fragen: Was mache ich? Wer bin ich eigentlich? Doch glaube ich, dass gerade Kunst in schwierigen Zeiten unterstützen kann.

Ich bin auch Ehemann und Vater zweier Jungs – sie sind sieben und zehn Jahre alt. Mit meiner Familie verbringe ich jetzt die Tage zu Hause. Ich muss mich mit Hausarbeit und Hausaufgaben der Buben herumschlagen. Bei Mathe geht es ja noch, aber mit den Sprachen habe ich so meine Mühe. Trotzdem geniesse ich es, mit meiner Familie zu sein. Manchmal fühle ich mich wie im Himmel. Doch traue ich mich fast nicht, das jemandem zu erzählen.»

Serie zum Thema «Leben mit dem Virus»

Wie tickt die Schweiz in Zeiten von Corona? Eine Woche lang lässt «Bluewin» in einer Artikelserie jeden Tag eine andere Person von ihrem neuen Alltag erzählen. Die Porträtierten haben dabei gänzlich unterschiedliche Berufe, so ergibt sich ein vielschichtiger Blick in unterschiedliche Leben.

Ein eierlegender Hase und weitere Bunny-Fakten

Zurück zur Startseite