Kampf gegen Auslieferung Assanges finaler Showdown vor Gericht

Christoph Meyer, dpa

20.2.2024 - 08:03

Julian Assange im Mai 2017 in der Botschaft von Ecuador in London.
Julian Assange im Mai 2017 in der Botschaft von Ecuador in London.
AP

Seit Jahren schon dauert das juristische Tauziehen um die von der US-Justiz geforderte Auslieferung des Wikileaks-Gründers aus Grossbritannien an. Nun könnte es ganz schnell gehen.

Christoph Meyer, dpa

Wikileaks-Gründer Julian Assange hofft auf eine letzte Chance. Bei einer Anhörung vor Gericht in London will er sich heute und am morgigen Mittwoch gegen seine Auslieferung in die USA wehren.

Sollte seinem Antrag auf Berufung am High Court nicht stattgegeben werden, wäre der Rechtsweg in Grossbritannien ausgeschöpft. Das US-Justizministerium will dem Australier in den USA wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Wann genau eine Entscheidung über den Berufungsantrag fallen soll, stand bis zuletzt nicht fest.

Assanges Frau Stella befürchtet jedoch, dass der 52-Jährige schon binnen weniger Tage in ein Flugzeug in Richtung USA gesetzt werden könnte, wie sie in der vergangenen Woche vor Journalisten in London sagte. Bei einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft.

Stella Assange fürchtet um das Leben ihres Mannes

Für Assange bliebe im Fall einer Ablehnung seines Berufungsantrags in London nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dort werde sein Team umgehend einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern, kündigte Stella Assange an.

Assanges Frau Stella Moris im Oktober 2021 in London.
Assanges Frau Stella Moris im Oktober 2021 in London.
EPA

Es gebe jedoch die Sorge, dass die britische Regierung eine solche Anordnung ignorieren könnte. Sie fürchtet wegen der erwarteten harschen Haftbedingungen in den USA und der labilen Psyche ihres Mannes um sein Leben.

Washington wirft ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assanges Anwälte argumentieren, dass niemand dadurch zu Schaden gekommen sei.

Appelle zur Freilassung 

Unterstützer sehen in Assange einen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte und an dem nun ein Exempel statuiert werden solle. Die Strafverfolgung gegen ihn halten sie für einen Angriff auf die Pressefreiheit, weil Assange die ihm zugespielten Informationen lediglich veröffentlichte.

Der Australier Julian Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.
Der Australier Julian Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.
dpa

Sie riefen für beide Tage der Anhörung zu Kundgebungen vor dem Gerichtsgebäude Royal Courts of Justice auf. Für Mittwoch war auch ein Marsch zum Regierungssitz 10 Downing Street geplant. Für eine Freilassung des 52-Jährigen setzen sich weltweit Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände ein.

Die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Tina Groll, forderte kurz vor Beginn der Anhörung in London ein Ende der Strafverfolgung. Die britische Justiz könne mit einer Absage an das Auslieferungsersuchen der USA ein «unmissverständliches Signal für demokratische Grundwerte» setzen, so Groll.

Assange hofft auch auf politische Lösung

«Wikileaks hat massgeblichen Anteil daran, dass die Weltöffentlichkeit die schmutzige Seite der US-Kriegseinsätze erfuhr», betonte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster. «Dafür verdient Julian Assange Auszeichnungen und nicht Haft.»

Der Australier sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in der britischen Hauptstadt dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen.

Diese Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Neben einem Erfolg im juristischen Tauziehen erhofft sich Assange eine politische Lösung. Die australische Regierung setzt sich inzwischen für eine Freilassung ihres Staatsbürgers ein. Erst in der vergangenen Woche verabschiedete das australische Parlament einen Beschluss, in dem die USA und Grossbritannien aufgerufen wurden, die Strafverfolgung Assanges zu beenden.

Regierungschef Anthony Albanese betonte, die Angelegenheit ziehe sich schon zu lange hin. US-Aussenminister Antony Blinken hat den Forderungen nach einem Ende der Strafverfolgung bislang jedoch immer wieder Absagen erteilt.