NachimpfenKinderkrankheiten: Darum sollten sich Erwachsene davor in Acht nehmen
dpa/kd
6.9.2018
Der Husten ist verdächtig heftig, die Haut übersät mit roten Punkten: Die Symptome deuten auf eine klassische Kinderkrankheit – aber der Patient ist längst erwachsen. Das ist kein Widerspruch. Auch Erwachsene können sich mit Masern, Mumps und Röteln anstecken.
Die Masern eliminieren, so lautet das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO und damit auch der Schweiz. Zwei Dosen einer MMR-Impfung (Masern, Mumps, Röteln) schützen ein Leben lang; rund 87 Prozent aller Zweijährigen in der Schweiz haben diese beiden Impfungen erhalten (Stand 2014-2016, Bundesamt für Statistik).
Dennoch wurden in der Schweiz im letzten Winter wieder vielerorts Masern-Erkrankungen registriert. Woran liegt es?
Impfschutz nicht ausreichend
Häufig werden stark eingedämmte Infektionskrankheiten von Auslandreisen mitgebracht. Kommen die erkrankten Personen dann mit weiteren, nicht geimpften Menschen in Kontakt, können sich die Viren rasant ausbreiten.
Dabei sind es nicht wie vermutet die Impfgegner und deren Nachkommen, die das grösste Risiko darstellen. Viel grösser ist die Anzahl Erwachsener, die nicht über einen ausreichenden Impfschutz verfügt. Denn noch vor einigen Jahren wurde weitaus zurückhaltender geimpft.
Infektiöse Kinderkrankheiten bei Erwachsenen kommen daher immer wieder vor. Mehr als ein Drittel der 2017 gemeldeten Keuchhusten- und Masernfälle in Deutschland betrafen Erwachsene, so eine Sprecherin des in Berlin ansässigen Robert Koch-Instituts.
Erwachsene reagieren heftiger
Während Kinder Masern, Mumps und Co. besser wegstecken, verlaufen die Krankheiten bei Erwachsenen häufig mit mehr Komplikationen. Die Medizin geht davon aus, dass das Immunsystem eines Erwachsenen viel heftiger auf eine solche Infektion reagiert, weil es stärker ist als das eines Kindes.
Zwar würden Erwachsene mit den sogenannten Kinderkrankheiten meist gut fertig, sie fühlen sich aber sehr viel kränker und schlechter. Ähnlich die infektiöse Mononukleose, besser bekannt als Pfeiffersches Drüsenfieber. Kinder in den ersten zehn Lebensjahren merken davon kaum etwas, aber Erwachsene fallen häufig über mehrere Wochen komplett aus.
Jeder sollte sich der möglichen Komplikationen einer Kinderkrankheit bewusst sein. Lungen- oder Gehirnentzündungen in Folge einer Masern-Erkrankung können noch immer schwerwiegende Folgen haben und im Extremfall zum Tod führen. Tritt Mumps nach der Pubertät auf, kann dies bei Männern zur Sterilität führen, Röteln in einer Schwangerschaft gefährden das ungeborene Kind.
Impfausweis kontrollieren
Es lohnt sich also, für Teenager und Erwachsene, ihren Impfausweis zu überprüfen. Denn Nachholimpfungen sind in den meisten Fällen jederzeit möglich. Wer auf Nummer sicher gehen will, vergleicht seinen Impfpass mit dem aktuellen Impfplan Schweiz 2018, und wendet sich im Zweifelsfall an seinen Hausarzt.
Allerdings sind nicht gegen alle Kinderkrankheiten Impfungen möglich – gegen Scharlach zum Beispiel gibt es keinen Impfstoff. Vor solchen Infektionen schützt nur: Abstand halten und auf eine gute Handhygiene achten – zumal wenn bekannt ist, dass jemand in der Umgebung an Scharlach erkrankt ist.
Masern in Europa: Deshalb sind sie noch nicht ausgerottet
Mehr als 21'000 Fälle von Masern hat es 2017 in Europa gegeben. Das sind vier Mal so viel wie im Jahr davor.
Bild: Keystone
In der Schweiz gibt es jährlich etwa 50 Masernfälle, im vergangenen Jahr waren es 105. Bei Epidemien kann die Zahl auf rund 2000 Erkrankte steigen, wie das Bundesamt für Gesundheit BAG auf der Homepage schreibt.
Bild: Keystone
Die Krankheit kann durch einen Impfstoff verhindert werden, der seit den 1960ern verwendet wird. Experten sagen, dass Impfraten von mindesten 95 Prozent nötig sind, um Epidemien zu verhindern.
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