In einem offenen Gespräch wendet sich Schwimm-Legende Michael Phelps an die Öffentlichkeit und gesteht, wie sehr er unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leidet.
Michael Phelps ist der mit Abstand erfolgreichste Olympionike überhaupt. 28 Medaillen ergattert der Amerikaner bei fünf Teilnahmen, 23 Mal holt er Gold. In Peking 2008 tritt Phelps in acht Rennen an – und gewinnt jedes Mal. Das letzte Kapitel seiner aussergewöhnlichen Karriere schreibt der 26-fache Weltmeister 2016 schliesslich in Rio, wo er seine Goldmedaillen 19 bis 23 ergattert, bevor er endgültig zurücktritt.
Neben dem Schwimmbecken allerdings gerät Phelps immer wieder aus der Bahn. 2004 wird der heute 34-Jährige wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet und zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. 2009 sorgt ein veröffentlichtes Foto, das Phelps mit einem Bong, das zum Rauchen von Cannabis verwendet wird, an den Lippen zeigt, für viel Wirbel. Und nachdem er 2014 wegen einer erneuten Alkoholfahrt vom US-Schwimmverband gesperrt wird, spricht der Ausnahmekönner vor den Olympischen Spielen in Rio (2016) erstmals öffentlich über seine Depressionen.
«Es war nicht leicht zuzugeben, dass ich nicht perfekt war. Aber mich zu öffnen, nahm mir viel Gewicht von meinen Schultern. Es hat das Leben einfacher gemacht», erinnert sich Phelps in einem von «ESPN» veröffentlichten Artikel und kündigt an: «Jetzt öffne ich mich wieder. Ich möchte, dass die Leute wissen, dass sie nicht allein sind.»
Die dramatischen Auswirkungen der Corona-Pandemie
Denn die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit all den Einschränkungen bereiten Phelphs enorme Probleme. «Es war einer dieser Monate. Nonstop hüpft meine Stimmung auf und ab und rundherum. Die Pandemie war eine der schlimmsten Zeiten, die ich durchgemacht habe», schreibt er und ist überzeugt, dass es vielen Menschen mit Depressionen, Angst oder posttraumatischen Belastungsstörungen ähnlich ergeht. «So viele von uns kämpfen mehr denn je gegen ihre inneren Dämonen.»
Phelps habe nie erwartet, dass die Pandemie zu einer solch grossen Herausforderung werde. «All die Unsicherheit, in einem Haus eingesperrt und so viele Fragen. (…) Es macht mich wahnsinnig», gesteht der Vater von drei Söhnen und fügt an: «Das ist das überwältigendste Gefühl, das ich je in meine Leben hatte. Deshalb habe ich Zeiten, in denen ich nicht mich selbst sein will.»
Gleichzeitig betont der 23-fache Olympiasieger, wie dankbar er sei, dass seine Familie gesund sei und man sich nicht um Geld oder Essen sorgen müsse – wie so viele andere in diesen Krisenzeiten. «Trotzdem habe ich zu kämpfen», schreibt er.
Phelps will anderen helfen
Mit seinen offenen Worten will Phelps anderen Menschen helfen. Er erzählt davon, dass ihm ein Streit mit seiner Frau Nicole geholfen habe, die angestauten Emotionen rauszulassen. Er betont, wie wichtig ein strukturierter Tagesablauf für ihn geworden sei, so auch der tägliche Besuch in seinem eigenen Fitnessstudio. «Wenn ich einen Tag verpasse, ist es eine Katastrophe. Dann gerate ich in ein negatives Denkmuster in meinem Kopf. Und wenn das passiert, bin ich der Einzige, der es aufhalten kann.»
Mittlerweile wisse er genau, was er in schlechten Momenten zu tun habe. Diese «Tricks» umzusetzen, sei aber nicht immer einfach. So oder so – und da fehle oft das Verständnis – sei es aber ein Kampf, der nie vorbei sein werde, glaubt Phelps: «Du hast gute und schlechte Tage, aber es gibt nie eine Ziellinie.»