Rund 24 Stunden nach der Hiobsbotschaft nimmt Hürdensprinter Kariem Hussein in einer Pressekonferenz Stellung zu seiner positiven Dopingprobe kurz vor den Olympischen Spielen.
Wohlverstanden: Der 400-m-Hürden-Europameister von 2014 will niemandem ausser sich selber für das Vergehen die Schuld zuweisen. Immer wieder betonte er: «Es war mein Fehler.» Seit Herbst 2019 schleckte er immer wieder dieses Leistungs-Sugus (Gly-Coramin). Er, der Arzt und Mediziner, habe vor zwei Jahren gewiss überprüft und danach gewusst, dass er dieses Täfeli nur im Training, aber nicht an Wettkämpfen schlecken darf. «Aber jetzt hatte ich das nicht mehr auf dem Radar. Ich war absolut überzeugt, dass ich das nehmen darf – im Training und im Wettkampf.»
Nun hofft Hussein, dass ihm die Fans Glauben schenken, dass er kein gewöhnlicher Doper ist. Reputationsschaden oder Kollateralschäden – davor hat Hussein «die grösste Angst». Der 32-jährige Leichtathlet fürchtet sich vor den Reaktionen. Die Stunden, die er in der letzten Woche geschlafen habe, liessen sich an zwei Händen abzählen, sagt er. «Ich schotte mich ab. Ich lese nichts mehr. Nicht einmal mehr meine SMS.»
Die Pressekonferenz im Ticker
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Liveticker
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Liveticker beendet
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Wie konnte dieses Missgeschick passieren?
«Ich habe das Medikament Gly-Coramin im Herbst 2019 erstmals genommen. Damals habe ich überprüft, wann ich es einnehmen darf. Danach hatte ich es einfach nicht mehr auf dem Radar – das ist die Wahrheit.»
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Wann hat Hussein seinen Fehler realisiert?
«Nach dem Wettkampf ging ich mit dem Doping-Kontrolleur zu meinen Kleidern. Weil ich unterzuckert war, habe ich eine Lutschtablette genommen. Letzten Freitag habe ich ein Mail von Antidoping bekommen. Es war für mich ein Schlag. Ich war 100-prozentig davon überzeugt, dass ich das im Training und im Wettkampf nehmen kann. Deshalb war es ein absoluter Schock, als ich diese Mail erhalten habe.»
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Hat der 32-Jährige das Medikament zum ersten Mal genommen?
«Ich nehme es regelmässig, vor allem beim Krafttraining. Ich habe das Medikament aus Gewohnheit genommen und dachte, es sei im Wettkampf erlaubt.»
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Wie geht Hussein mit dem Reputationsschaden um?
«Das war meine grösste Angst. Ich tue mich schwer mit dem Begriff ‹betrügen›. Jemand der betrügt, hat es mit Vorsatz und zum eigenen Vorteil gemacht. Bei mir war keine Absicht im Spiel, das zeigt auch die Strafe. Der Reputationsschaden ist definitiv vorhanden. Ich werde lernen müssen, damit umzugehen. Auch in diesem Fall gibt es einen Lernprozess.»
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Hätte Hussein das Urteil weitergezogen, wäre die Sperre länger ausgefallen?
«Diese Frage ist für mich irrelevant. Ich weiss, dass ich neun Monate gesperrt bin. Jetzt hab ich Klarheit und kann planen.»
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Wie haben die Sponsoren reagiert?
«In der Schweizer Leichtathletik sind wir auf Sponsoren angewiesen. Ich bin sofort auf alle zugegangen. Ich hatte sehr gute und offene Gespräche. Ich hab mich bei allen Sponsoren entschuldigt. Alles weitere ist vertraulich.»
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Wie sehen die nächsten Monate aus?
«Das weiss ich noch nicht genau. Ich fange an, einen neuen Trainingsplan zu schreiben. Ich hatte selten eine ruhige Phase in meiner Karriere. Die wird mir jetzt selbstverschuldet aufgezwungen.»
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Was sind die langfristigen Ziele?
«Ich bin motiviert, weiterzumachen. Ich will so lange weitermachen, wie ich Spass habe. Die WM 2022 ist sicher ein Ziel.»