Der FC Basel hat mit Daniel Stucki ein neues Gesicht erhalten. Was der Sportdirektor mit den Transfereinnahmen machen will, wo er Optimierungspotenzial im Kader sieht und was er als Polizist gelernt hat, erläutert er in einem Interview mit blue Sport.
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- Mitte Mai dieses Jahres wurde Daniel Stucki beim FC Basel als Sportdirektor präsentiert. Der 42-Jährige, der zuvor im Klub als Direktor des Basler Nachwuchses tätig war, erhielt einen bis 2027 gültigen Vertrag.
- Ausserdem blieb Stucki, der mit dem FC Zürich zwischen 2006 und 2009 als Verteidiger dreimal Schweizer Meister wurde, Mitglied der Sportkommission des FCB, deren Vorsitz er übernahm.
Mit seinem ersten Sommer als FCB-Sportdirektor ist Daniel Stucki «sehr zufrieden». «Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt und sehr intensiv trainiert. Es gab keine Verletzten in der Vorbereitung – eigentlich durchwegs positiv», so sein Fazit.
Der FC Basel enttäuschte in der letzten Spielzeit und spielt darum kommende Saison zum ersten Mal seit 25 Jahren nicht international. Für die Kaderplanung hatte dies auch Vorteile, weil nun keine Qualifikationsrunden anstehen, wie Stucki ausführt. «Wir konnten ruhig arbeiten und sind nicht gerade unter Druck, mittendrin schon fit zu sein. Wir haben eine saubere Kaderplanung machen können, da auch das Transferfenster in der Schweiz ja noch relativ lange geht.»
Der FC Basel ist trotz des Verpassens der internationalen Wettbewerbe immer noch eine tolle Adresse für talentierte Spieler. «Von der Historie her haben wir natürlich extrem Power als FC Basel. Es ist es ein grosser Verein, wir haben auch die Man-Power, um Spieler wieder in die Top-5-Ligen zu bringen», betont Stucki. «Das ist auch das Interessante für junge oder andere Spieler.»
Das Wegfallen der dreifachen Belastung hat man auch bei der Kaderplanung einkalkuliert. «Wir haben natürlich schon extrem verkleinert», so Stucki. «Wir wollen als FC Basel wieder in die obere Tabellenhälfte. Das muss der Anspruch von uns sein. Und dafür arbeiten wir.»
Aus den Fehlern in der Vorsaison lernen
Seine Analyse der sportlich misslungenen letzten Saison: «Einerseits war es eine enttäuschende Anfangsphase mit Fehlern, daraus muss man lernen. Man gab viele Spieler ab, fast die ganze erste Elf haben wir verkauft. Es kamen viele Spieler erst am Schluss der Transferperiode. Wir sind schon schlecht gestartet und es ist schwierig für das Team, wenn sieben, acht Spieler neu dazukommen.» Positiv sei andererseits der Aufwärtstrend unter dem neuen Trainer Fabio Celestini ab November gewesen. «Auf dieses Gerüst bauen wir auf», meint Stucki.
Deshalb sei jetzt auch nicht die Zeit, um gross zu träumen. «Man muss realistisch sein. Wir sind Achter geworden in der letzten Saison. Wir haben lange Zeit gegen den Abstieg gekämpft, fast bis zum Schluss. Das ist einfach ein Fakt. Jetzt müssen wir in die obere Tabellenhälfte. Der FC Basel ist einer der grossen Vereine der Schweiz. Und wir müssen wieder international spielen. Es ist klar, dass das Ziel ist.»
Im Sommer konnte die Finanzabteilung jubeln. Renato Veiga ging für rund 14 Millionen Euro weg. Ex-FCB-Spieler Riccardo Calafiori hat bei der EM überzeugen können. Der Italiener soll nun bei vielen Grossklubs auf der Einkaufsliste stehen, Basel soll sich beim Transfer zu Bologna eine Verkaufsbeteiligung – Insider munkeln zwischen 20 und 50 Prozent – zugesichert haben. Die herumgereichten Zahlen seien «sicher nicht unrealistisch», meint Stucki.
«Es kommt immer darauf an, wie man verhandelt hat. Wir haben da sehr gut verhandelt. Dementsprechend werden wir sicherlich gut beteiligt sein, wenn Calafiori wechseln würde.» Für die Kaderplanung habe dies aber eigentlich keinen Einfluss. «Das ist einfach wirtschaftlich natürlich sehr interessant und positiv. Aber für die Kaderplanung hat das keine Relevanz.»
