Der FC Basel steckt in der Krise. Absturz auf Platz 7, nun die Entlassung von Trainer Alex Frei. Der Zeitpunkt überrascht, die Kommunikation der FCB-Führung wirft Fragen auf. Und auch auf finanzieller Ebene brennt der Baum. Wie geht es jetzt weiter? Die Analyse im Fussball-Talk Heimspiel.
Im Juli hatte Alex Frei als neuer Cheftrainer beim FC Basel übernommen. Nun folgte, nur vier Spiele nach der Winterpause, die Entlassung. Die Niederlage am Wochenende gegen GC war die eine zu viel. Nur 22 Punkte nach 19 Spielen – nie zuvor stand der FC Basel zu diesem Zeitpunkt einer Super-League-Saison schlechter da. Der Vorsprung aufs Tabellenende beträgt noch mickrige drei Punkte.
So kam Freis Entlassung auch nicht wirklich überraschend. «Basel steht auf Platz 7, man hatte eine zweimonatige Vorbereitung und hatte das Gefühl, dass jetzt alles besser wird. Aber es wurde nur noch schlechter», sagt Céline Feller, Leiterin Sport Basel bei CH Media. Einzig der Zeitpunkt sei «fragwürdig», so kurz nach der Winterpause, meint Feller.
Als «Panikreaktion» bezeichnet Blick-Journalist Felix Bingesser die Freistellung von Alex Frei. «Die ganze Liga sitzt übereinander, Basel liegt sechs Punkte hinter Rang 2, was das realistische Saisonziel ist. Jetzt die Notbremse zu ziehen, gerade in so einer Übergangssaison, in der es keinen direkten Absteiger gibt, verstehe ich nicht.»
«Das Regime in Nordkorea ist transparenter»
Heimspiel – Der Fussball-Talk
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Nun übernimmt bis auf Weiteres Heiko Vogel die Mannschaft. Der Mann, der schon zwischen 2011 und 2012 als Cheftrainer beim FCB amtete und kürzlich eigentlich als Sportdirektor eingestellt wurde. Auf eine Medienkonferenz, um die Trainerentlassung und weitere Umstrukturierungen im Verein zu verkünden, verzichteten die Basler jedoch und teilten die Entscheide lediglich in kurzen Communiqués mit.
Dabei sei eine Medienkonferenz bei einer Trainerentlassung «das Beste, was du machen kannst», weiss blue Sport Experte Fredy Bickel, der selbst viele Jahre als Sportchef amtete. «Du kriegst viel schneller wieder Ruhe in den Verein und kannst vorwärts schauen.» Beim Weg, den der FCB gewählt hat, würden die Medien nur noch mehr angeheizt.
Ohnehin sei die Medienmitteilung des FCB zu Freis Entlassung «jämmerlich», sagt Bingesser. «Kein Wort des Präsidenten. Heiko Vogel sagt als Sportchef, dass man neue Inputs brauche. Und zwei Abschnitte weiter unten steht, dass die neuen Inputs von Heiko Vogel kommen sollen. Das passt ins Bild, das der FC Basel kommunikativ abgibt. Im Moment ist das Regime in Nordkorea transparenter als das, was die Basler Führung macht.» FCB-Boss David Degen müsse in so einer Situation hinstehen, meint Bingesser, «da gibt es keine Entschuldigung».
Bleibt Vogel bis im Sommer Trainer?
Obwohl es in Basel sportlich überhaupt nicht wunschgemäss läuft, sehen die Studiogäste die Schuld längst nicht nur bei Alex Frei. «Ich wüsste nicht, welcher Trainer in diesem Umfeld Erfolg haben kann. Unmöglich», sagt Fredy Bickel. «Reine Panik» sei es, wie der Klub aktuell geführt werde. «Man will mit guten jungen Spielern an die früheren Erfolge anknüpfen, wenn das nicht sofort funktioniert, holt man den nächsten Jungen und merkt dabei nicht, dass man alle nur bremst, weil viel zu viele da sind. Kaufen kannst du sie auch nicht, weil kein Geld da ist – trotzdem willst du vorne mitspielen.»
