Davis-Cup-Captain? Kommentator? Wie es mit Roger Federer im Tennis weitergehen könnte

SDA/jar

24.9.2022 - 14:00

Federers Tränen: «Sie hätte mich aufhalten können, aber sie hat mich am Laufen gehalten»

Federers Tränen: «Sie hätte mich aufhalten können, aber sie hat mich am Laufen gehalten»

Nach seinem letzten Spiel als Tennis-Profi liess Roger Federer seinen Tränen freien Lauf. Bei seiner rührenden Dankesrede an seine Frau Mirka kullerten auch bei Rafael Nadal die Tränen.

24.09.2022

Roger Federer will auch nach dem Karriereende Tennis spielen und mit dem Sport verbunden bleiben. Optionen gibt es für den Superstar im Ruhestand viele.

Nach dem emotionalen Ende seiner eindrucksvollen Karriere hat Roger Federer eine Rückkehr auf den Tennisplatz für Showkämpfe nicht ausgeschlossen. «Ich habe noch keine konkreten Pläne», sagte Federer in der Nacht zum Samstag nach seinem letzten offiziellen Auftritt beim Laver Cup im Doppel mit Rafael Nadal. «Alles, was ich weiss, ist, dass ich es lieben würde, an Orten zu spielen, an denen ich noch nie zuvor gespielt habe», so der 20-fache Grand-Slam-Sieger. So könne er sich bei all den Leuten bedanken, die ihn all die Jahre unterstützt hätten.

«Das Tennis war sehr gut zu mir», bedankte sich Federer schon bei seiner Rücktrittsankündigung bei dem Sport, der ihm so viel gegeben und ihm umgekehrt auch so viel zu verdanken hat. Es ist deshalb undenkbar, dass seine Zukunft ohne Tennis auskommen wird. Einer so prägenden Figur wie Federer stehen fast alle Möglichkeiten offen.

Klar scheint, dass er nun – noch mehr als in den verletzungsgeplagten letzten zwei Jahren – der Familie den Vorrang geben wird. Damit scheint ausgeschlossen, dass Federer kurz- und wohl auch mittelfristig einen Vollzeit-Coachingjob auf der Tour mit den damit verbundenen vielen Reisen übernehmen wird. Viel wahrscheinlicher ist eine der folgenden Optionen.

Laver Cup

Die naheliegendste erste neue Aufgabe für Federer wäre der Laver Cup. Er hat den Kontinente-Wettkampf zwischen Europa und dem Rest der Welt zu Ehren des grossen Rod Laver mitentworfen und ist sein grösster Promoter. Dafür verschob er sogar seinen endgültigen Rücktritt noch einmal um eine Woche und beendete die Karriere schliesslich in London in einem legendären Doppel mit seinem ewigen Rivalen Nadal.

Die Prognose sei erlaubt, dass Federer eher früher als später Björn Borg als Captain des europäischen Teams ablösen wird. Welcher Star könnte in Zukunft schon Nein sagen, wenn die Legende ruft.

Tränen nach dem Matchball – hier geht Roger Federers Karriere zu Ende

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Roger Federer hat zum letzten Mal in seiner Profi-Karriere den Tennis-Schläger geschwungen. Trotz Niederlage im Laver-Cup-Doppel mit Rafael Nadal gab es Standing Ovations nicht nur von den Zuschauern, sondern auch von seinen Kollegen.

24.09.2022

Davis-Cup-Captain

Mit dem Ende seiner Aktivkarriere ist Federers Coach Severin Lüthi frei für neue Aufgaben. Der 42-jährige Berner hat sich in den letzten Jahrzehnten beste Kontakte und Referenzen im internationalen Tenniszirkus aufgebaut. Sollte er Vollzeit-Coach werden, dürfte das Amt des Davis-Cup-Captains frei werden. Lüthi steht seit 17 Jahren an der Spitze der Mannschaft, mit der er 2014 den wichtigsten Team-Wettkampf im Tennis gewann.

Federer wäre ein logischer Nachfolger. Der Davis Cup lag ihm immer am Herzen, auch wenn er in den letzten Jahren nie mehr in seinen zunehmend schrumpfenden Terminplan passte. Auch die Perspektiven sind mit einigen aufstrebenden Jungen nicht so schlecht. Ein Haken könnten allerdings die zum Teil recht beschwerlichen Reisen an Auswärtsspiele (wie dieses Wochenende in Ecuador) sein. Ein Aufstieg in die Elite würde diese Gefahr deutlich vermindern.

