Hochbegabte suchen das Weite 170'000 Tech-Experten könnten Russland verlassen

Von Dirk Jacquemien

24.3.2022

Mariupol unter Dauerbeschuss – Russland soll Flüchtende festgesetzt haben

Mariupol unter Dauerbeschuss – Russland soll Flüchtende festgesetzt haben

Der Kampf um die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine dauert an. Etwa hunderttausend Menschen sollen noch immer in der Stadt ausharren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky beschuldigte russische Streitkräfte, eine

23.03.2022

Bis zu 170'000 hochqualifizierte IT-Spezialist*innen könnten bis Ende April Russland verlassen. Der Tech-Industrie des Landes droht der Kollaps.

Von Dirk Jacquemien

Zwischen 50'000 und 70'000 russische IT-Spezialist*innen haben seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine und der folgenden Sanktionen bereits ihre Heimat verlassen. Davon geht der Fachverband Russische Vereinigung für elektronische Kommunikation aus, wie die «Moscow Times» berichtet.

Weitere 100'000 könnten bis Ende April folgen. Der Exodus wäre noch grösser, wenn nicht teure Flüge, teure Unterkünfte im Ausland und die Unmöglichkeit internationaler Finanztransfers viele weitere Auswanderungswillige von der Ausreise abhalten würde, sagte Sergei Plugotarenko, der Vorsitzende des Verbands, vor einem Ausschuss der Duma, dem russischen Parlament.

Ausreise zunächst ins Umland

Die meisten Emigrant*innen ziehen zunächst in unmittelbare Nachbarländer, wie die ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien, Armenien oder Aserbaidschan – vor allem, weil hier Visa noch relativ unproblematisch zu erhalten sind. Mittel- bis langfristig dürften sich aber viele auf die Weiterreise nach Westen machen.

Dem Tech-Giganten Yandex droht wie der gesamten russischen IT-Wirtschaft der Kollaps.
Dem Tech-Giganten Yandex droht wie der gesamten russischen IT-Wirtschaft der Kollaps.
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Die Emigration gerade von qualifizierten Fachkräften droht Dimensionen der Spätphase der Sowjetunion anzunehmen, als dem Land einige seiner grössten Talente verloren gingen. Der Google-Gründer Sergey Brin wurde beispielsweise in Moskau geboren. Doch seine jüdischen Eltern verliessen mit ihm Ende der 70er aufgrund von Repressionen das Land.

Der einzige Tech-Gigant des Landes taumelt bereits

Dabei war gerade die Tech-Branche einer der wenigen Lichtblicke in der russischen Wirtschaft, die das Land von seinem Ruf als «Tankstelle mit Atomwaffen» befreien sollte. Denn ausser seinen Rohstoffen hat Russland kaum für den Weltmarkt interessante Produkte im Angebot.

Mit Yandex hatte Russland sogar einen eigenen Tech-Giganten. Die 18'000 Mitarbeiter*innen waren Teil eines Unternehmens, das als Google, Amazon, Uber und Spotify in einem beschrieben wurde. Doch nun ist der Gründer und CEO Arkadi Wolosch offenbar dauerhaft nach Israel ausgewandert, sein Stellvertreter wurde von der EU sanktioniert. Das Unternehmen warnte bereits, dass es seine internationalen Schulden möglicherweise nicht mehr bedienen könnte.