Kinder unter DruckDarum gehen in Japan bereits Vierjährige zur Haarentfernung
Lea Oetiker
19.1.2025
In Japan sind immer mehr Kinder unter den Kund*innen, die ihre Haare entfernen lassen. Grund dafür: Haben sie Haare an der falschen Stelle, gelten sie als nachlässig.
Lea Oetiker
19.01.2025, 12:59
Lea Oetiker
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Immer mehr Kinder in Japan lassen sich ihre Haare entfernen.
Grund dafür: Wer Haare an den falschen Stellen hat, riskiert es, als nachlässig und undiszipliniert aufzufallen.
In Tokio, Japan, gibt es so einige Haarentfernungsstudios. Beispielsweise das Dione. Zu ihrer Ausstattung gehört ein Kinderzimmer mit Spielzeug. Das ist nicht nur praktisch für Eltern, die ihre Kinder zu einer Haarentfernung für die Beine oder Oberlippen mitnehmen, sondern Kinder sind hier auch selbst Kund*innen.
Auf Instagram schreibt Dione: «Hyper Skin Hair Removal ist […] eine innovative Haarentfernungsmethode, die nicht nur für Ihre Haut, sondern auch für das Erscheinungsbild Ihrer Poren entwickelt wurde. Da keine hohen Temperaturen erreicht werden, ist die Haarentfernung schonend für Kinder.»
Der «Japan Times» erklärt Filialleiterin Miho Kakoi, dass im Dezember 30 Kinder bei ihr in Behandlung waren. Darunter auch ein vierjähriges Mädchen. Auch eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Marketing Center zeigt, dass der Trend zur Kinderenthaarung in Japan deutlich ist.
Japans Gesellschaft hat eigene Schönheitsstandards etabliert
Doch ist es wirklich nötig, Kinder zu enthaaren? Es hilft, antworten Eltern, die ihre Kinder zu Dione oder anderen Fachkliniken schicken. Japans Harmoniegesellschaft hat ihre eigenen Standards für Schönheit etabliert – Haare an der falschen Stelle sind nicht gern gesehen. Wer dem nicht folgt, riskiert, als nachlässig und undiszipliniert aufzufallen.
Eine Mutter erklärt «Japan Times», dass ihre sechsjährige Tochter gehänselt wurde, weil sie Haare über der Lippe hatte und dies aussehe wie ein Schnauz. «Nach Rücksprache mit meinem Mann habe ich beschlossen, dass es gut wäre, wenn die Haare entfernt werden könnten, bevor sie in die Grundschule kommt, wo Schwimmunterricht dazugehört», sagt die 33-Jährige.
Fünf bis sechs Prozent der Kundschaft sind Kinder
Damit ist sie nicht alleine. Als Dione vor 15 Jahren den Betrieb aufnahm, machten Kinder bis zur dritten Klasse 0,5 Prozent der Kundschaft aus. Heute sind es fünf bis sechs Prozent.
Die Mädchen werden teils «von ihren Müttern inspiriert», sagt Filialleiterin Kakoi. Aber viele Kinder wollen die Behandlung, weil sie von Gleichaltrigen auf ihre Haare an Armen, Beinen oder im Gesicht angesprochen wurden.
Günstig ist eine solche Behandlung jedoch nicht. Je nach enthaarender Zone zahlt man bei einem Hyper Skin Hair Removal zwischen 460 und 2540 Franken.
Expert*innen sind von dem Trend nicht begeistert. Das empfohlene Mindestalter zur Haarentfernung sei 15, «wenn sich die hormonellen Schwankungen der Pubertät etwas stabilisiert haben», sagt der Dermatologe Takeshi Ouchi in der «Japan Times». Kinderhaut sei noch zu dünn und zu empfindlich, um Haarfollikel wegzulasern. Und der Anspruch, perfekt auszusehen, ist ohnehin nichts für Kinder.