In jungen Jahren gehört Marco Odermatt schon zu dem Teamleadern im Schweizer Ski-Team. Aber auch die hohen, vielfältigen Belastungen hinterlassen bereits Spuren.
Zwei Weltcupsiege in zwei verschiedenen Disziplinen, sowie fünf weitere Podestplätze – Marco Odermatt gehört mit seinen 23 Jahren bereits zur Weltspitze. Vor allem in Riesenslalom, Super-G und Abfahrt stellt Odermatt sein enormes Potenzial bereits bei seinen ersten Auftritten unter Beweis und fasst im Weltcup früher Fuss als so mancher Konkurrent. «Bei mir verlief sehr, sehr viel sehr, sehr gut», ist sich der Buochser bewusst.
Der rasante Aufstieg stellt Odermatt aber auch vor Herausforderungen. Zum einen das steigende Interesse der Medien, das Odermatt aber keine Mühe bereitet. «Es ist logisch, dass die Aufmerksamkeit grösser geworden ist. Aber das belastet mich noch nicht gross, ich versuche, es einfach möglichst kompakt zu halten, indem ich ein Interview vielleicht während einer Autofahrt erledige», gibt Odermatt in einem Gespräch mit der NZZ zu Protokoll. So könne er freie Tage auch wirklich frei halten.
Im Stile eines Routiniers
Ähnlich souverän scheint der 23-Jährige auch den gestiegenen Erwartungsdruck von aussen handhaben zu können. «Vor zwei Jahren waren wir im Riesenslalom froh, wenn einer in die ersten zehn kam. Vor einem Jahr, wenn einer in die ersten fünf kam. Und heute würde ohne Podest schon fast von einem schlechten Rennen geredet», ist sich Odermatt bewusst und fügt an: «Von Fans und Medien wird gern der Optimalfall erwartet. Er kann bloss nicht immer eintreffen.»
Odermatts Worte wirken wie die eines gestandenen Routiniers. Dies kommt aber nicht von ungefähr, wie er betont: «In Alta Badia stand ich in dieser Saison bereits zum fünften Mal am Start. Man hat immer das Gefühl, ich sei noch so jung – aber eigentlich bin ich schon ein Weilchen dabei. Man braucht ein paar Jahre, um anzukommen.»
Im Weltcup angekommen ist Odermatt längst, das dichte Rennprogramm dagegen fällt ihm auch in seiner fünften Saison nicht immer leicht. «Gerade in den vergangenen Wochen mit vielen Rennen dachte ich es wieder: Ich ginge schon gern ein wenig mehr für mich selber Ski fahren, mit Kollegen, auf eine Skitour». Nur gebe es dafür keine Zeit, sagt Odermatt und gesteht: «Ich hätte eigentlich gern ein paar Rennen weniger und dafür noch ein paar Tage mehr Freiraum.»
«Es kann immer etwas passieren»
Die hohen Belastungen hinterlassen auch bei ihm Spuren, auch wenn Odermatt bisher von einer ganz schweren Verletzung verschont blieb. «Ich hatte doch schon zwei Knieoperationen und eine weitere Knieverletzung ohne Operation, und das mit erst 23. Nur vom Pech verschont bin ich wohl auch nicht», sagt er.
Allerdings weiss er auch ganz genau, dass in seiner Sportart stets ein Restrisiko bleibt: «Klar, es gibt Tage, da ist es sehr am Limit, was abläuft. Aber wenn du schnell sein willst, musst du ans Limit gehen, und dann wird es gefährlich.» Deshalb sei jeder Fahrer auch ein Stück selber verantwortlich für die eigene Karriere. «Wie viel Risiko geht man ein? Wie wichtig sind die letzten paar Hundertstel? Es kann immer etwas passieren. Aber ich gehe stets vom Guten aus», so der Nidwaldner.
Sein jüngst verletztes Knie spürt Odermatt teilweise heute noch, so auch nach der Abfahrt in Bormio. Das sei allerdings nicht aussergewöhnlich, versichert Odermatt: «Das erging wohl 80, 90 Prozent der Athleten im Ziel so: dass irgendeine Schwachstelle ein bisschen schmerzte.» Ansonsten habe er aber keinerlei Beschwerden, auch das volle Vertrauen sei zurück. Und Odermatt ist um eine wertvolle Erfahrung reicher: «Mit solchen Verletzungen lernt man umzugehen. Man lernt wieder, Tage zu schätzen, an denen wirklich gar nichts weh tut.»