Neue Tennis-Doku bei Netflix Kyrgios: «Ich habe mich jede Nacht betrunken»

Von Martin Abgottspon

9.1.2023

Nick Kyrgios spricht offen über die Probleme, die ihn jahrelang als Profi begleiteten.
Nick Kyrgios spricht offen über die Probleme, die ihn jahrelang als Profi begleiteten.
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Diesen Freitag startet bei Netflix die Tennis-Dokureihe «Break Point». Die erste Episode dreht sich schwergewichtig um den vermeintlichen Bad Boy Nick Kyrgios, der ganz ehrlich über seine schwierige Vergangenheit spricht.

Von Martin Abgottspon

«Tennis ist wie Schach auf der Flucht», hat der Schriftsteller David Foster Wallace einmal geschrieben. Es ist ein Tanz der Beine, ein Duell der Köpfe. Und der wahre Gegenspieler ist man selbst.

Genau dieses Phänomen will die neue Tennis-Doku «Break Point» von Netflix anschaulich auf den Punkt bringen. Das Team hinter der Serie ist dasselbe wie schon bei «Formula 1: Drive to Survive». Und erneut wird auch bei «Break Point» nicht der Sport in Mittelpunkt gerückt, sondern gewährt intime Einblicke in das Leben der Sportler, die alles für ihren Traum vom Tennisprofi geben.

Das Jahr der überraschenden Wende

Die Serie verzichtet nach eigenen Angaben bewusst darauf, die Topstars der Branche wie Novak Djokovic, Rafael Nadal, Serena Williams oder Roger Federer zu porträtieren. Vielmehr drehen sich die insgesamt zehn Episoden um Spieler*innen, welche die nächsten Mega-Stars sein könnten.

Zum Auftakt der Serie dreht sich so vieles um den Hitzkopf Nick Kyrgios. Unter dem Titel «Der Aussenseiter» haben die Dreharbeiten mit dem Australier zu einem Zeitpunkt begonnen, als niemand wusste, wie es mit Kyrgios überhaupt weitergehen wird. Der Bad Boy hatte damals monatelang nicht gespielt und es war unklar, ob er überhaupt noch auf der Tour bleiben würde.

Dann aber wurde 2022 zu einem Traumjahr für Kyrgios. Bei den Australian Open feierte er zusammen mit seinem Jugendfreund Thanasi Kokkinakis seinen ersten Grand-Slam-Sieg im Doppel. In Wimbledon hätte er im Sommer im Einzel um ein Haar nachgedoppelt. Novak Djokovic musste alle Register ziehen, um Kyrgios von einem weiteren Coup abzuhalten.

Ein Leben im Chaos

Vieles hat sich bei Nick Kyrgios in diesem Jahr zum Besseren gewendet. Er ist mit Sicherheit immer noch kein Engel, wie auch seine Fluchtiraden auf dem Platz zeigen. Doch der 27-Jährige ist emotional gereift und hat bewiesen, dass er mit seinem unglaublichen Talent und seiner Service-Stärke bei jedem Grand-Slam-Turnier für eine Überraschung sorgen kann.

Das war vor wenigen Jahren nicht so. Zwar hatte er auch damals die Top-Spieler immer mal wieder an den Rand der Verzweiflung gebracht, es fehlte ihm aber auch einfach an Konstanz. Dies vor allem deshalb, weil er gemäss eigenen Aussagen ein unglaublich «chaotisches» Leben führte.

«Ich hatte damals nur meinen Manager und Freund Daniel Horsfall an meiner Seite, während mein Leben den Bach runter ging. Ich habe mich jede Nacht betrunken. Immer wieder habe ich mir gesagt, ich muss damit aufhören und besser zu mir schauen.» Die Trinkgelage gingen sogar soweit, dass Horsfall ihn mittels GPS-Tracking auf seinem Handy jeweils am Morgen aufspüren musste, um ihn rechtzeitig zu seinen Matches zu bringen.

Es geht doch nur um Spass

Inzwischen hat Kyrgios sein Leben im Griff. Nicht zuletzt dank einer Intervention mit Andy Murray, die ihn wachgerüttelt hat. Kyrgios beschloss seine Prioritäten klar zu setzen und musste sich dabei eingestehen, dass Tennis einfach nicht an erster Stelle kommt: «Meine Familie, meine Freunde und meine Freundin kommen bei mir immer zuerst. Im Tennis habe ich deshalb keine Erwartungen mehr. Ich will einfach auf dem Platz stehen und Spass haben. So passt es für mich.»

Konkurrenten und Experten haben dafür oft wenig Verständnis. So bezeichnet Andy Roddick ihn etwas despektierlich als «Hobby-Spieler», Stefanos Tsitsipas nannte ihn in Wimbledon einen «Teufel», sobald er den Court betritt.

Kyrgios kümmert das wenig. Er macht sein Ding. Er hat klare Wertvorstellungen und mittlerweile auch einen klaren Bezug zum Tennis. Ein Aus wie bei den US Open im Viertelfinal schmerzt ihn zwar immer noch, es ist aber auch kein Weltuntergang. Am Ende des Tages geht es ihm ganz einfach um den Spass. Und dazu gehört bei Nick Kyrgios auch immer eine kleine Show.

Die Netflix-Serie «Break Point» startet am 13. Januar und umfasst insgesamt zehn Episoden.