Hohn und Spott «Schweizer Irrsinn» – wie Österreich auf die Lauberhorn-Absage reagiert

Von Tobias Benz

12.1.2021

Aus den Nachbarländern erreicht die Schweiz nach der Lauberhorn-Absage nur wenig Bedauern. Andreas Puelacher spricht von einem «wahnsinnig chaotischen Ablauf».
Aus den Nachbarländern erreicht die Schweiz nach der Lauberhorn-Absage nur wenig Bedauern. Andreas Puelacher spricht von einem «wahnsinnig chaotischen Ablauf».
Bild: KEYSTONE

Die Kehrtwende in Wengen sorgt in Österreich für viel Häme. Für unsere Nachbarn ist klar: Die gierigen und fahrlässigen Schweizer sind selber schuld.

Hohe Ansteckungszahlen, britische Touristen, die sich nicht an Quarantäne-Regeln halten, und die Angst, weitere Rennen absagen zu müssen: Die Lauberhorn-Rennen in Wengen sind gestrichen. Es ist eine Absage der Vernunft, die dem Nachbarland Österreich eine absolute Hammer-Woche beschert. Da Kitzbühel als Wengen-Ersatz einspringt, stehen auf der Streif ab dem 16. Januar binnen neun Tagen fünf Rennen an.

Das neue Programm in Kitzbühel

  • 16. Januar: Slalom (Wengen-Ersatz)
  • 17. Januar: Hahnenkamm-Slalom
  • 22. Januar: Abfahrt (Wengen-Ersatz)
  • 23. Januar: Hahnenkamm-Abfahrt
  • 24. Januar: Hahnenkamm-Super-G

«Schweizer Wahnsinn und Fahrlässigkeit»

Die Kehrtwende am Lauberhorn überrascht unsere Nachbarn nicht. Das mediale Österreich ist sich am Dienstagmorgen einig: Die Schweiz ist selber schuld. Anstelle von Bedauern fliesst vor allem Hohn und Spott über die Grenze. «Schweizer Irrsinn» titelt die auflagenstärkste österreichische Sportzeitung «Krone» und schreibt, die Absage sei «Schweizer Wahnsinn und Fahrlässigkeit» verschuldet.



Der österreichische Team-Chef der Herren, Andreas Puelacher, zeigt sich überrascht und verstört, dass die Rennen am Sonntag noch freigegeben wurden. «Wahnsinn, wie chaotisch das abgelaufen ist. Die Löwinger-Bühne ist dagegen harmlos», stichelt der 56-Jährige. «Hätte man Wengen durchgeführt, hätte man uns alle gefährdet.»

Zustimmung holt sich die «Krone» bei unseren westlichen Nachbarn und zitiert Frankreichs Verbands-Boss Michel Vion, der die ursprüngliche Freigabe der Lauberhorn-Rennen als «fahrlässig» und «nicht vertretbar» beschreibt. Als Grund für die steigenden Zahlen in Wengen sieht die Zeitung ganz klar die Gier der Schweizer und schreibt: «Wer trotz Corona alle Hotels offen lässt, auf das Geld der Touristen nicht verzichten will und trotz massiver Infizierten-Zahlen auch die Massen in die Shoppingcenter pilgern lässt – der kann eben die Rechnung präsentiert bekommen.»

Weil die Skigebiete offen blieben, schossen die Infektionszahlen in Wengen über die Feiertage durch die Decke. 
Weil die Skigebiete offen blieben, schossen die Infektionszahlen in Wengen über die Feiertage durch die Decke. 
Bild: KEYSTONE

Schliessung der Skigebiete weiterhin kein Thema

Auch die «Kleine Zeitung», die entgegen ihrem Namen zu den meistgelesenen Österreichs zählt, lacht sich ins Fäustchen. «Kitzbühel statt Wengen: So lässt Österreich die Schweiz hinter sich», prangt in grossen Lettern auf ihrer Website. Klein darunter wird die Schweiz für ihre laschen Einreisebestimmungen und fehlenden Corona-Tests kritisiert.

Nach den heftigen Reaktionen auf die «lebensgefährlichen» Rennen in Adelboden wird die Schweiz in Wengen ein zweites Mal blossgestellt. Auch wenn hierzulande mitunter britische Touristen und deren neue Virus-Variante für die Lauberhorn-Absage verantwortlich gemacht werden, so ganz Unrecht scheinen unsere Nachbarn nicht zu haben. Zumal die Schliessung der Skigebiete auf Bundesratsebene offenbar weiterhin kein Thema ist.



Zurück zur StartseiteZurück zum Sport