Fiasko am Matterhorn Tränen bei OK-Chef Julen: «Alle gehen mit leeren Händen nach Hause»

Von Luca Betschart

19.11.2023

Auch am Sonntag hiess es auf der Gran Becca vorzeitig zusammenpacken.
Auch am Sonntag hiess es auf der Gran Becca vorzeitig zusammenpacken.
Bild: Keystone

Kein Happy End am Matterhorn: Auch der vierte Anlauf innert zwei Wochen misslingt – die Abfahrts-Premiere auf der Piste Gran Becca lässt weiter auf sich warten. OK-Präsident Franz Julen ist trotzdem stolz.

Von Luca Betschart

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Auch am Sonntag lässt das Wetter am Matterhorn kein Rennen zu. Wegen zu starken Windböen muss auch die zweite geplante Abfahrt der Frauen abgesagt werden.
  • Zwar gibt es am Sonntagmorgen noch kurze Hoffnung, dass es mit der Premiere doch noch klappt. «Der Wind wurde schwächer, aber nicht schwach genug, um ein faires und vor allem sicheres Rennen zu gewährleisten», erklärt FIS-Renndirektor Peter Gerdol. 
  • OK-Präsident Franz Julen zeigt sich enttäuscht und zugleich stolz: «Wir können es – wir brauchen einfach auch noch die Natur.» 

Am Sonntag kurz vor 12 Uhr herrscht Gewissheit: Auch der vierte und letzte Versuch, die Abfahrts-Premiere in Zermatt/Cervinia durchzuführen, scheitert. Nach den Männer-Rennen fallen auch die beiden geplanten Frauen-Abfahrten dem Wetter zum Opfer – obwohl am Sonntagmorgen kurzzeitig Hoffnung aufkommt.

«Die Entscheidung heute war viel komplizierter als gestern Samstag. Gestern war der Wind sehr stark, heute etwas weniger. Wir haben es versucht, auch die Athletinnen haben die Strecke besichtigt. Unsere Hoffnung war, dass der Wind ab 11 Uhr abnimmt», verrät FIS-Renndirektor Peter Gerdol. «Er wurde auch schwächer, aber nicht schwach genug, um ein faires und vor allem sicheres Rennen zu gewährleisten.»

«Das ist das Letzte, was wir noch brauchen»

Genau das hat für die Organisatoren um OK-Präsident Franz Julen aber oberste Priorität. «Man versteht fast nicht, dass man hier kein Rennen fahren kann. Aber es hat Windböen – und wir haben Sprünge. Da wäre die Sicherheit nicht gewährleistet.» Man wollte keinesfalls eine Verletzung einer Fahrerin riskieren. «Das ist das Letzte, was wir noch brauchen nach diesen zwei Wochen», betont Julen im «Blick».

Bei den Fahrerinnen stösst der Entscheid auf Verständnis. «Als ich besichtigt habe, war nur ein Sprung nicht fahrbar – der Rest schon. Da willst du halt nicht drüber fliegen, wenn eine riesige Böe kommt», sagt Joana Hählen.

Auch für Michelle Gisin und Jasmine Flury ist die Absage richtig. «Der Wind ist unberechenbar», macht die Abfahrts-Weltmeisterin klar und äussert ihr Mitgefühl für die Organisatoren: «Das OK ist seit drei Wochen dran – wenn man sieht, was hier aufgebaut wurde, ist es bitter.»

«Wir können es – wir brauchen einfach auch noch die Natur»

«Es tut weh. Wir haben so viel Herzblut gegeben», bestätigt OK-Präsident Julen. «Wir haben 500 freiwillige Helferinnen und Helfer aus der ganzen Schweiz, zum Teil sind sie aus Amerika und Asien gekommen. Sie haben diese Leidenschaft mitgetragen. Sie gehen alle mit leeren Händen nach Hause.»

Auch wenn der grosse Aufwand letztlich nicht belohnt wird, ist der 65-Jährige stolz: «Es waren riesige Herausforderungen. Aber wir waren bereit, ein Top-Event auf die Beine zu stellen. Das nehme ich auch mit. Es gab viele Veranstalter, die skeptisch waren. Aber wir können es, wir brauchen einfach auch noch die Natur.»

Diese habe ein Rennen in diesem Jahr nicht gewollt. «Ich gehe mit schwerem Herzen», sagt Julen im SRF-Interview auf seine Abreise angesprochen, zeigt grosse Emotionen und verdrückt vor laufender Kamera Tränen: «Wir haben so viel gegeben für dieses Rennen. Jetzt stehen wir mit leeren Händen da. Aber das ist der Skisport. Es ist verdammt, verdammt hart.»

Grosse Enttäuschung bei Franz Julen und den Organisatoren der Matterhorn-Abfahrt.
Grosse Enttäuschung bei Franz Julen und den Organisatoren der Matterhorn-Abfahrt.
Keystone