Händeschütteln Erkältungszeit beginnt – sollten wir aufs Händeschütteln verzichten?

Marco Krefting, dpa, seh

10.9.2019

Händeschütteln zur Begrüssung ist nach wie vor der Standard. Doch wer ansteckend ist, verzichtet besser darauf. 
Händeschütteln zur Begrüssung ist nach wie vor der Standard. Doch wer ansteckend ist, verzichtet besser darauf. 
Source: iStock

Donald Trump tut es, der Papst auch und Sie tun es. Händeschütteln ist bei uns Begrüssungsstandard. Doch manche finden den Handschlag zu distanziert, andere uncool und viele unhygienisch. Vor allem zur Erkältungszeit.

Küsschen links, Küsschen rechts: Passend zum Schauplatz des G7-Gipfels im französischen Seebad Biarritz gingen kürzlich Fotos um die Welt, auf denen US-Präsident Donald Trump Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wangenküsschen begrüsst.

Nicht im Fokus stand der Handschlag, der bei Trump ja bekanntlich schon mal unangenehm lange und kräftig ausfallen kann. War das schon wegweisend?

Mit dem Herbst kommt nun wieder die Erkältungssaison. Menschen scheuen sich, einander die Hand zu geben. In Spitälern gilt seit langem ein Desinfektions- und Abstandsgebot. Das Bundesamt für Gesundheit BAG veröffentlicht Merkblätter und Videos zu «Wie wäscht man sich die Hände richtig?». Und in manchen Kindergärten hängen Parolen wie «Wir begrüssen uns mit einem Lächeln» an der Wand. Kommt das Händeschütteln aus der Mode?

Die Regeln sind nicht mehr so starr

In westlichen Ländern ist das Händeschütteln gängiges nonverbales Begrüssungs- und Verabschiedungsritual. Aber: «Die Varianz wird grösser, Regeln sind nicht mehr so starr wie früher», sagt Agnes Anna Jarosch. Wangenküsse seien beispielsweise im Kommen. Jugendlichen sei der Handschlag eh zu uncool, sie begrüssten sich Faust gegen Faust. «Das ist ein genereller Trend», so Jarosch.

Auch Imme Gerke, die interkulturelle Schulungen anbietet, verweist auf die Vielzahl an Begrüssungsformen, die es weltweit gibt: «Umarmen, Nasenkuss, mit der Stirn berühren, Hand aufs Herz legen, verbeugen – das sind alles Spielarten.»

Händeschütteln in anderen Kulturen

Der Handschlag werde oft als distanziert betrachtet. In China, Japan oder Kanada entfernten sich Menschen vom Händeschütteln. Amerikaner wiederum praktizierten immer häufiger eine Zwei-Schritt-Begrüssung: Auf den Handschlag folgt eine Umarmung. Allen Menschen angeboren sei der Augengruss: ein Hochziehen der Brauen. Je mehr Annäherung es gebe, desto besser, findet Gerke.

Wie lange es den Handschlag schon gibt, ist nicht nachzuvollziehen. Schon die alten Römer und Griechen sollen ihn praktiziert haben. Eine Theorie besagt: Menschen wollen zeigen, dass sie keine Waffe in der Hand halten. Herauslesen können Experten zum Beispiel Hierarchien, Stärke oder Schwäche, Distanz oder Nähe, Nervosität oder Ruhe, Narzissmus.

Begrüssung als soziale Kompetenz

«Das Begrüssungsritual wird sich verschieben», glaubt Gerke. «Aber man sollte sich darauf einigen, dass man sich grüsst – auf welche Weise auch immer.» Das sei wichtig, um angeborene Aggressionen abzubauen. «Deswegen müssen wir unsere Kinder anhalten, dass sie sich grüssen», sagt Gerke. «Das ist auch eine soziale Kompetenz.»

Vom Hauptargument gegen den Handschlag – Hygiene – hält die Mikro- und Verhaltensbiologin nichts: «Die Angst vor Mikroben ist übertrieben. Das Immunsystem muss üben», sagt Gerke. «Ein Handschlag ist Mikrobenübertragung ohne den Vorteil der Berührung.»

Tatsächlich befinden sich unzählige Mikroorganismen auf der Hand. «Ob beim Naseputzen, beim Toilettengang, beim Streicheln eines Tieres oder bei der Zubereitung von rohem Fleisch: Die Hände kommen häufig mit Keimen in Kontakt und können diese auf alles übertragen, das anschliessend angefasst wird», schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife senke die Häufigkeit von Infektionskrankheiten nachweislich – das Risiko von Durchfallerkrankungen etwa könne fast halbiert werden.

Bei Erkältung nicht die Hand geben

Die gute Nachricht aus Knigge-Sicht: «Wenn man weiss, dass man gerade eine Virenschleuder ist, dann sollte man sagen: Ich gebe euch heute nicht die Hand», sagt Umgangsformen-Fachfrau Jarosch. Und ganz allgemein gelte eine goldene Regel: «Bis fünf Personen reicht man die Hand. Ist die Gruppe grösser, reicht ein «Hallo» in die Runde.»

An kontaminierten Händen dürfte es eigentlich nicht liegen, sollte der Handschlag bald passé sein. Die Drogeriemarktketten verzeichnen laut dpa-Recherchen ein stabiles Wachstum bei Händedesinfektionsmitteln.

So waschen Sie Ihre Hände richtig

Gründliches Händewaschen senkt die Anzahl der Keime deutlich, erklärt das Bundesamt für Gesundheit BAG auf seiner Webseite. In fünf Schritten zu sauberen Händen:

Die richtige Methode beim Händewaschen ist sehr wichtig. Seife allein genügt nämlich nicht, um die Keime unschädlich zu machen. Erst die Kombination von Einseifen, Reiben, Abspülen und Trocknen schafft das.

1. Die Hände unter fliessendem Wasser nass machen.

2. Die Hände einseifen, wenn möglich mit Flüssigseife.

3. Die Hände reiben, bis es schäumt. Dabei nicht vergessen den Handrücken, zwischen den Fingern, unter den Fingernägeln und die Handgelenke zu reiben.

4. Die Hände unter fliessendem Wasser gut abspülen.

5. Die Hände mit einem sauberen Handtuch trocknen, wenn möglich mit einem Wegwerf-Papiertuch oder einer einmal benutzbaren Stoffhandtuchrolle.

Da die Erreger für das blosse Auge nicht sichtbar sind, sollte man seine Hände regelmässig waschen – etwa direkt bei der Rückkehr nach Hause. Auch nach dem Toilettengang, nach Kontakt mit Abfällen oder Tieren, dem Naseputzen, Husten oder Niesen empfiehlt sich eine sorgfältige Reinigung.

Und: Wer niesen muss, sollte dies aus Rücksicht am besten in die Ellbeuge tun, nicht in die Hand. Zusätzlich sollte man regelmässig seine Handtücher austauschen. Denn auch dort können sich Erreger verstecken.

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