Der Schweizer Davis-Cup-Triumph 2014 in Lille.
Der Schweizer Davis-Cup-Triumph 2014 in Lille.
KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Mentor

Federer könnte auch einen der jungen Schweizer Spieler unter seine Fittiche nehmen. Als Mentor und Berater bei Trainings in der Schweiz, nicht als Vollzeit-Coach. Dass er andere Menschen inspirieren kann, hat er im Lauf seiner Karriere noch und noch bewiesen. Der Rummel und der öffentliche Druck, erfolgreich zu sein, wäre für den betreffenden Spieler allerdings beträchtlich.

Turnierdirektor

Die Swiss Indoors und Roger Federer – das ist eine fast schon lebenslange Liebesgeschichte. 1992 und 1993 war Federer am Basler Turnier Ballkind, seine Mutter arbeitete in der Turnierorganisation bei der Badge-Ausgabe mit. Mit zehn Titeln ist der in der Stadt Basel geborene Münchensteiner natürlich der Rekordhalter, hier gewann er im Oktober 2019 sein 103. und, wie man nun weiss, letztes ATP-Turnier. Und bereits vor zwölf Jahren hatte Federer durchblicken lassen, dass er Interesse hätte, falls Turniergründer und -direktor Roger Brennwald einmal verkaufen will.

Damals kam das Angebot beim anderen grossen «Roger aus Basel» nicht gut an. Auch mit 76 Jahren macht Brennwald keinerlei Anstalten, aufzuhören. Doch Federer wäre ein idealer Nachfolger – oder während einer gewissen Zeit Assistent und «Lehrling». Er ist bei seinen (Ex-)Kollegen beliebt und könnte mithelfen, dass auch weiterhin die besten Spieler der Welt gerne in der St. Jakobshalle Halt machen – wie dieses Jahr die neue Nummer 1 Carlos Alcaraz. Federer hätte auch das nötige Kleingeld, um das Turnier zu kaufen, falls Brennwald doch einmal kürzertreten möchte.

Wohltäter

Die Kinder in Afrika werden auch in Zukunft Unterstützung und Geld benötigen. Federer wird weiter – oder erst recht – für seine Stiftung aktiv sein. Und wer weiss: Wenn Rafael Nadal in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls seinen Schläger an den Nagel hängt, würde nichts gegen einen weiteren «Match for Africa» der beiden guten Freunde sprechen.

TV-Experte und Kommentator

Sein Jugendfreund Marco Chiudinelli hat es schon vorgemacht. Jede TV-Station würde Federer natürlich mit Handkuss nehmen. Es könnte dem Interesse der Zuschauer in der grundsätzlich anspruchsvollen Nach-Federer-Fernseh-Zeit nur guttun.

Anfang dieser Woche erklärte der Maestro auch, dass er sich gut vorstellen könnte, als TV-Experte aufzutreten. Als Spieler hatte er dies immer ausgeschlossen. «Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich das jemals sagen würde. Vor etwa sechs Monaten sagte ich mir: Hey, weisst du was? Kommentieren ist etwas, das ich mir gut vorstellen könnte. Gleichzeitig dachte ich mir: Spinnst du jetzt komplett, dass du dir jetzt überlegst, Tennismatches zu kommentieren?», wurde Federer von «Watson» zitiert.

«Es würde mir erlauben, mit den Spielern und der Tour in Kontakt zu bleiben. Und es würde mir einen Grund geben, weiterhin viel Tennis zu schauen, was ich sowieso gerne mache. Vielleicht ist es auch etwas, das dem Tennis guttun würde, wenn ich das mache», so der 41-Jährige. Insbesondere beim SRF stossen diese Aussagen natürlich auf offene Ohren.

ATP-Präsident

Federer fühlt sich auf jedem Parkett wohl. Neun Jahre vertrat er die Tennisprofis im Spielerrat der ATP, einige Zeit auch als Präsident. Vielleicht geht er in Zukunft ja noch einen Schritt weiter und wird einst Präsident der ATP. So könnte er die Geschicke seines geliebten Sports an vorderster Front mitbestimmen.

SDA/jar