«Die Bachelorette»-Finale Wer zuletzt gähnt, gewinnt die Rose

Von Gion Mathias Cavelty

7.6.2021

«Die heutige Jugend ist ganz und gar verloren», ist sich TV-Experte Gion Mathias Cavelty sicher.

Von Gion Mathias Cavelty

Beim Tippen dieser Zeilen muss ich wirklich, wirklich aufpassen, dass ich nicht einschlafe. Gerade habe ich nämlich das Finale der diesjährigen Staffel der «Bachelorette» auf 3+ hinter mir.

Wie oft habe ich schon prophezeit, dass es diese Sendung (wie auch den «Bachelor») nicht mehr lange geben wird? Ich weiss es nicht. Aber es waren sicher dreihundert Mal. Und die Sendungen gibt es immer noch. Was stimmt also nicht? Mit mir? Mit der Welt? Mit was auch immer?

Ich kenne jetzt die Antwort. Und die lautet: Die Jugend will Langeweile. Sie will langweilig sein und deshalb auch langweilige Sendungen schauen. Und das Finale der «Bachelorette» war unendlich langweilig.

Es fing an mit einem langweiligen Zmorgen auf Kreta. Langweilige Früchte und langweiliger Orangensaft standen langweilig auf dem Tisch herum. Während die Kandidaten Pablo aus Diessenhofen und Burim aus dem Glarnerland wenigstens noch ein bisschen herumröhrten, meinte Kandidat Cyrill aus Zumikon: «Ich säg da gar nüt dezue.»

Ein Satz, der in seiner Langweiligkeit die Frauenherzen zum Schmelzen bringt: «Ich sage da gar nichts dazu.» In diesem Moment wusste ich, dass Cyrill am Schluss als Sieger vom Platz gehen würde.



Vorher mussten die drei Final-Kontrahenten Bachelorette Dina aber noch einen Liebesbrief schreiben, denn: «Ich stand total uf Briefe!» (Zitat Dina). Selbstverständlich steht sie total auf Briefe, denn es gibt nichts Langweiligeres als Briefe. «Hüt isch für eus alli Ändstation / Wänn Du mit mir chunnsch, setz ich Dich uf en Thron», schrieb ihr Cyrill. Nicht: «Wenn Du mit mir kommst, haben wir nonstop bestialischen Sex.» Denn das wäre ja einigermassen aufregend gewesen. Ich bin kein Psychologe, aber wenn jemand seine Angebetete auf einen Thron setzen will, will er dann nicht eine unerreichbare, statuenhafte Quasi-Heilige aus ihr machen?

Anyway: Als Nächstes wurde Pablo abserviert; da waren es nur noch zwei. In einem Einspieler schilderten Freunde von Cyrill diesen als «überordentlich», «pingelig» und guten Koch; dass für ihn die Musik über allem steht und dass er ein gutes Verhältnis zu seiner Ex pflegt, hat er uns schon in der Vergangenheit verraten. Überordentlich und pingelig sind das neue wild und dirty.

Es folgte die zentrale Szene, eingeleitet mit einer Selbstreflexion von Cyrill: «Ich han eifach s Gfühl, dass ich besser zu de Dina passe, wil mer eus eifach irgendwie blind verstönd, ohni gross rede.»

Der junge Mann will einfach nicht reden (siehe auch sein Beitrag am Zmorgetisch). Nicht reden ist das neue «I wanna rock 'n' roll all night and party everyday.»



Dann kam es zur grossen Konfrontation mit Burim:

Burim: Du langwiilige Mänsch!

Cyrill: D Dina hät mi nöd so langwiilig gfunde.

(...)

Burim: Ich weiss nid, warum du im Final stahsch, ehrlich gseit. Emotionslos bisch, langwiilig ...

Genau! Burim trifft mit seiner Einschätzung ins Schwarze! Und darum wird auch nicht er gewinnen, sondern eben Cyrill.

Vorher erinnert sich Dina noch an den ersten Kuss von Cyrill (in diesem typischen papierenen, unspontanen, gestelzten Deutsch): «A däm Abig han ich fascht nid chönne iischlafe, wil ich vo mine Gfühl überwältigt gsi bin.»

Cyrill: «Ja, so isch's mer au chli gange.»

«Au chli» ist das neue «I got Erec***n».

Und dann wanderte Dinas letzte Rose endlich zu Cyrill. Dabei konnte man der kretischen Vegetation ein bisschen beim Verdorren zuschauen.

Unsere Jugend. Ich glaube, in der Corona-Quarantäne hat es ihr gut gefallen. Sie konnte Briefe schreiben und sich in Ruhe die Körperhaare stutzen. Was macht sie jetzt, wo sie wieder nach draussen in die freie Wildbahn darf? Es steht zu befürchten, dass sie ganz und gar verloren ist.

«Die Bachelorette» das Finale lief Montag, 7. Juni, 20:15 Uhr auf 3+.