Marcel Hirscher will es noch einmal wissen. Doch kann der einstige Ski-Dominator seine Topform wiederfinden? Die Vergangenheit hat gezeigt, dass grosse Sportler nach langer Pause durchaus wieder Top-Leistungen bringen können. Ein Rückblick auf grosse Comebacks der Sport-Historie.
Fünf Jahre nach seinem Rücktritt plant Marcel Hirscher ein spektakuläres Comeback in den Skizirkus. Von 2012 bis 2019 reihte der Österreicher acht Gesamtweltcupsiege aneinander, holte darüber hinaus zwei olympische Goldmedaillen, sieben WM-Titel und insgesamt 67 Weltcup-Siege. Im September 2019 trat Hirscher mit 30 Jahren überraschend zurück.
Jetzt will es der 35-Jährige doch noch einmal wissen. «Ich hätte gerne die Möglichkeit, ab und zu Rennen zu fahren. Einfach deshalb, weil es mir Spass macht», teilt Hirscher mit. Starten will er in Zukunft nicht mehr für sein Heimatland, sondern für die Niederlande, das Geburtsland seiner Mutter.
Wenn alles nach Plan verläuft, wird Hirscher bald im Riesenslalom und im Slalom in FIS-Rennen an den Start gehen. Kann der Technik-Spezialist überzeugen, dürfte auch die Weltcup-Rückkehr nur eine Frage der Zeit sein.
Doch kann Hirscher wirklich an die alten Erfolge anknüpfen? Einige Sportgrössen haben in Vergangenheit bewiesen, dass dies absolut möglich ist. Wir blicken zurück auf die grössten Comebacks der Sport-Geschichte.
Muhammad Ali
Der vom IOC als «Sportler des Jahrhunderts» ausgezeichnete Muhammad Ali besticht in seiner Karriere immer wieder im und neben dem Boxring. Für Aufsehen sorgt 1966 seine Militärdienstverweigerung, weshalb ihm sein Pass und die Box-Lizenz entzogen werden («Ich habe keinen Streit mit dem Vietcong».) Vier Jahre später kehrt der zum Islam konvertierte Ali zurück in den Ring.
Nach einer Niederlage gegen Joe Frazier folgen mit dem «Rumble in the Jungle» und dem «Thrilla in Manila» Alis legendärste Kämpfe. Der Fight in Manila gegen Frazier fordert beiden Kontrahenten alles ab. Schliesslich wirft Fraziers Trainer in der 15. Runde das Handtuch. Ali bleibt Weltmeister, kollabiert aber unmittelbar nach dem Kampf – danach erreicht er dieses Niveau nie wieder.
Michael Jordan
Am 18. März 1995 verschickt Michael Jordan eine Fax-Nachricht an die Presse und kündigt mit den kurzen Worten «I’m back» sein Comeback an. Die Sportwelt steht kopf. Eineinhalb Jahre zuvor und nach drei Meisterschaften mit den Chicago Bulls drehte Jordan nach einem Schicksalsschlag dem Basketball-Sport den Rücken. Er versuchte sich beim Baseball – mit mässigem Erfolg.
Zwischen 1996 und 1998 holt «His Airness» mit den Bulls nach seiner Rückkehr drei weitere NBA-Championships. Heute gilt Jordan als grösster Basketball-Spieler aller Zeiten.
Roger Federer
2016 erlebt Federer ein wahres Seuchenjahr: Eine Meniskus-OP, Virusinfektionen und schliesslich Rückenprobleme zwingen ihn kurz vor den Olympischen Spielen zum vorzeitigen Saisonabbruch. Kaum einer glaubt damals, dass der Maestro mit 35 Jahren noch grosse Titel feiern kann – schliesslich liegt der letzte Grand-Slam-Triumph zu diesem Zeitpunkt schon fünf Jahre zurück.
Doch Federer straft Kritiker und Zweifler Lügen, kehrt nach einem halben Jahr Pause bei den Australian Open zurück und schlägt Dauer-Rivale Rafael Nadal in einem epischen Fünfsatz-Final, bevor er noch im gleichen Jahr auch Wimbledon gewinnt und 2018 seinen Titel in Melbourne erfolgreich verteidigt.
Hermann Maier
Im Jahr 2001 erleidet Hermann Maier bei einem schweren Motorradunfall einen offenen Unterschenkelbruch und andere schwere Verletzungen. Zu diesem Zeitpunkt ist Maier bereits zweifacher Olympiasieger sowie zweifacher Weltmeister und hat dreimal den Gesamtweltcup gewonnen. Eine Rückkehr auf die Skipiste scheint äusserst fraglich, es besteht sogar die Gefahr, dass der «Herminator» sein Bein verlieren könnte.
Nachdem er die gesamte Saison 2001/2002 verpasst, kehrt der Österreicher jedoch eindrucksvoll zurück. Maier gewinnt noch einmal den Gesamtweltcup, wird erneut Weltmeister und holt zwei weitere olympische Medaillen.
Niki Lauda
Der 1. August 1976 ist der Schicksalstag im Leben von Niki Lauda. Beim Rennen auf dem Nürburgring baut der Österreicher einen heftigen Unfall, sein Auto fängt Feuer und Lauda kämpft über eine halbe Minute gegen die Flammen, bis er endlich gerettet wird. Zu spät? Mit schwersten Verbrennungen und einer stark verätzten Lunge wird er ins Spital eingeliefert, wo die Ärzte nicht daran glauben, dass Lauda die Nacht überleben wird.
Der damals 27-Jährige erhält sogar die letzte Ölung, doch Lauda ist längst nicht bereit für den Tod. Nur 42 Tage nach dem Horror-Unfall steigt er wieder ins Formel-1-Auto und wird in Monza Vierter. Im darauffolgenden Jahr krönt er seine unglaubliche Geschichte mit dem Gewinn seines zweiten Weltmeisterschaftstitels mit Ferrari, im Jahr 1984 sichert er sich mit McLaren seinen dritten und letzten Titel.
Michael Phelps
Nach 22 olympischen Medaillen, 18 davon Gold, hat Phelps 2012 genug vom Schwimmen. Er zieht sich zurück, aber das Leben meint es nicht gut mit ihm. Depressionen, private Probleme und auch Drogenmissbrauch setzen dem Amerikaner zu. Er wird gesperrt.
2014 kehrt er zurück, 2016 holt er in Rio sechs weitere Medaillen – fünfmal Gold und einmal Silber. Phelps geht als erfolgreichster Olympionike in die Geschichte ein – vielleicht sogar mit einem Rekord für die Ewigkeit (23 Mal Gold, 28 Mal Edelmetall insgesamt).
Tiger Woods
In den Nullerjahren ist Tiger Woods der grosse Dominator im Golf, reiht Titel an Titel und wird zu einem der erfolgreichsten Golfer der Geschichte. Dann werfen ihn körperliche und private Probleme aus der Bahn. Im Jahr 2017 folgt der Tiefpunkt, als er mitten in der Nacht am Steuer schlafend von der Polizei verhaftet wird. Woods steht unter Drogen und muss danach in eine Entzugsklinik.
Monatelang spielt er nicht mehr und fällt in der Weltrangliste aus den Top 1000. Kaum einer glaubt noch an den einstigen Superstar, doch Woods kämpft sich zurück und schafft 2019 das Unmögliche: Er gewinnt das Masters zum fünften Mal. Es ist sein erster Triumph seit 2008 bei einem der vier grossen Turniere und der 15. Major-Sieg insgesamt.