Kolumne am MittagSchrecklich nettes Wiedersehen mit der «Dumpfbacke»
Von Gil Bieler
19.5.2020
Bekannt wurde Christina Applegate in einer Klischee-Rolle – als strohdummes Blondinchen in der Sitcom «Eine schrecklich nette Familie». In ihrer eigenen Netflix-Serie kann sie zeigen, was sie wirklich draufhat.
Netflix hat mir zu einem unerwarteten Wiedersehen mit Christina Applegate verholfen. Die Schauspielerin, mittlerweile 48 Jahre alt, kenne ich dank ihrer Rolle als Kelly, die Teenager-Tochter der Assi-Familie Bundy. Die Sitcom «Eine schrecklich nette Familie» lief von 1987 bis 1998, lebte von plattem Humor und billigen Klischees. Kelly etwa war eine blonde «Dumpfbacke», wie sie im vergilbten Witzebuche steht. Sie wickelte jeden Heranwachsenden um den Finger und hatte eine Vorliebe für knappe Outfits und schmierige Typen.
Zugegeben, es waren andere Zeiten – Fernsehunterhaltung für seichten Geschmack. Im Interview mit «Bluewin» sagte Applegate zu ihrem Mitwirken in der Serie kürzlich: «‹Eine schrecklich nette Familie› war wie Varieté-Theater, in dem man versucht, aus 200 Betrunkenen eine hörbare Reaktion herauszulocken. Und wir waren die kleinen Zirkus-Äffchen mit den Tschinellen.» Ich musste bei dieser Formulierung herzlich lachen, so treffend wirkt der Vergleich. Die nervigen, ab Band eingespielten Lacher und Gröhler hab' ich heute noch im Ohr.
Weit mehr zu bieten als gedacht
Dabei fiel mir aber auch auf, dass ich die «Dumpfbacke» seit den Neunzigerjahren vollends aus dem Blickwinkel verloren hatte. Natürlich sah ich sie ab und zu in einer Komödie wieder, aber eher selten. Also begann ich, neugierig geworden, nachzuholen. Und erkannte rasch einmal, dass Applegate weit mehr Facetten hat, als es ihre Paraderolle von einst vermuten liesse.
Sie ist eine überzeugte Tierschützerin und setzt sich auch vehement für die Brustkrebs-Prävention ein – wohl aus dem tragischen Hintergrund, dass bei ihr selbst Brustkrebs diagnostiziert worden war. Applegate entschied sich deshalb zu einer prophylaktischen Mastektomie, also der Entfernung beider Brüste.
Ein Schicksal, das sie mit Jen Harding teilt, der Serienfigur in ihrer aktuellen Netflix-Serie «Dead To Me». Natürlich schaute ich auch da mal rein, man hat ja Zeit wegen der Pandemie und so – und ich muss zugeben: Ich war völlig baff ob der Performance der Schauspielerin. Die Serie dreht sich um eine komplizierte Frauenfreundschaft, um Tod, Trauer, Liebe und Lügen, und Applegate in der Hauptrolle durchlebt alle möglichen emotionalen Hochs und Tiefs.
Vorsicht, Suchtgefahr: Der Trailer zur ersten Staffel «Dead To Me».
YouTube
Hinzu kommt ein bestechendes Comedy-Timing, denn trotz aller Tragik schwingt in «Dead To Me» auch stets ein tiefschwarzer Humor mit. Wie sie das alles rüberbringt … wie gesagt, ich bin von der Serie gefesselt und noch immer erstaunt. Um Meilen besser als Ricky Gervais, der in seiner eigenen Trauer-Comedy «After Life» ganz ähnliche Themen behandelt. Meine Meinung jedenfalls.
Ed O’Neill, der in «Eine schrecklich nette Familie» ihren Vater Al Bundy gemimt hatte, hat Christina Applegate schon damals für ihr Talent gelobt: Es brauche viel, um das «dumme Blondchen» so überzeugend spielen zu können wie sie, hatte er gesagt. Wahrere Worte hat ein Bundy wohl noch nie gesprochen.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.
Lächelnd trägt die Schauspielerin Inger Nilsson in einem Film von 1968 als «Pippi Langstrumpf» an einem kalten Wintertag ihr Äffchen «Herr Nilsson» auf der Schulter spazieren.
Bild: epa Pressensbild/epa Scanpix Sweden/dpa
1945: Umschlagseite der schwedischen Erstausgabe von «Pippi Langstrumpf».
Bild: The Astrid Lindgren Company/dpa
Das Manuskript zur schwedischen Erstausgabe von «Pippi Langstrumpf», das Autorin A. Lindgren am 21. Mai 1944 zum zehnten Geburtstag ihrer Tochter Karin schenkte
Bild: The Astrid Lindgren Company/dpa
Verschiedene Ausgaben von «Pippi Langstrumpf» stehen in einem Bücherschrank.
Bild: Christoph Driessen/dpa-tmn/dpa
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