Simon Ammann hebt am Wochenende zum Weltcupstart in Lillehammer ab. Den Startplatz erhält der 43-Jährige nicht als Dankeschön für seine Verdienste, sondern nach überstandener interner Qualifikation.
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- Simon Ammann, 43, qualifizierte sich intern für den Weltcup-Auftakt in Lillehammer, unterstützt durch solide Leistungen bei Sommerwettbewerben.
- Trotz Materialwechsel und einem neuen Bewertungssystem, das ihn benachteiligen könnte, zeigt Ammann Optimismus und technisches Tüfteln, um konkurrenzfähig zu bleiben.
- Mit der Aussicht auf ein mögliches achtes Olympia betont Ammann den pragmatischen Schritt-für-Schritt-Ansatz, während seine Platzierungen bis Weihnachten entscheidend sein werden.
Die Schweizer Skisprung-Szene erstreckt sich derzeit über drei Generationen: Der Oldie Simon Ammann hat bereits zehn und mehr Jahre mehr auf dem Buckel als die Routiniers Gregor Deschwanden (33) und Killian Peier (29). Dieses Duo wiederum ist in einer anderen Zeit zum Weltcup-Team gestossen als eine rund fünfköpfige U20-Gruppe, die sich nun ebenfalls auf höchstem Level etablieren will und die mit dem 18-jährigen Felix Trunz für den Saisonbeginn einen der vier Weltcup-Startplätze der Schweiz erobert hat.
Simon Ammann steht am Montagmittag in der Abflughalle am Flughafen in Kloten und checkt zum Flug in den Norden ein. Von den Passanten wird der vierfache Olympiasieger nur noch vereinzelt erkannt, obwohl TV-Kameras darauf hindeuten, dass da ein Prominenter stehen müsste. Den Toggenburger hingegen erfüllt es mit Stolz, dass er noch Interviews geben darf. Erst mit den Resultaten an den Schweizer Meisterschaften Anfang September und an den Sommer-Grands-Prix gelang der Sprung ins Weltcup-Team.
«Ich bin nicht mehr derselbe wie 2010», meint der einst weltbeste Skispringer auf sein Potenzial angesprochen. «Aber wenn ich am Start stehe, dann bin ich der Wettkämpfer wie eh und je.» Er möchte wieder regelmässig in die Punkte springen (Top 30) oder sogar mal in den Top 10 landen. Der vergangene Winter hatte mit fünf Top-30-Klassierungen bis zum Jahreswechsel ansprechend begonnen, danach passte aber nicht mehr viel zusammen. Aber ein Ammann, der den Spitzensport noch als eines von vielen Projekten bezeichnet, gibt nicht auf.
Erneut ein Wechsel der Skimarke
«Ich spüre einen positiven Trend», sagt der Toggenburger. Er merke, dass die Änderungen beim Material Früchte tragen würden. Vergangenen Sommer stand der Skiwechsel von Fischer zu Slatnar an. Da war und ist wieder der Tüftler Ammann gefragt, der sich stets neuen Begebenheiten anzupassen weiss. «Die letzten Wochen konnte ich optimal nutzen», schwärmt er – und hängt ein Referat über die Krümmung der Skispitzen, die Lockerheit im Flug oder den idealen Landungswinkel an.
In Ammann lodert weiterhin das Feuer als Skispringer. Selbst zahlreiche andere Engagements bringen dieses nicht zum Erlöschen. Insbesondere die Arbeitslast durch das Studium der Betriebswirtschaft an der HSG St. Gallen ist sehr hoch. «Ich geniesse es deshalb umso mehr, wenn ich meinen Fokus aufs Skispringen legen kann und ich koordinativ vielfältig gefordert werde.» Insgesamt sei der Sommer besser verlaufen als im Vorjahr, «es war mehr Fluss drin, ich konnte das Päckli besser schnüren».
Nochmals Olympische Spiele?
Selbst ein Simon Ammann spricht inzwischen «von der finalen Phase meiner Karriere». Ob sie ihn wohl ein achtes Mal an Olympische Spiele führt? Diese Frage und jene nach dem Rücktritt, die er nun auch schon über ein Jahrzehnt lang hört, kann er Toggenburger beim besten Willen nicht beantworten. Denn im Gegensatz zu früher muss sich weisen, ob die Leistungen reichen, damit sich die Türe für Olympische Spiele nochmals öffnet.
Ammann sieht die ganze Sache pragmatisch und will Schritt für Schritt nehmen. Die Wochen bis zum Weltcupspringen in Engelberg dürften wegweisend sein. Bis zu den Wettkämpfen vor Weihnachten hat er den Weltcup-Status auf sicher. Verliert er team-intern den Startplatz, dürfte es schwierig werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass die FIS ein neues Bewertungssystem eingeführt hat, welches Ammann zu benachteiligen scheint. Parallel- statt Telemark-Landungen werden härter bestraft – drei statt zwei Punkte Abzug. Zähler, die gerade bei Athleten im hinteren Mittelfeld über die Teilnahme am Finaldurchgang entscheiden können. Ammann war auch in seinen besten Zeiten kein Stilist.
Die Reise führt die Person Ammann in den nächsten Wochen nach Lillehammer (die Schneespur im Anlauf behagt ihm), Ruka am Polarkreis (dort feierte er vor zehn Jahren seine letzten beiden Weltcupsiege), Wisla in Polen (diese Schanze mag er nicht), Titisee-Neustadt im Schwarzwald (passt in der Regel) und Engelberg (dort fürchtet er den Rückenwind). Wo die Reise den Toggenburger als Skispringer hinführt, bleibt zum Saisonstart ungewiss. «Die Ausgangslage ist anspruchsvoll», meint Ammann.