Auch Bingesser stellt das Konzept am Rheinknie, mit jungen Leih-Spielern wieder zum Erfolg zu kommen, infrage: «Du musst die Spieler kaufen, damit sie ihren Wert steigern und du sie dann teuer verkaufen kannst. Mit Leih-Spielern sind dir die Hände gebunden.» Es fehle im Verein ein Fundament, eine starke Figur, wie es bei YB etwa Christoph Spycher ist.
Dass nun ausgerechnet Heiko Vogel die Mannschaft interimistisch übernimmt, überrascht Bingesser – nicht nur, weil der Deutsche eigentlich als neuer Sportchef installiert wurde. «Vogel wurde damals entlassen, weil er nicht mit Jungen arbeiten und Spieler nicht weiterentwickeln konnte. Der gleiche Heiko Vogel ist jetzt, von sich selber angekündigt, der neue grosse Hoffnungsträger. Das zeigt, was der FC Basel aktuell für ein Bild abgibt», meint der Blick-Journalist.
«Ein grosser Fehler», sagt auch Bickel. «Man hat ja auch einen Martin Andermatt (Co-Trainer, Anm. d. Red.) im Verein. Es wäre das Normalste der Welt, dass Andermatt an der Seitenlinie steht und Vogel als Sportchef den neuen Trainer sucht.» Für den blue Sport Experten scheint klar, dass man mit Vogel nun bis zum Saisonende als Trainer weitermachen wird. Dies glaubt auch Céline Feller, welche die Suche nach einem geeigneten Coach als sehr schwierig betrachtet.
Der FCB braucht dringend Geld
Im Mai 2021 hat David Degen das Amt von Bernhard Burgener übernommen. Burgener wurde von den Fans regelrecht vom Hof gejagt, Degen zunächst als neuer Heilsbringer gefeiert. Doch was hat sich seit Degens Übernahme wirklich verbessert? «Sorry, aber ich sehe da echt nichts», sagt Bickel.
Bingesser wird deutlich: «Burgeners Ära wird auch nicht als glorreich in die Annalen des FCB eingehen, aber er hatte zumindest eine Vorstellung davon, wie es im wirtschaftlichen Bereich weitergehen soll. Er wollte mit ausländischen Investoren weiterarbeiten, weil man Geld brauchte.» Daraus wurde bekanntlich nichts.
«Deshalb glaube ich, dass der FC Basel jetzt in eine ganz schwierige Situation kommen wird. Man braucht Geld, aber man hat sich gegen ausländische Investoren entschieden. Irgendwann wird die finanzielle Not gross werden. Und das dauert nicht mehr Jahre, sondern Wochen und Monate», so Bingesser weiter. Feller konkretisiert: «Schafft es der FCB nicht in die Champions-League-Quali – geschweige denn in die Gruppenphase – ist diese Not im Sommer sofort da.»
Neben der finanziellen Lage sorgten in den letzten Monaten und Jahren auch sportliche Entscheide, wie die vielen Trainerwechsel, immer wieder für Kopfschütteln. «Degen hat ganz viel Kredit verloren. Er hatte nach der Übernahme jeden Fan in Basel hinter sich und hat es geschafft, in anderthalb Jahren mit ganz vielen komischen Aktionen alles zu verspielen», so Feller. Das zeigt sich auch in den Zuschauerzahlen, die zurückgegangen sind.
Man müsse sich in Basel klare Gedanken machen, wie man in die Zukunft gehen will, meint Bickel. Ein Konzept finden, neu strukturieren und in der nächsten Saison wieder bei null starten. Für Bingesser ist es dafür aber möglicherweise schon zu spät: «Man weiss im Moment nicht, wie man den Klub finanzieren kann. Die dringendste Frage in Basel ist wohl, wie man im Sommer die Löhne zahlt. Das bereitet im Moment wohl am meisten Bauchschmerzen.»