Massenkündigungen in ZürichDarum werden nur drei von neun «Sugus»-Häusern entmietet
Andreas Fischer
4.12.2024
Durch das Zürcher Röntgenareal geht neu ein Kündigungsgraben: Ein Drittel der Mietparteien muss ausziehen, die anderen Bewohnerinnen und Bewohner dürfen bleiben. Grund sind die Erben des früheren Eigentümers.
Andreas Fischer
04.12.2024, 22:02
04.12.2024, 22:03
Andreas Fischer
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Bei einem Drittel der Mietparteien im Zürcher Röntgenareal herrscht Enttäuschung und Frustration: Sie bekamen gleichzeitig die Kündigung für ihre Wohnung.
Die anderen Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers sind von der Massenkündigung verschont geblieben.
Offenbar verfolgen die drei Erben des ehemaligen Besitzers der neun «Sugus»-Häuser unterschiedliche Ziele.
Aus dem Nichts haben hunderte Zürcher Anfang der Woche die Kündigung für ihre Wohnung erhalten. Betroffen sind 105 Mietparteien in der Neugasse 81, 83 und 85. Bis Ende März 2025 müssen sie ausziehen. Als Grund nannte die Verwaltung Allgood Property AG den Wunsch der Eigentümer, die Liegenschaften einer Totalsanierung zu unterziehen.
Was bei den Kündigungen auffällt: Es sind nur drei von insgesamt neun Häusern im als Röntgenareal bekannten Quartier im Kreis 5 betroffen. Wer in den anderen sechs Häusern wohnt, hat Glück gehabt. Der Grund dafür: Die Erben des früheren Eigentümers Leopold Bachmann verfolgen unterschiedliche Ansätze im Umgang mit ihren Liegenschaften, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Eine Erbin macht alles anders
Die sogenannten «Sugus-Häuser» wurden Ende der 1990er-Jahre von Leopold Bachmann erbaut. Der Bauunternehmer wollte erschwinglichen Wohnraum schaffen: für Geringverdienende, für Familien mit Kindern, für Ausländer. Die Mieten in der Siedlung waren für Zürcher Verhältnisse bis zuletzt günstig: für eine Viereinhalbzimmerwohnung zahlt man 2000 Franken.
Nach Bachmanns Tod im Jahr 2021 erbten zwei Söhne und eine Tochter jeweils drei der Häuser. Die Kündigung erhielten die Mieterinnen und Mieter der Häuser, die Bachmanns Tochter geerbt hat. Sie hatte bereits im Sommer die Verwaltung gewechselt. Während die Häuser ihrer Brüder weiterhin von Simo Immobilien betreut werden, hat die in Zug ansässige Allgood Property AG die Verwaltung der Häuser von Bachmanns Tochter übernommen.
Hinter der Firma stecke der Unternehmer Goran Zeindler, berichtet «Watson». Er habe in den vergangenen Jahren mehrere Immobilien- und Bauunternehmen gegründet, die alle in Konkurs gegangen sind. Einige seien so hoch verschuldet gewesen, dass die Konkursverfahren «mangels Aktiven» eingestellt werden mussten.
Sanierungsbedarf könnte vorgeschoben sein
Die Allgood Property AG begründet die massenhaften Kündigungen gegenüber dem «Tages-Anzeiger» damit, dass die Häuser «zwingend kernsaniert» werden müssten, um sie einer «nachhaltigen und ökologischen Zukunft» zuzuführen. Diesem Argument widersprechen die Mietparteien und vermuten, dass die neue Eigentümerin die Sanierung vorschiebt, um die Rendite steigern zu können.
Auch die Eigentümer der anderen sechs «Sugus-Häuser» sehen keinen Bedarf für eine Totalsanierung. «Die Gebäude, die Wohnungen und die Umgebung sind in gutem Zustand», lässt sich Sigmund Bachmann zitieren.
Änderungen an der Wohnqualität oder der Bezahlbarkeit seien bei ihm nicht vorgesehen. Dass Sigmund Bachmann versprochen hat, gekündigte «Sugus»-Mietende bevorzugt zu berücksichtigen, wenn eine Wohnung in seinen Häusern frei wird, ist für die betroffenen Mietparteien ein schwacher Trost. Denn dies geschieht sehr selten.
Auch wenn sie sich schnell organisiert haben und mit Unterstützung des Mieterinnen- und Mieterverbandes Zürich rechtliche Schritte gegen die Kündigung einleiten wollen, bleibt den 105 gekündigten Mietparteien nichts anderes übrig, als gleichzeitig nach einer neuen Bleibe zu suchen. Aus Nachbarn und Freunden werden wohl demnächst Konkurrenten auf dem knappen Zürcher Wohnungsmarkt.