Marco Odermatt rettet sich in Schladming nach einem kapitalen Fehler nicht nur ins Ziel, sondern fährt dank eines tadellosen zweiten Laufs tatsächlich noch zum Sieg. Der neuerliche Triumph muss der Konkurrenz aus mehreren Gründen zu denken geben.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Marco Odermatt triumphiert im Riesenslalom von Schladming, obwohl er zur Halbzeit mit einer knappen Sekunde Rückstand nicht einmal zu den Top Ten gehört.
- Dank eines entfesselten Auftritts im zweiten Lauf baut der Schweizer seine Serie trotz allem aus und steht mittlerweile bei 22 Riesenpodestplätzen in Folge.
- Dass Odermatt auch nach einem solch groben Schnitzer nicht zu schlagen ist, muss der Konkurrenz aus mehreren Gründen zu denken geben.
«Skirennen ist, wenn viele Leute den Hang runterrutschen, und am Ende gewinnt Odermatt», ist am späten Dienstagabend in einem Kommentar auf X (ehemals Twitter) zu lesen. Minuten zuvor rast der Nidwaldner im zweiten Riesenslalomlauf von Schladming vom elften Rang tatsächlich noch zum Sieg, obwohl er im ersten Lauf nach einem Patzer viel Zeit einbüsst und einen Ausfall nur in extremis verhindern kann.
Doch selbst mit einem Rückstand von fast einer Sekunde zu Rennhalbzeit ist Odermatt für seine Konkurrenten nicht abzufangen. Am nächsten kommt dem Seriensieger der Lokalmatador Manuel Feller. Der Österreicher liegt zur Halbzeit in Führung und verteidigt den Vorsprung gegenüber Odermatt bis kurz vors Ziel erfolgreich. Nach einem Fehler im Schlussteil fehlen ihm schliesslich mickrige fünf Hundertstel zum Heimsieg.
Und Feller weiss: «So einfach macht er es dir normal nicht. Er hat mir die Chance gegeben und ich habe sie nicht genutzt.» Tatsächlich scheint Odermatt beim Nachtspektakel für einmal nicht ganz unschlagbar. Und genau deshalb stellt sich die Frage: Wenn die Konkurrenz den Überflieger an einem solchen Tag nicht übertrumpfen kann, wann dann?
Der Dunkelheit und der Müdigkeit zum Trotz
Zum einen bestreitet Odermatt auf der Planai, wo er im vergangenen Jahr verletzt passen muss, erstmals seit rund zehn Jahren ein Rennen bei Nacht. Den Hang in Schladming befährt er am Dienstag gar zum allerersten Mal. «Es hat definitiv Anpassung gebraucht. Es ist ganz anders», gibt er im SRF-Interview zu.
Andererseits macht der Dominator der Szene auf das Mammutprogramm aufmerksam, das er in den vergangenen Wochen bewältigt hat und das nicht spurlos an ihm vorbeigeht. «Gerade nach diesen Highlight-Wochen – es zeigt, dass wir alle Menschen sind und nicht immer jeder Lauf perfekt sein kann», sagt das «Nidwaldner Wunderkind», wie ihn die französische Sportzeitung «L'Équipe» umschreibt. Die österreichische «Krone» schreibt von einer «Ohrfeige für alle anderen».
Was die Konkurrenz besonders schmerzen dürfte, ist die Tatsache, dass Odermatt im Nachtspektakel auch mit dem Rücken zur Wand keinesfalls das volle Risiko eingeht. «Ich wollte nicht Kopf und Kragen riskieren, das wäre hier nicht gegangen. Ich wusste einfach, dass ich auf der Linie sein muss», sagt er über seinen entfesselten zweiten Lauf. Nur der Andorraner Joan Verdu kann da einigermassen mithalten und den Rückstand auf Odermatts Laufbestzeit unter einer halben Sekunde halten. Die restlichen Fahrer büssen alle 90 Hundertstel und mehr ein.
Stenmarks Rekord rückt näher
Und so setzt der Schweizer seine eindrücklichen Serien fort. In Schladming steht er zum 22. Mal in Serie auf dem Riesenslalompodest, wobei er die letzten acht Rennen dieser Disziplin allesamt für sich entscheiden kann.
Damit bewegt sich Odermatt auf den Spuren von Ingemar Stenmark – und nimmt langsam, aber sicher die Rekorde des Schweden ins Visier. Stenmark konnte zu seiner Zeit zwischen 1978 und 1980 unglaubliche 14 Riesenslaloms in Folge für sich entscheiden. Odermatt steht nach seiner famosen Aufholjagd in Schladming mittlerweile bei acht Triumphen de suite. Und die Frage drängt sich auf: Was soll diesen Ausnahmekönner in den nächsten Rennen stoppen?