Schöne neue Open World?Wie bezaubernd ist «Forspoken» wirklich?
frm
29.1.2023
«Forspoken» versprach im Vorfeld der erste grosse Kracher des Game-Jahres 2023 zu werden. Frisches Setting, flüssige Fortbewegung und Effekt-geflutete Zauberei - ob der neue Titel von Square Enix tatsächlich einschlägt oder bloss ein Blindgänger ist?
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29.01.2023, 15:16
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Frey Holland ist eine Waise in New York. Als Baby wurde sie am Strassenrand beim Holland-Tunnel ausgesetzt und verbrachte ihre problematische Kindheit bei Pflegeeltern. Sie fand nie Anschluss und so wurde aus ihr eine zynische Kleinkriminelle, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt. Als sie am Abend ihres Geburtstages einen sprechenden Armreif findet, wird sie in das magische Reich von Athia teleportiert, welches von einer übernatürlichen Pest heimgesucht wurde, die alles Leben mutiert oder sofort tötet.
In der letzten Bastion der Menschen findet sie vorerst Zuflucht und erfährt, dass diese alles verschlingende Pest vielleicht aufgehalten werden könnte und vielleicht liegt es sogar an ihr und ihrem unfreiwilligen Begleiter am Handgelenk, dies zu vollbringen.
So viel zur Ausgangslage der Story von «Forspoken». Es gab zwar durchaus schon bessere Aufhänger und spannender erzählte Geschichten, aber die Handlung im Stil von «Alice im Wunderland» weiss durchaus zu unterhalten.
Ein ungleichen Paar
Leider braucht eine gute Story aber auch immer einen Helden oder eine Heldin und diese ist in «Forspoken» kein Pluspunkt. Frey geht einem schon nach kurzer Zeit derart auf den Zeiger, dass man fast schon Partei für das Böse ergreifen mag. Sie ist konstant mürrisch, zynisch, gemein und hat so gar keinen Bock diese Welt zu retten, was sie sehr gerne und sehr oft lautstark von sich gibt. Wer das Spiel auf Englisch spielt, der darf sich an das Wort «Fuck» schnell gewöhnen, denn Freys Wortschatz besteht gefühlt zu 80 Prozent aus diesem Ausdruck.
Der sprechende Armreif, welcher als Ratgeber und Partner für Frey dient, ist auch nicht gerade die Art Person, die man gerne zu Geburtstagen einladen möchte, doch im Gegensatz zu Frey verfügt er wenigstens über etwas Einsicht und logisches Denken. Die «ein ungleiches Paar»-Chemie, die für etwas Auflockerung und Humor sorgen sollte, funktioniert auf jeden Fall eher selten und wirkt schnell absolut nervig.
Gameplay als Rettung?
Dafür liegt die Stärke von «Forspoken» definitiv im eigentlichen Gameplay – genauer gesagt in der Fortbewegung. Denn Frey hat dank ihres Armreifs Zugriff auf eine Art magische Freerunning-Fähigkeit, mit der sie geschmeidig und flink auch grosse Distanzen und Höhen schnell überwinden kann. Von Punkt A nach Punkt B zu kommen, wird so zum Genuss und da muss sich «Forspoken» tatsächlich auch nicht vor dem Playstation-Hit «Spider-Man» verstecken, welcher die Fortbewegung als Gameplay-Mechanik quasi revolutioniert hat.
Auch in den Kämpfen weiss der Titel durchaus zu überzeugen. Frey verfügt über ein stetig wachsendes Arsenal an Zaubersprüchen und kann dieses in Kämpfen fliegend austauschen. Zwar sind die Fels-Zauber zum Start etwas eintönig und wenig effektiv, aber andere Elemente und freischaltbare Zauber bringen dann doch mehr Abwechslung und lassen den Bildschirm nur so vor Effekten erstrahlen.
Zu wenig Next-Gen
Als erster grosser Kracher des Jahres, der exklusiv für die Playstation 5 und den PC erscheint, schürt «Forspoken» natürlich auch Erwartungen, was die Optik betrifft. Leider ist da ein klares Verdikt aber gar nicht so einfach auszumachen. Stellenweise und vor allem in den Kämpfen sieht das Game fantastisch aus. Die Zauber wirken pompös und mächtig, die Effekte haben ordentlich Wumms, aber selten so, dass man sich denkt «Wow, das ist Next-Gen».
Auch die Welt von Athia teilt sich dieses Schicksal. Zwar wirkt sie schön, was Texturen und allgemeine Grafik anbelangt, aber die Welt ist einfach komplett leer und leblos. An vielen Stellen im Spiel hat man das Gefühl, man spielt ein Remake eines Playstation-2-Klassikers, welches man einfach mit neuster Grafik aufpoliert hat. Am eindeutigsten zeigt sich dies in der Hauptstadt und letzter Bastion der Menschen. Die Stadt fühlt sich nie wie diese wichtige, letzte Zuflucht der Menschen an, sondern vielmehr wie leere Plätze mit ein paar Säulen.
Achterbahnfahrt mit Stopps
Etwas störend ist darüber hinaus auch die inflationäre Verwendung von Zwangspausen, stillstehende Zwangsdialoge mit dem Armreif und Schwarzblenden. Frey stellt sich vor eine Katze - Schwarzblende - Frey streichelt die Katze - Schwarzblende - Frey steht wieder vor der Katze und rührt sich für ein paar Sekunden nicht.
Dies steht dem sonst so flüssigen und schnellen Gameplay einfach nur im Weg. Da huscht man geschmeidig und flink durch die leere Welt und ist bereit, ein paar mutierte Bären zu verzaubern und zack - Schwarzblende, langsamer Kameraschwenk und dann steht Frey starr da und redet mit dem Armreif. Am Ende landet man dann im Menü bei den Notizen und liest nochmal nach, was der Armreif gerade erzählt hat.
Nicht selten fühlt sich das ganze Spiel so ein bisschen an wie eine Achterbahn, die mitten in der Fahrt anhält, nur um den Fahrgästen mitzuteilen, dass man jetzt gleich wieder weiterfahre. Die Adrenalinschübe sind zwar vorhanden, so richtig in Ekstase versetzt einen das Spiel aber leider nie wirklich.