Bereits im Januar habe man mit der Sportkommission sowie Verwaltungsrat und Trainer besprochen, wo sie sich punktuell verstärken könnten. «Von diesem Plan werden wir nicht abweichen, obwohl wir jetzt potenziell Transfer-Einnahmen haben können.» Stucki ergänzt: «Wir haben sehr viele versprechende junge Talente im Kader drin. Wir haben letztes Jahr auch sehr viele Transfer-Einnahmen gemacht und auch sehr viel reinvestiert. Es muss einfach sinnvoll reinvestiert werden.»
Offensive Verstärkungen gesucht
Punktuell sind aber noch Verstärkungen möglich, auch wenn man sehr zufrieden sei, wie sie jetzt schon aufgestellt seien, so Stucki. «Wenn man ganz oben mitspielen will, braucht man viele Scorer-Punkte. Wir haben letztes Jahr nicht so viel gemacht, offensiv haben wir sicher Potenzial, um noch mehr Scorer-Punkte zu holen», hält der 42-Jährige fest.
Natürlich könne es auch noch Abgänge geben. Bei einem Spieler gebe es sowohl sportliche als auch wirtschaftliche Interessen. «Wenn sich das die Waage hält, dann versuchen wir ihn zu behalten. Aber wenn die Waage ins Ungleichgewicht gerät, dann ist klar, dass der FC Basel so Spieler ziehen lässt», erläutert Stucki die Klubphilosophie.
Als ehemaliger Nachwuchschef beim FC Basel ist Stucki natürlich die Förderung junger Spieler wichtig: «Wir haben viele gute Junge, die auch jetzt wieder einen Schritt vorwärtsgemacht haben. Das ist uns als Klub absolut wichtig, den eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft implementieren können.»
Mit Xherdan Shaqiri ist eine frühere Basel-Legende bald auf dem Transfermarkt. Steht gar eine Rückkehr ans Rheinknie an? «Es gab keine Gespräche», hält Stucki fest. «Es ist klar, dass für Xherdan Shaqiri mit seinen Qualitäten als Fussballer – die auch etwa die zehn anderen Nati-Spieler mit Vergangenheit beim FCB haben – immer ein Interesse besteht. Wenn der Zeitpunkt da ist und der Moment vom Spieler sowie vom Klub der richtige ist, dann sind wir immer interessiert an so Spieler.»
Polizeiarbeit hilft als Sportdirektor
Nach seiner Profikarriere – Stucki holte mit dem FC Zürich drei Meistertitel – spielte Stucki auf Amateurlevel weiter, machte nebenbei noch die Trainerdiplome und fungierte als Assistenztrainer. Und: Stucki arbeitete zehn Jahre bei der Basler Kantonspolizei, wo er für die Einsatzplanung zuständig war. «Ich hatte kein Ziel, wieder in den Fussball zurückzukommen», räumt Stucki ein. Die Rückkehr sei mehr zufällig entstanden.«Fussball ist meine Passion», hält Stucki fest. Ihn interessiere auch die wirtschaftliche Sparte, das Organisieren und Koordinieren von Sachen. Deswegen sei der Schritt nun der richtige.
Gibt es Parallelen zwischen seinem früheren und jetzigem Job? «Bei der Polizei habe ich Führungslehrgänge besucht, musste Einsätze führen, bei denen es um Leben und Leib ging. Teamgedanken, Team führen, der Umgang mit Team – da konnte ich extrem viel profitieren», betont Stucki. Trotzdem gibt es im neuen Job grosse Herausforderungen: «Zwischen den Linien zu vermitteln, sprich alle – Spieler, Trainer, Verwaltungsrat ins Boot zu holen.» Wichtig sei auch die Art und Weise, ohne dass man zu forsch oder zu schnell vorwärtsgeht, führt Stucki aus.
Der Arbeitsalltag von Stucki in seinem neuen Job ist durchgetaktet. «Man hat extrem viele parallele Aufgaben. Ich habe den Anspruch, dass ich jedes Training der Mannschaft sehen will, damit ich auch weiss, worüber wir reden und was passiert.» Stucki weiter: «Gespräche mit Spielern stehen an, wo man die Zukunftspläne bespricht. Dann habe ich unendlich viele Telefone, wie jeder andere Sportdirektor auch, die zwischendurch immer reinkommen. Dann haben wir auch Verwaltungsratssachen, die wir intern neu aufgleisen wollen», sagt Stucki und resümiert: «Mir wird sicher nicht langweilig im Moment.»