Tennis-Sensation Teenager Carlos Alcaraz bringt alles mit für eine Riesen-Karriere

ck, sda

10.5.2022 - 10:01

Rafael Nadal über Carlos Alcaraz: «Neue Sachen sind immer interessanter»

Rafael Nadal über Carlos Alcaraz: «Neue Sachen sind immer interessanter»

Letzte Woche beim ATP Masters in Madrid musste sich Rafael Nadal gegen Carlos Alcaraz in drei Sätzen geschlagen geben. Nun stuft der 21-fache Grandslam-Gewinner die Situation und den «Hype» um seinen Landsmann und Madrid-Siegers ein.

10.05.2022

Carlos Alcaraz mischt die Tenniswelt auf wie seit Rafael Nadal kein Teenager mehr. Sein spanischer Landsmann ist in Sachen Intensität sein Vorbild, spielerisch eifert er aber eher Roger Federer nach.

Severin Lüthi war 2019 tief beeindruckt, als er in Wimbledon den Platz verliess. Der Schweizer Davis-Cup-Captain hatte mit seinem Schützling Roger Federer mit einem gerade mal 16-jährigen Spanier, der im Junioren-Turnier antrat, trainiert. Später erzählte Lüthi im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einmal, was ihn so beeindruckt hatte. «Seine Intensität, sein Fokus, das ist der Wahnsinn. Vor allem auch für einen so jungen Spieler.» Lüthi hatte da schon sehr früh einen Blick in die Zukunft des Tennissports erhalten.

Die Vorschusslorbeeren für den Teenager aus Murcia im Südosten Spaniens waren gross – und er hat sie innert kürzester Zeit erfüllt und noch übertroffen. In Madrid gewann er bereits das vierte Turnier in diesem Jahr, nach Miami das zweite der Masters-1000-Kategorie und auf zwei verschiedenen Belägen. Noch beeindruckender ist aber die Liste der Gegner, die er auf dem Weg zum Heimsieg aus dem Weg räumte: im Viertelfinal den Sandkönig Rafael Nadal, im Halbfinal die Weltnummer 1 Novak Djokovic und im Final am Sonntagabend den Titelverteidiger und Olympiasieger Alexander Zverev. Nie zuvor hatte einer bei einem Sandturnier Nadal und Djokovic bezwungen.



Mehr als ein «Mini-Nadal»

Für Alcaraz scheint es keine Limiten zu geben. In der Weltrangliste ist er bereits die Nummer 6, im Jahresranking nur knapp hinter Nadal an zweiter Position. Die Vergleiche mit dem Rekord-Champion bei Grand Slams (21 Titel) sind unausweichlich, sie scheinen den jungen Spanier aber kaum zu belasten. Er bringt alles mit, um langfristig Erfolg zu haben.

Nadal bezeichnet er als ein Idol, aber er wolle nicht «der nächste Nadal» oder ein «Mini-Nadal» sein. Genau genommen ist er nämlich schon weiter als es der Superstar in jungen Jahren war. Alcaraz ist der komplettere Spieler, vor allem in der Offensive. Er spielt aggressiver, sucht schneller den Punkt – und sieht sich deshalb durchaus in den Fussstapfen von Roger Federer. Der ist nämlich genauso ein Idol von ihm, vom 20-fachen Grand-Slam-Champion hatte er sogar in noch jüngeren Jahren ein Poster an der Wand hängen.

Deshalb ist Alcaraz die nahezu perfekte Verschmelzung der besten Tennisspieler der Geschichte. Er vereint die Intensität und den unbändigen Willen von Nadal, das offensive, auch mal auf schnellere Punktgewinne ausgerichtete Spiel von Federer. Und von Djokovic scheint er sich das Talent abgeschaut zu haben, in den entscheidenden Momenten sein bestes Tennis zu spielen.

Ein wahres Mentalitäts-Monster

Im letzten Jahr wurde Alcaraz zum jüngsten US-Open-Viertelfinalisten der Profiära. Auf dem Weg dahin gewann er gegen Stefanos Tsitsipas im Tiebreak des fünften Satzes. Auf dem Weg zum Titel in Miami setzte er sich im Viertelfinal gegen Miomir Kecmanovic im Tiebreak des dritten Satzes durch, in Madrid sicherte er sich der Reihe nach gegen Cameron Norrie (6:3), Nadal (6:3) und Djokovic (7:6) ebenfalls den Erfolg in einem entscheidenden dritten Satz. Bereits mit 19 Jahren ist Alcaraz ein wahres Mentalitätsmonster.

Dazu ist er physisch bereits sehr stark und er kann mit dem Erfolg umgehen. Am US Open gewann er nach seinem Triumph gegen Tsitsipas auch in der nächsten Runde gegen den Qualifikanten Peter Gojowczyk. Dem emotionalen Sieg in Madrid gegen Nadal – seinem ersten nach zwei Niederlagen – liess er gleich den gegen Djokovic folgen. Und auch im Final war danach die Luft nicht draussen. Es spricht deshalb wenig dafür, dass Alcaraz der Erfolg zu Kopf steigt und er plötzlich zum Traumtänzer wird.

Der richtige Coach

Dafür sorgt auch sein Coach Juan Carlos Ferrero. Der French-Open-Sieger von 2003 und ehemalige Weltranglisten-Erste war bekannt für sein seriöses und grundsolides Auftreten. Ferrero war einst auch acht Monate Coach von Alexander Zverev, nervte sich aber über dessen «Unpünktlichkeit und ständige Ablenkungen». Bei Alcaraz dürfte er an der Arbeitseinstellung nur wenig zu bemängeln haben – und wenn doch, wird ihn Ferrero schnell wieder auf den Boden zurückholen. Auch deshalb darf dem 19-jährigen Spanier – 17 Jahre nach Nadals erstem von 13 French-Open-Siegen – auch am French Open sehr viel zugetraut werden. Selbst der Titelgewinn wäre keine Sensation mehr.

ck, sda