Am Samstag fällt in Spanien der Startschuss zur Tour de France, dem bekanntesten und bedeutendsten Radrennen der Welt.
Die Fakten zur 110. Austragung der Frankreich-Rundfahrt in der Übersicht:
Der Start
Ein Jahr, nachdem die Tour de France in Kopenhagen losgerollt ist, findet der Grand Départ heuer in Bilbao und damit erneut im Ausland statt. Es ist bereits das 25. Mal, dass der Startschuss ausserhalb Frankreichs fällt. Im Baskenland herrscht traditionell eine grosse Radsport-Euphorie. Dort fand auch der erste Tour-Start auf spanischem Boden statt: 1992 in San Sebastian. Die 1. Etappe hat es mit vielen kleinen Steigungen rund um Bilbao in sich und ist etwas für die Klassiker-Spezialisten. Französisches Terrain erreicht der Tross erstmals während der 3. Etappe, die noch auf spanischem Gebiet gestartet wird, deren Ziel sich aber im Südwesten Frankreichs, in Bayonne, befindet.
Die Strecke
Mit fast 56'000 Höhenmetern, einem Rekord von 30 Pässen, der Durchquerung von fünf Bergmassiven und einem einzigen, kurzen und bergigen Zeitfahren über 22,3 km ist die Tour de France 2023 mit ihren 21 Etappen und einer Gesamtlänge von 3404 km eindeutig für die Kletterer konzipiert. Acht Etappen durch das Hochgebirge, darunter vier Bergankünfte, warten auf die Fahrer. Die Strecke führt der Reihe nach durch die Pyrenäen, das Zentralmassiv, den Jura, die Alpen – mit der Königsetappe nach Courchevel über den Col de la Loze, mit 2304 Meter über Meer das Dach der diesjährigen Ausgabe – und die Vogesen. Dort dürfte am vorletzten Tag mit der schweren Bergetappe nach Le Markstein Fellering mit fünf Anstiegen die Entscheidung um den Gesamtsieg fallen. Das Finale steigt am 23. Juli traditionell auf den Champs-Élysées in Paris.
Die Favoriten
Wie in den vergangenen beiden Jahren läuft im Kampf um den Gesamtsieg alles auf ein Duell zwischen dem dänischen Vorjahressieger Jonas Vingegaard und dem Slowenen Tadej Pogacar, dem Vorjahreszweiten und Gewinner von 2020 und 2021, heraus. Vingegaard zeigte sich mit dem überlegenen Sieg in der Dauphiné-Rundfahrt zuletzt in bestechender Form. Pogacar dominierte im Frühjahr die Gegnerschaft praktisch nach Belieben, ehe er sich Ende April im Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich das Handgelenk brach. Vergangene Woche hat sich der Slowene bei den nationalen Meisterschaften mit dem Sieg im Zeitfahren und Strassenrennen eindrücklich zurückgemeldet. Aber: Wird Pogacar auch über drei Wochen wieder voll belastbar sein? Bei Vingegaard stellt sich derweil die Frage, ob er dem doppelten Druck als alleiniger Leader bei Jumbo-Visma und Titelverteidiger standhalten kann.
Die Herausforderer
Die einheimischen Hoffnungen auf den ersten Gesamtsieg eines französischen Fahrers seit Bernard Hinault im Jahr 1985 ruhen auf David Gaudu. Der starke Kletterer und Teamkollege von Stefan Küng bei Groupama-FDJ strebt nach seinem 4. Rang im letzten Jahr einen Platz auf dem Podest an. Australien schickt mit Jai Hindley, dem Gewinner des letztjährigen Giros, und Ben O'Connor gleich zwei heisse Eisen ins Rennen. Die grössten Herausforderer von Vingegaard und Pogacar kommen aber wohl aus dem spanisch sprechenden Lager. Es sind dies die Spanier Enric Mas und Mikel Landa, Olympiasieger Richard Carapaz aus Ecuador sowie vom Team Ineos-Grenadiers die beiden Kolumbianer Daniel Martinez und Egan Bernal. Letzterer war nach seinem Sieg 2019 dazu bestimmt, die Tour jahrelang zu dominieren. Nach seinem schweren Trainingsunfall vor anderthalb Jahren ist Bernal allerdings den Beweis schuldig, dass er wieder mit den Allerbesten mithalten kann.
Die Abwesenden
Zu den wichtigsten Abwesenden im Feld gehören der Waliser Geraint Thomas, der Sieger von 2018 und und letztjährige Gesamtdritte, der belgische Weltmeister Remco Evenepoel und der slowenische Giro-Sieger Primoz Roglic, die allesamt der Italien-Rundfahrt den Vorzug gegeben haben.
Die Schweizer
Von den 176 Fahrern, die am Samstag in Bilbao die 110. Tour de France in Angriff nehmen, sind Silvan Dillier und Stefan Küng die einzigen beiden Schweizer. Weniger als drei helvetische Starter gab es zuletzt im Jahr 1980: Die damals vom Niederländer Joop Zoetemelk gewonnene Austragung fand sogar gänzlich ohne Schweizer Beteiligung statt. Zwei Jahre später waren es angeführt vom zweimaligen Etappensieger Beat Breu 17 Schweizer Teilnehmer gewesen – das ist bis heute der Höchstwert. Im vergangenen Jahr standen beim Grand Départ in Kopenhagen mit Stefan Bissegger, Marc Hirschi, Dillier und Küng vier Schweizer am Start.
Der Rekordjäger
Die britische Sprint-Legende Mark Cavendish hat sich für seine 14. und letzte Tour-Teilnahme ein letztes grosses Ziel gesetzt. Der 38-Jährige von der Isle of Man will einen 35. Etappensieg erringen und damit zum alleinigen Rekordhalter aufsteigen. Aktuell teilt er sich die Bestmarke mit Eddy Merckx. Trotz ihres bergigen Profils bietet die diesjährige Frankreich-Rundfahrt mit acht Flachetappen, von denen vier in die erste Woche fallen, gutes Terrain für Cavendish. Doch seine Konkurrenz bei Sprintankünften ist gross. Vor allem der Niederländer Fabio Jakobsen und der Belgier Jasper Philipsen werden ihre Muskeln spielen lassen. Auch mit Vingegaards Edelhelfer Wout Van Aert, dem letztjährigen Gewinner des grünen Punktetrikots, dem Australier Caleb Ewan oder dem Tour-Debütanten Biniam Girmay aus Eritrea, zuletzt Etappensieger an der Tour de Suisse, wird zu rechnen sein.
sda